Personen ohne Berufsabschluss besonders von Arbeitslosigkeit betroffen

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht in seinem aktuellen Kurzbericht der Frage nach, ob Bildung der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit ist. Dabei kommen Brigitte Weber und Enzo Weber zu dem Ergebnis, dass die Qualifikation eine entscheidende Rolle beim Arbeitslosigkeitsrisiko spielt. Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit sind Personen ohne Berufsabschluss. Je niedriger der Bildungsstand oder das Qualifikationsniveau, desto schlechter die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Qualifikationsbezogene Unterschiede bestehen unabhängig von Geschlecht, Region oder ökonomischer Entwicklung

Auszüge aus dem IAB-Kurzbericht „Bildung ist der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit“ von Brigitte Weber und Enzo Weber:

„Seit Jahrzehnten zeigt sich am Arbeitsmarkt ein stabiles Bild: Gut Ausgebildete sind deutlich seltener arbeitslos als Personen ohne Berufsabschluss. Das gilt für West- wie für Ostdeutschland und für Frauen in gleichem Maße wie für Männer. Gemessen werden kann dies unter anderem mit den qualifikationsspezifischen Arbeitslosenquoten. Unabhängig
von Krisen oder sinkender Arbeitslosigkeit bleiben die qualifikationsbezogenen Unterschiede bestehen. (…)

Arbeitslosigkeit nach Qualifikation

(…) Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit ist die Gruppe der Personen ohne Berufsabschluss. Im Jahr 2011 hatten 45 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland keinen Abschluss, während der entsprechende Anteil an den Erwerbstätigen lediglich bei 14 Prozent lag. Nahezu jeder Fünfte in dieser Gruppe ist aktuell von Arbeitslosigkeit betroffen. (…)

Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass der Beschäftigungstrend bei Geringqualifizierten rückläufig ist. Von 2006 bis 2010 ist die Erwerbstätigenzahl in diesem Segment von 5,7 Mio. auf 5,1 Mio. kontinuierlich gesunken. Im Jahr 2011 gab es zwar wieder einen Anstieg. Allerdings kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beschäftigungssituation für Personen ohne Berufsausbildung grundlegend ändern wird. Prognosen bis zum Jahr 2030 sehen einen weiteren, wenn auch moderat verlaufenden Rückgang des Bedarfs an geringqualifizierten Arbeitskräften in Deutschland. (…)

Entwicklung in Ost- und Westdeutschland

Wie im Westen konnte auch der Arbeitsmarkt im Osten vom Aufschwung profitieren. Die Arbeitslosenquote im Osten sank zwischen 2006 und 2011 um 6,4 Prozentpunkte. Das entspricht einem Rückgang von knapp 38 Prozent (West: 46 %). Allerdings fand diese Entwicklung von einem deutlich höheren Niveau aus statt als im Westen. Im Jahr 2011 lag die Arbeitslosenquote im Osten immer noch bei 10,5 Prozent und damit fast doppelt so hoch wie im Westen (5,9 %).

Auffällig ist, dass die ostdeutsche Quote im Krisenjahr 2009 gegenüber dem Vorjahr stabil blieb, während die westdeutsche um 0,8 Prozentpunkte zunahm. Maßgeblich dafür ist die Branchenstruktur im Osten, die insgesamt dienstleistungsorientierter ist als im Westen. Vor allem der Einfluss Berlins als dienstleistungsintensiver Standort spielt dabei eine Rolle. Weil ein höherer Anteil von Dienstleistungen mit einem geringeren Exportanteil der Wirtschaft einhergeht, war der Osten Deutschlands von der Krise weniger betroffen als der Westen.

Außerdem ging die Arbeitslosenquote der Personen ohne Berufsabschluss im Osten sogar während des gesamten Zeitraums kontinuierlich zurück. Im Jahr 2011 war „nur“ noch knapp jeder dritte Geringqualifizierte (31,8 %) arbeitslos. Anders als im Westen verringerte sich in Ostdeutschland im Krisenjahr 2009 die Zahl der Arbeitslosen ohne Ausbildung. Trotzdem werden die Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Gruppe auch im Osten tendenziell weniger und die Nachfrage verschiebt sich zugunsten qualifizierter Beschäftigter.

Ähnlich der Entwicklung bei den Geringqualifizierten in den beiden Landesteilen ist diejenige für Personen der mittleren Qualifikationsebene. Natürlich gibt es auch hier einen deutlichen Niveauunterschied bei den Arbeitslosenquoten (Ost: 9,2 %; West: 3,9 % im Jahr 2011). Die beiden Rezessionsjahre hatten jedoch im Osten auf die Personen mit mittlerer Qualifikation nicht die gleichen negativen Auswirkungen wie im Westen, wo die Arbeitslosenquote im Jahr 2009 um 0,8 Prozentpunkte stieg. (…)

Entwicklung der Arbeitslosenquoten bei Männern und Frauen

An der Rangfolge der qualifikationsspezifischen Arbeitslosenquoten in Deutschland ändert sich nichts, wenn man Frauen und Männer gesondert betrachtet. Zwar sind die Quoten der Frauen im Bereich der Qualifizierten immer noch etwas höher als die der Männer, doch haben sie sich in den letzten Jahren zunehmend angenähert. … Dennoch trägt in Deutschland ein Mann ohne Berufsausbildung (20,4 %) ein vier Mal höheres Risiko arbeitslos zu sein als eine Frau mit Berufsausbildung (5,1 %). Verglichen mit einer Akademikerin (2,7 %) ist es sogar ein siebenfaches Risiko. In der Tendenz ist diese Aussage für West- wie für Ostdeutschland gültig.

Schlussbemerkungen und Fazit

Personen ohne Berufsabschluss tragen am Arbeitsmarkt nach wie vor das größte Arbeitslosigkeitsrisiko. Während jeder Fünfte ohne Abschluss arbeitslos ist, sind dies nicht einmal drei von hundert Akademikern. Mit steigender Qualifikation verbessert sich für den Einzelnen die Position auf dem Arbeitsmarkt und dies nahezu unabhängig vom Geschlecht. (…) Auch für Beschäftigte ist Qualifizierung entscheidend. Sie sollte von den Betrieben – auch im eigenen Interesse – und von der Politik noch stärker unterstützt werden. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund eines deutlich gewachsenen Segments atypischer Beschäftigungsverhältnisse. An erster Stelle ist jedoch das Bildungssystem gefordert, Arbeitslosigkeitsrisiken von vornherein zu minimieren. Frühzeitige Förderung – vor allem im Falle besonders gefährdeter Personengruppen – ist eine Investition, die sich im Laufe der Zeit vielfach bezahlt macht.“

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung – Kurzbericht 04/2013

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