Hartz-IV-Empfänger können ihre Rechte in aller Regel nur dann durchsetzen, wenn sie dabei unterstützt werden. Auch das höchstrichterlich garantierte Existenzminimum sei ihnen nicht sicher, kritisieren das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Diakonie Deutschland und die Nationale Armutskonferenz (NAK) in einer Dokumentation, die sie am Donnerstag in Berlin vorstellten. NAK-Sprecherin Barbara Eschen kritisierte, die Regelsätze sicherten zudem das Existenzminimum nicht ab. Minderungen etwa durch Darlehen oder die überall steigenden Wohnkosten sowie die Sanktionen für Fehlverhalten erschwerten die Situation der Empfänger zusätzlich. Eschen bekräftigte die Forderung der Sozial- und Wohlfahrtsverbände, die Sanktionen abzuschaffen. In der großen Koalition wird derzeit darüber diskutiert, die besonders scharfen Strafen für junge Erwachsene unter 25 Jahren abzumildern.
Arme kommen vielfach nicht zu ihrem Recht
Jeder Mensch möchte in Würde leben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben und bei Bedarf die nötige Unterstützung erhalten. Doch für viele Menschen in Deutschland ist das nicht selbstverständlich, weil sie arm sind. Sechs Millionen Menschen beziehen Grundsicherung nach SGB II („Hartz IV“). Sie müssen große Barrieren überwinden, um ihr (Menschen-) Recht auf soziale Sicherheit durchzusetzen. Sie sind Barrieren im Verfahren ausgeliefert, die nur mit fachkundiger Hilfe überwunden werden können. Anträge und Bescheide sind häufig zu kompliziert, der Umgang in den Jobcentern rau und geprägt von einem Bemühen, die Hilfesuchenden zu kontrollieren. Es fehlten unabhängige Beratungsstellen, was den Zugang zum Recht erschwere. Viele Betroffene seien selbst nicht in der Lage, ihre Rechte zu erkennen und einzufordern. Auch ihr Recht auf Wohnen steht praktisch in Frage, wenn sie keine bezahlbare Wohnung finden oder Teile der Grundsicherung für steigende Mietkosten einsetzen müssen.
Was steht armen Menschen menschenrechtlich zu? Welche konkreten Hürden hindern sie daran, zu ihrem Recht kommen? Wie können diese Barrieren überwunden werden und was muss geschehen, damit die Betroffenen stärker am gesellschaftlichen Leben teilhaben können? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Publikation „Wie kommen die Armen zu ihrem Recht? Zur Umsetzung sozialer Menschenrechte in der Grundsicherung“, die das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Diakonie Deutschland, die Nationale Armutskonferenz und Akteure der Arbeitslosenselbsthilfe am 11. Oktober gemeinsam veröffentlicht haben.
Ziel der Publikation
Die Dokumentation ergänzt eine Reihe von Positionspapieren zur Weiterentwicklung des Sozialstaats, die u. a. von der nak und ihren Mitgliedern veröffentlicht wurden. Sie konzentriert sich gemäß den Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte auf die Frage der Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen.
Die Dokumentation will auf Möglichkeiten hinweisen, wie der hohe Stellenwert der sozialen Menschenrechte in internationalen Vereinbarungen wie dem UN-Sozialpakt auch im täglichen Leben der Leistungsberechtigten und in der Rechtsumsetzung der Grundsicherung in Deutschland besser realisiert werden kann.
Quelle: Nationale Armutskonferenz; epd