Armut: Betroffenen Kindern, Jugendlichen und Familien gegenüber Haltung zeigen

51 Organisationen und Einzelpersonen sehen sich dazu verpflichtet, mit pauschalen Vorurteilen gegenüber Familien, die Armut leben, aufzuräumen. Auf dem Treffen des Ratschlag Kinderarmut am 16. Juni 2023 riefen sie deshalb gemeinsam mit einem Appell dazu auf, Haltung zu zeigen und sich unterstützend hinter armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien zu stellen. Betroffene Familien kämpften mit schlechten Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt wie niedrigen Löhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Dazu käme eine oft mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Kinderbetreuung, die tatsächliche Bedarfe nicht abdecke. Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit, Migration und Flucht steigerten das Armutsrisiko erheblich. Die Konsequenz: Nicht jedes Kind starte mit den gleichen Grundvoraussetzungen ins Leben – die Chancen seien extrem ungleich verteilt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. weist in den Monitoren „Jugendarmut in Deutschland“ und Politikbriefen immer wieder auf diese Chancenungerechtigkeit hin. Als Mitglied in der Nationalen Armutskonferenz (nak) unterstützt sie den Appell.

Armut ist kein individuelles Versagen, sondern ein strukturelles Problem

Statistisch betrachtet überdauere Armut in Deutschland aktuell sechs Generationen, so der Appell. Das hieße umgekehrt, dass trotz größter eigener Bemühungen fünf Generationen aus eigener Kraft nicht den Ausstieg aus der Armut schaffen könnten.

In der aktuellen Diskussion um die Kinder- und Jugendgrundsicherung nehmen die Unterzeichner*innen ein von Misstrauen gezeichnetes Bild wahr. Vorurteile gegenüber einkommensarmen Eltern, sie würden die für ihre Kinder gedachten Geldleistungen für Alkohol, Tabak und elektronische Konsumgüter zweckentfremden, würden von manchen Medien und politischen Entscheidungsträger*innen aufgegriffen. Dabei belegten Studien für Deutschland, dass Eltern aus einkommensschwachen Familien eher bei sich selbst als bei ihren Kindern sparen, so der Appell. In Relation zum verfügbaren Einkommen verwendeten arme Eltern genauso viel Geld für die Bildung ihrer Kinder wie einkommensstärkere Eltern.

Gegen stigmatisierende Denkweisen, falsche Armutsbilder, Mythen oder irreführende Informationen wendet sich die BAG KJS in ihrer Initiative zur Bekämpfung von Jugendarmut von Beginn an. Besonders im Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2018“ wird mit Mythen aufgeräumt und eine faktenbasierte Grundlage geschaffen, um politische Reformen umzusetzen. Es wird Zeit, dass sich etwas tut. Denn wie die Unterzeichner*innen des Appells zu Recht fordern: „Von Armut betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen Solidarität, Wertschätzung, Unterstützung und Chancengerechtigkeit.“

Quelle: Ratschlag Kinderarmut; nak; BAG KJS

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