Bildungsangebote für nicht mehr schulpflichtige Geflüchtete

Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage „Maßnahmen zur Unterstützung nicht mehr schulpflichtiger Geflüchteter bei der Bildungsteilhabe im Jahr 2016“:
“ (…) Die Bundesregierung plant folgende Maßnahmen, um jungen Flüchtlingen, die nicht mehr schulpflichtig sind, den Zugang zu Bildung und Ausbildung zu erleichtern.

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat ein Maßnahmenpaket aufgelegt, mit dem sehr schnell auf die aktuellen Herausforderungen reagiert wird. Die Initiativen konzentrieren sich auf drei zentrale Ziele: Erwerb der deutschen Sprache, Erkennen der Potentiale und Kompetenzen und Integration in Ausbildung, Studium und Beruf. ## Das BMBF plant, jungen Geflüchteten, die nicht mehr schulpflichtig sind, den
Zugang zu Bildung und Ausbildung zu erleichtern. Dazu wird das Lernangebot
„Einstieg Deutsch“ beitragen: Zusätzlich zu hauptamtlichen Lehrkräften sollen
Ehrenamtliche, vor allem auch Zugewanderte mit ausreichenden Sprachkenntnissen,
zu Lernbegleitern qualifiziert werden. Dieses Lernangebot soll gezielt in
Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften beworben werden und ortsnah
stattfinden.
## Für die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist die Anerkennung ihrer vorhandenen Berufsqualifikationen von zentraler Bedeutung. Viele Flüchtlinge können jedoch wegen Krieg und Flucht die notwendigen Unterlagen nicht mehr vorlegen. Das Anerkennungsgesetz bietet die Möglichkeit, in solchen Fällen zum Beispiel durch Fachgespräche und Arbeitsproben die vorhandenen Kompetenzen festzustellen. Diese sogenannten Qualifikationsanalysen werden im Projekt „Prototyping Transfer“ mit den Kammern weiterentwickelt und bundesweit bekannter gemacht.
## Im Rahmen der Zuständigkeit des BMBF ist ein Programm für 18- bis 25-jährige anerkannte Flüchtlinge geplant, das zu Integration in betriebliche Ausbildung führen soll. Junge Flüchtlinge, die erfolgreich einen Integrationskurs absolviert und über ausreichend Deutschkenntnisse verfügen, erhalten nach einer Kompetenzfeststellung eine mehrstufige Berufsorientierung und -vorbereitung. Zudem hat das BMBF eine Seminarreihe ausgeschrieben, um die interkulturelle Kompetenz des Ausbildungspersonals im Berufsorientierungsprogramm (BOP) zu verbessern. (…)
## Das Förderprogramm „Kommunale Koordinatoren“ unterstützt Landkreise und kreisfreie Städte durch die Förderung von kommunalen Koordinatorinnen und Koordinatoren, die vor Ort die Bildungsmaßnahmen und -angebote für Neuzugewanderte koordinieren. (…)
## Zur Herabsetzung der Voraufenthaltsdauer als Förderungsvoraussetzung nach
dem BAföG für junge geduldete Menschen sowie für Inhaber der in § 8 Absatz 2
Nummer 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) genannten großenteils
humanitären Aufenthaltstitel von vier Jahren auf 15 Monate durch das
25. BAföGÄndG (…) .
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Die Arbeitsmarktpolitik enthält ein flexibles Förderangebot, mit dem bereits nach geltendem Recht die Agenturen für Arbeit und Jobcenter bei festgestellten Defiziten im Bereich der Grundkompetenzen durch Unterstützungs- und Förderangebote reagieren und damit Kompetenzverbesserungen erreicht werden können. ## Die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter können eine notwendige Alphabetisierung im Rahmen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder durch Zugang zu Alphabetisierungsangeboten anderer Leistungsträger unterstützen. Dies gilt bei Vorliegen der gesetzlichen Fördervoraussetzungen auch für arbeitslose Asylbewerber und Geduldete mit Arbeitsmarktzugang. (…)
## Um Flüchtlingen den Einstieg in eine Ausbildung zu erleichtern, hat das Bundesministerium
für Arbeit und Soziales bereits im August 2015 den Zugang für Aufenthaltsgestattete und Geduldete zu berufsvorbereitenden Praktika erleichtert. Danach bedürfen Praktika von bis zu drei Monaten, die der Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dienen, keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Diese Praktika unterliegen nicht dem gesetzlichen Mindestlohn.
## Schon länger können Aufenthaltsgestattete und Geduldete ebenfalls ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf aufnehmen. (…) Es ist lediglich eine Erlaubnis der Ausländerbehörde erforderlich. Dagegen haben Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge kraft Gesetzes einen uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang und benötigen bei der Aufnahme von Berufsausbildungen teilweise auch keine Genehmigung der Ausländerbehörde. (…)

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(…) ## Konkrete Maßnahmen vor Ort ergreift die Bundesregierung z. B. mit dem Programm
Willkommen bei Freunden, für das sie insgesamt 12,2 Mio. Euro bis
Ende 2018 zur Verfügung stellt. (…)
## Zudem fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf Basis der Richtlinien „Garantiefonds Hochschule“ (RL-GF-H) unter anderem Sprachförderung für Flüchtlinge mit gesichertem Aufenthaltsstatus
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Aufbauend auf den Integrationskursen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge
werden die Teilnahme an Deutschsprachkursen bis zum Niveau C1 des Europäischen Referenzrahmens und die Teilnahme an Sonderlehrgängen und Studienkollegs gefördert. (…)
## Auch die vom BMFSFJ geförderten Jugendmigrationsdienste öffnen im Rahmen des Modellprojekts „jmd2start – Begleitung für junge Flüchtlinge“ ihr Beratungs- und Begleitungsangebot für junge Flüchtlinge bis 27 Jahren, die entweder eine Duldung haben oder sich im Asylverfahren befinden. Das Vorhaben wird zunächst an 24 Standorten in einer Pilotphase von 2015 bis 2017 erprobt. Dabei steht die Entwicklung spezifischer Angebote mit dem Schwerpunkt beim Übergang von der Schule in den Beruf im Vordergrund. Zudem bieten alle Jugendmigrationsdienste im Rahmen ihrer Kapazitäten für Flüchtlinge auch eine sozialpädagogische Begleitung während des Integrationskurses an. (…)“

Zum Zugang zu ausbildungsbegleitenden Hilfen und anderen Maßnahmen der Ausbildungsförderung schreibt die Bundesregierung:
„Maßnahmen der Ausbildungsförderung bedürfen einer differenzierten Betrachtung, die insbesondere die Bleibeperspektive im Blick hat. Nach einer Einreise stehen zunächst Integrations- und Sprachkurse im Vordergrund, bevor Maßnahmen der Ausbildungsförderung sinnvoll ansetzen können.

Asylsuchende mit einer Aufenthaltsgestattung haben vor einer Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nicht die nötige Klarheit über eine Bleibeperspektive. Eine Förderung dieser Personengruppe mit ausbildungsfördernden Leistungen ist in diesem Verfahrensstadium daher regelmäßig nicht angezeigt. Nach einer positiven Entscheidung über den Asylantrag sind Maßnahmen der Ausbildungsförderung bereits heute ohne Voraufenthaltsdauer möglich.

Ob die Förderung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen von Asylsuchenden, die eine gute Bleibeperspektive haben, angezeigt ist, ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abschließend geklärt.“

Die Fragesteller – Bündnis 90/Die Grünen bewerten die Antwort bzw. die darin angekündigten Maßnahmen als unzureichend:
„Bisher bleibt die Bundesregierung eine umfassende und sinnvolle Integrationsstrategie schuldig. Kleine Modellprojekte reichen dort nicht aus, wo hunderttausende junge Menschen breiten Zugang zu guten Bildungsangeboten brauchen. (…)

Die Bundesregierung unterscheidet wider besseres Wissen zwischen „guten“ und „schlechten“ Geflüchteten. So sollen Asylsuchende mit „schlechter Bleibeperspektive“ von ausbildungsvorbereitenden und -fördernden Maßnahmen ausgeschlossen bleiben, obwohl sie oft jahrelang auf eine Entscheidung im Asylverfahren warten müssen und damit faktisch über einen längeren Zeitraum in Deutschland bleiben werden. Das ist integrationspolitisch kontraproduktiv.

(…) Die vom BMBF aufgesetzten Programme zur Integration junger Geflüchteter sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Weiterentwicklung von Qualifikationsanalysen im Rahmen des Projekts „Prototyping Transfer“ oder Seminarreihen zur Verbesserung der Berufsorientierung werden alleine sicher nicht ausreichen, um allen jungen Menschen die Chance auf Teilhabe und berufliche Entwicklung zu ermöglichen. (…)

Die Grünen möchten, dass auch geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene offenen Zugang zur beruflichen Bildung erhalten. Dafür müssen bestehende Einstiegsformate wie z.B. Einstiegsqualifizierungen angepasst, um intensive Sprachförderung erweitert und für alle zuglängich werden. Mit einer modularen Unterstützungsstruktur wollen sie sicherstellen, dass junge Geflüchtete – von der Sprachförderung und Berufsorientierung bis hin zur Beratung in fachlichen, psychologischen oder rechtlichen Fragen – die Hilfe erhalten, die sie auf ihrem Weg zur Fachkraft benötigen.“

Quelle: Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen; Pressedienst des Deutschen Bundestages

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