Auszüge aus den Analysen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung 01/2014:
„Warum und wie werden migrantische Bewerberinnen und
Bewerber um Ausbildungs- und Arbeitsplätze benachteiligt?
…Die weitreichende Benachteiligung von Migrantinnen und Migranten im Bereich der beruflichen Bildung und auf dem Arbeitsmarkt … ist zweifellos zu einem erheblichen Teil als Folge schulischer Benachteiligung und Diskriminierung erklärbar: Migrantinnen und Migranten scheitern an den Hürden des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes, weil sie keine zureichenden schulischen Qualifikationen erwerben konnten. Dies gilt jedenfalls für diejenige Teilgruppe, die einen qualifizierten Schulabschluss oder „nur“ einen Hauptschulabschluss erwirbt.
Die Benachteiligung von Migrantinnen und Migranten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt geht jedoch über die Nebenwirkungen schulischer Benachteiligung hinaus. Die verfügbaren Daten lassen aufgrund erheblicher Forschungsdefizite zwar keine wirklich verlässlichen und bundesweit repräsentativen Aussagen darüber zu, in welchem Umfang Diskriminierung stattfindet und wer davon in besonderer Weise betroffen ist. Mit einiger Sicherheit kann jedoch Folgendes festgestellt werden:
##Diskriminierung betrifft nicht nur schulisch relativ gering qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, sondern auch hoch qualifizierte und Hochschulabsolventinnen und –absolventen.
##Dabei sind muslimische Bewerberinnen und Bewerber Objekt einer direkten und offenen Diskriminierungsbereitschaft: In den von uns erhobenen Daten zur Vergabe von Ausbildungsstellen äußern ca. 35 Prozent der Betriebe, dass sie keine kopftuchtragenden Muslima einstellen und über zehn Prozent, dass sie generell keine Muslime einstellen…
##Wer bislang nicht bereit war, migrantische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen, glaubt auch gute Gründe zu haben, dies weiterhin nicht zu tun.
##Das Ausmaß der Diskriminierungsbereitschaft ist in Klein-und Mittelbetrieben tendenziell höher als in Großbetrieben, in ländlichen Regionen größer als in städtischen Zentren…
##Obwohl Betriebe vielfach der Logik zu folgen scheinen „Sofern ich die Wahl habe, ziehe ich einheimische Bewerberinnen und Bewerber migrantischen Bewerbern vor“, sind die Auswahlkriterien der Einzelbetriebe recht unterschiedlich…
Die gesellschaftlich inzwischen übliche Unterscheidung von „normalen“ Deutschen und Personen mit Migrationshintergrund wird vielfach nicht neutral gebraucht, sondern verweist auf die Annahme, dass mit einem Migrationshintergrund Unterschiede, und der Möglichkeit nach problematische Unterschiede zur Mehrheitsbevölkerung einhergehen. Wer … als Migrantin oder Migrant wahrgenommen wird, ist damit dem Verdacht ausgesetzt, potenziell problematisch zu sein, etwa in Hinblick auf unzureichende Sprachkenntnisse, auf unzureichende Vertrautheit mit hierzulande üblichen Verhaltensregeln oder auf kulturell bedingte Gewohnheiten, die zu Schwierigkeiten in betrieblichen Abläufen führen können.
Dies kann aus drei Gründen bei betrieblichen Personalentscheidungen relevant werden:
##Bei der Einstellung von künftigen Auszubildenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind aus der Sicht der Betriebe nicht nur formelle Qualifikationen und messbare Kompetenzen wichtig, sondern auch die Bewertung sogenannter „soft skills“ … sowie die Passung der �ganzen Person‘ zum Betrieb. Dies gewinnt in dem Maß an Bedeutung, wie Betriebe als „Leistungs-Gemeinschaften“ betrachtet werden… Damit werden Gesichtspunkte bedeutsam, die nicht exakt überprüfbar sind, sondern bei der Einschätzung das zum Tragen kommt, was Personalverantwortliche das „Bauchgefühl“ nennen, der subjektive Eindruck. All dies führt aber dazu, dass diejenigen bevorzugt werden, deren sozialer und kultureller Hintergrund dem der Personalverantwortlichen ähnlich ist…
##Betriebe unterscheiden Migrantinnen und Migranten im Hinblick auf national, ethnisch und religiös gefasste Teilgruppen. Sie verwenden Annahmen über vermeintlich typische, negative wie positive Eigenschaften dieser Teilgruppen als Kriterium bei der Einschätzung individueller Bewerberinnen und Bewerber… Da Betriebe in der Regel nur begrenzt Zeit für eine umfassende Einschätzung jeder einzelnen Bewerbung haben, verwenden sie gruppenbezogene Eigenschaftszuschreibungen als Bewertungskriterien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend sind…
Demonstrative Bekenntnisse zu Diversity-Programmen genügen nicht. Vielmehr ist es erforderlich, diskriminierende Einstellungen und Praktiken als Problem anzuerkennen und sie auf betrieblicher Ebene genau zu analysieren. Ein wichtiger erster Schritt ist eine Überprüfung der betrieblichen Rekrutierungs- und Einstellungspraxis sowie eine Auswertung der vorhandenen Daten der betrieblichen Personalstatistik. Auf dieser Grundlage sind betriebliche Anti-Diskriminierungsstrategien zu entwickeln, die den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelbetriebs und seines Umfelds angemessen sind…“
Das WISO direkt zur betrieblichen Diskriminierung lesen Sie in vollem Textumfang im Anhang.
Quelle: WISO direkt FES
Dokumente: fes_Betriebliche_Diskriminierung.pdf