Ethnische und rassistische Diskriminierung in Deutschland

Die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bringt eine Anfrage zum Thema „Ethnische und rassistische Diskriminierung in Deutschland“ ins Parlament ein: Menschen mit Einwanderungsgeschichte sehen sich laut einer aktuellen Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) fast doppelt so häufig benachteiligt, wie Menschen ohne Einwanderungsgeschichte. Die ADS berichtet sogar, dass sich die Zahl der Fälle von ethnischer Diskriminierung in den ersten sechs Jahren ihres Bestehens verdoppelt habe. Einen signifikanten Anstieg hat die ADS insbesondere im Zuge der Debatte um das Buch von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“ verzeichnet. Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen oder armutsgefährdet wie Personen ohne Einwanderungsgeschichte. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger ab: Personen ohne Einwanderungsgeschichte erreichen etwa doppelt so häufig einen Abschluss wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Ursache hierfür sind sowohl strukturelle als auch direkte Diskriminierungen.

Erfahrung mit Diskriminierung lässt Integrationsbereitschaft sinken

In der Vorbemerkung der Anfrage der Grünen heißt es u.a.: „Laut einer Studie der ADS belegt Deutschland beim MIPEX (Migrant Integration Policy Index) den 22. Platz im Bereich Antidiskriminierung und Gleichstellungspolitik und liegt damit hinter Ländern wie Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Darüber hinaus betont die Studie, die Integrationsbereitschaft von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und deren gesellschaftliche Teilhabechancen sinken, wenn sie schon einmal Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht haben. Ausgrenzungen und Benachteiligungen können sogar dazu führen, dass sich Menschen mit Einwanderungsgeschichte verstärkt von der deutschen Gesellschaft abkehren und ihre Identität wieder in ihrer kulturellen und ethnischen Herkunft suchen.

Gleichermaßen beeinträchtigt die ständige Konfrontation mit negativen Stereotypen und Vorurteilen das Selbstwertgefühl und kann zu geringeren kognitiven Leistungen führen. Ausgrenzung und Benachteiligung erhöhen zudem die Gefahr der Gewaltbereitschaft und drängen Menschen oft in eine Opferrolle. (…)

Schule

Analysen aus IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) und anderen Studien zeigen, dass Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte bereits während der Grundschulzeit in der Notenvergabe benachteiligt werden. Sie erhalten in der Grundschule bei derselben Leistung etwas schlechtere Noten als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Einwanderungsgeschichte und haben daher geringere Chancen auf eine Gymnasialempfehlung. (…)

Berufliche Ausbildung

Bei gleicher schulischer und sprachlicher Qualifikation erhalten Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte zu 20 Prozent seltener einen Ausbildungsplatz als Jugendliche ohne Einwanderungsgeschichte. (…) Um dieser Sachlage entgegenzuwirken, schlägt die Integrationsbeauftragte vor, zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen, sowie die Berufsorientierung und die Ausbildungssituation der Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte zu verbessern. Maßnahmen zum Abbau ethnischer Diskriminierung, die von den Betrieben umgesetzt werden müssten, sucht man in ihren Vorschlägen jedoch vergebens. (…)“

Die Fragen der Grünen

Die konkreten Fragen sind in der Anfrage wie folgt gestellt:

  • „Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Diskriminierungserfahrungen die Integrationsbereitschaft und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit
    Einwanderungsgeschichte beeinträchtigen? (…)
  • Plant die Bundesregierung den im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankerten Diskriminierungsschutz zu erweitern (beispielsweise durch Einführung
    des Verbandsklagerechts, Stärkung des Rechtsschutzes)? (…)
  • Warum kommt – (…) – ausgerechnet beim Übergang zum Gymnasium bzw. zu einer Berufsausbildung die soziale Ausgrenzung so deutlich zum Tragen? Was unternimmt die Bundesregierung dagegen?
  • Warum wirken sich migrationsspezifische Nachteile in der Sekundarstufe II insbesondere auf Hauptschülerinnen und -schüler aus? Was unternimmt die Bundesregierung dagegen?
  • Ist die Bundesregierung der Meinung, dass es angesichts der Erkenntnisse des 2. Integrationsindikatorenberichts bei der Erstellung regierungsamtlicher Bildungsberichte sachgerechter wäre, nicht nur die Nationalität bzw. den sog. Migrationshintergrund zu erheben, sondern auch die Parameter „soziale Herkunft“ und „Familiensprache“ mit einzubeziehen und auszuwerten? Wenn nein, warum nicht? (…)
  • Kann die Bundesregierung den Befund der Integrationsbeauftragten bestätigen, dass sich Beschwerden von Menschen mit Einwanderungsgeschichte über Diskriminierungen durch die Bundesverwaltung besonders häufig auf die Bundespolizei bzw. die deutschen Auslandsvertretungen beziehen (…)? Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Tatsache? Und was gedenkt die Bundesregierung hiergegen zu unternehmen?
  • Plant die Bundesregierung den einfachgesetzlichen Schutz vor rassistischer und ethnischer Diskriminierung so zu erweitern, dass auch das Verhalten staatlicher Stellen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Leistungsgewährungen durch Hoheitsakt oder öffentlich-rechtlicher Verträge, wie sie z. B. im Bildungsbereich in Deutschland üblich sind, erfasst wird? Wenn nein, warum nicht?“

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

 

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