Kinder und Jugendliche in Deutschland, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen, sollen mehr Unterstützung bekommen. Der Bundestag hat dafür eine Reform der Kinder- und Jugendhilfe beschlossen. Das sogenannte Kinder- und Jugendstärkungsgesetz von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht mehr Kontrollmöglichkeiten, aber auch mehr Hilfsangebote vor. Die Kostenbeteiligung von jungen Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe soll von 75 Prozent auf 25 Prozent ihres Einkommens aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung gesenkt werden. Zudem soll es einen Freibetrag von 150 Euro bei der Kostenbeteiligung geben.
Das Gesetz sieht vor, die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, den Strafverfolgungsbehörden und den Familien- und Jugendgerichten zu verbessern. So sollen beispielsweise Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, in Zukunft auch eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung erhalten.
In den Ländern soll eine bedarfsgerechte Struktur von unabhängigen Ombudsstellen eingerichtet werden und die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien soll erweitert werden.
Mit der Gesetzesnovelle sollen die staatlichen Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren im SGB VIII gebündelt werden. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe und die grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung verankert werden.
Für die Jugendsozialarbeit ist relevant, dass der § 13 bis auf eine redaktionelle Änderung im 4. Absatz unverändert bleibt. Die Schulsozialarbeit wird in einem neuen § 13a im SGB VIII verankert. Wie von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. gefordert in der Nähe der Jugendsozialarbeit, aber leider in Anlehnung an eine Formulierung aus dem Bundesrat. Diese beinhaltet im letzten Satz die Freiheit für die Bundesländer die Schulsozialarbeit auch einem anderen Gesetz zuzuordnen. Die BAG KJS spricht sich für eine verbindliche Verankerung der Schulsozialarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe aus.
Die politische Opposition kritisierte das Gesetz. Die Reaktionen aus den Verbänden und Fachorganisationen waren unterschiedlich.
Das neue SGB VIII – Licht und Schatten
Etliche Anträge von FDP und Grünen sowie ein eigener Gesetzesantrag der Linken zu Reformen in der Kinder- und Jugendhilfe wurden von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Die Linke bemängelte jetzt etwa fehlende Hilfen für „überlastete Jugendämter“. Die Opposition im Bundestag betonte, dass die Reform der Kinder- und Jugendhilfe nicht umfassend genug sei und zu wenig Verbesserungen bringe. Unter anderem wurde gefordert, die Kostenbeteiligung junger Menschen in Heimen und Pflegefamilien ganz abzuschaffen.
Die Diakonie kritisierte, die Weichen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe würden nur zögerlich gestellt, da die Umsetzung erst in sieben Jahren erfolge. „Wenn man bedenkt, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland schon seit über zehn Jahren gilt, hat es natürlich einen bitteren Beigeschmack, dass die betroffenen Familien schon viel zu lange auf verbesserten Zugang zu Unterstützungen und Hilfen warten“, sagte AWO-Chef Jens M. Schubert. Der Sozialdienst katholischer Frauen begrüßte, dass mit der Reform die langjährige Forderung nach Einbeziehung des zweiten Elternteils in die Leistungen von Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen verankert wird.
In Deutschland leben knapp 22 Millionen Kinder und Jugendliche bis 27 Jahre. 1,1 Millionen sind auf die Unterstützung der Jugendämter angewiesen. Weitere 360.000 Kinder und Jugendliche brauchen wegen einer seelischen, körperlichen oder geistigen Behinderung Hilfen.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages; Beck Verlag; epd; KNA