Heute findet die Anhörung zum aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Instrumentenreform“ statt. Zahlreiche Verbände und Organisationen, darunter der Deutsche Caritasverband, sind als Sachverständige geladen und plädieren für Veränderungen des Gesetzentwurfs. Aber auch die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben zahlreiche Änderungsvorschläge. Diese reichen von der Zulassung höherer Praktikaanteile bei trägergestützten BvB, über die Wiederaufnahme der investiven Förderung von Jugendwohnheimen ins SGB III bis hin zur Klarstellung, das BvB nicht aus dem Eingliederungstitel, sondern weiterhin aus dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden.
Übersicht der Änderungsvorschläge
- § 45 Absatz 2 Satz 2 SGB III-E: Längerfristige Aktivierungsmaßnahmen bei Arbeitgebern für Arbeitslose im Rechtskreis SGB II
- § 51 Absatz 4 SGB III-E: Betriebliche Praktikaphasen bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) unbeschränkt oder „in angemessenem Umfang“ zulassen
- § 75 Absatz 2 SGB III-E: Ausbildungsbegleitende Hilfe – Redaktionelle Änderung zum Zeitraum der Förderung
- § 76 Absatz 1 SGB III-E: Betriebliche Ausbildungsphasen bei außerbetrieblicher Berufsausbildung (BaE) „in angemessenem Umfang“ zulassen
- §§ 80a und 80b: Förderung von Jugendwohnheimen
- §§ 88 und 89 SGB III-E: Eingliederungszuschuss – Redaktionelle Änderung zur Definition der Minderleistung als Fördervoraussetzung
- § 131 Absatz 4 Nr.2 SGB III-E: Einstiegsqualifizierung – Redaktionelle Änderung des Wortes „Ausbildungssuchende“
- § 131 Absatz 7 SGB III-E: Einstiegsqualifizierung – Nachtrag der Anordnungsermächtigung
- § 142 Absatz 2 SGB III-E: Verlängerung der Sonderregelung zur verkürzten Alg-Anwartschaftszeit für überwiegend kurz befristet Beschäftigte (Künstler)
- § 16 SGB II und § 22 Absatz 4 SGB III: Außerbetriebliche Ausbildung und Ausbildungsvergütung für Behinderte für SGB II-Reha-Kunden in den Jobcentern: Fortführung der bisherigen Rechtslage
- § 16d Absatz 1 SGB II: Klarstellung zur Beteiligung der Beiträge bei der Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten
- § 16d Absatz 8 SGB II: keine festen Beträge für Trägerpauschale, aber Eingrenzung dessen, was finanziert werden kann (angemessene Kosten für Personal, Verwaltung und sozialpädagogische Betreuung)
- § 16e und 16f SGB II: gemeinsames Budget von 20% der örtlichen Eingliederungsmittel
- § 16f SGB II: Aufhebung des Aufstockungs- und Umgehungsverbotes für U25 mit schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen
- § 71b Absatz 1 SGB IV: Klarstellung der Finanzierung von BvB-Maßnahmekosten weiterhin aus Kapitel 3 BA-HH
Das wollen CDU/CSU und FDP ändern
Auszüge aus den Beschreibungen und Bewertungen der Änderungsvorschläge der CDU/CSU und FDP, die den Jugendsozialarbeit News vorliegen:
„§ 51 Absatz 4 SGB III-E
Betriebliche Praktikaphasen bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) unbeschränkt oder in „angemessenem Umfang“ zulassen
- Beschreibung des Änderungsvorschlages
Nach geltendem Recht darf der Anteil betrieblicher Praktikaphasen die Hälfte der Maßnahmedauer nicht überschreiten. Gemessen an der Regeldauer von BvB können daher Praktika von 5 bis 6 Monaten Dauer durchgeführt werden. Der GE verändert diese Regelung nicht (§ 51 Absatz 4 SGB III-E). Der Änderungsvorschlag zielt darauf, über die betriebliche Einstiegsqualifizierung hinaus eine überwiegend im Betrieb durchgeführte Variante der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen. - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
Zur Erhöhung der Flexibilität im Einzelfall sollen neben der Einstiegsqualifizierung trägergestützte berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen mit höheren Praktikaanteilen als bisher ermöglicht werden. Eine Steigerung der betrieblichen Nähe kann zur Erhöhung de Übernahmequoten in eine betriebliche Berufsausbildung führen. Um die Abgrenzung zur Einstiegsqualifizierung zu verdeutlichen und Praktikaphasen als Bestandteil der Maßnahme grundsätzlich zu definieren, soll § 51 Abs. 4 SGB III-E, wie unten formuliert, verändert werden. - § 51 Absatz 4 SGB III-E: „(4) Betriebliche Praktika können abgestimmt auf den individuellen Förderbedarf in angemessenem Umfang im Maßnahmeverlauf vorgesehen werden.“
§ 76 Absatz 1 SGB III-E
Betriebliche Ausbildungsphasen bei außerbetrieblicher Berufsausbildung (BaE) in „angemessenem Umfang“ zu lassen
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Derzeit wird in § 242 SGB III für die BaE definiert, dass die Zeiten „betrieblicher Praktikumsphasen“ sechs Monate pro Ausbildungsjahr nicht überschreiten dürfen. Im neuen § 76 SGB III-E bleibt die zeitliche Begrenzung betrieblicher Phasen erhalten, jedoch wird der Begriff „Praktikumsphasen“ durch „Ausbildungsphasen“ ersetzt. Die Dauer der Ausbildungsphasen sollen nun im Gesetz nicht mehr exakt zeitlich beschränkt werden, sondern in das pflichtgemäße Ermessen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters gelegen werden (in „angemessenem Umfang“). - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
„§ 76 Absatz 1 SGB III-E
Maßnahmen (…) sind förderungsfähig, wenn
1. (…)
2. der Anteil betrieblicher Ausbildungsphasen je Ausbildungsjahr angemessen ist.“
§§ 80a und 80b SGB III-E – Förderung von Jugendwohnheimen
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Zum Abbau eines Sanierungsstaus in Jugendwohnheimen soll der BA die Möglichkeit (wieder-)eröffnet werden, sich an den notwendigen Kosten zur baulichen Instandsetzung und Modernisierung der Einrichtungen zu beteiligen. Dazu wird die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente zum 31. Dezember 2008 geltende Regelung zur investiven Förderung von Jugendwohnehimen wieder eingeführt. - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
Dem Dritten Abschnitt SGB III (Berufswahl und Berufsausbildung) wird ein neuer Unterabschnitt mit dem Titel ‚Jugendwohnheime‘ angefügt. Darin wird die seit 2009 zeitweilig weggefallene Regelung zur investiven Förderung von Jugendwohnheimen wieder aufgenommen.
Reha-Jugendliche SGB II
- Beschreibung des Änderungsvorschlages
Durch eine Ergänzung des § 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II sollen wie bisher behinderte Jugendliche die Förderleistungen Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung, außerbetriebliche Berufsausbildung und ausbildungsbegleitende Hilfen durch die Jobcenter – und nicht durch die Arbeitsagenturen – erhalten. § 22 Abs. 4 SGB III wird dementsprechend angepasst. - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
Die Änderung ist als Folgeänderung zu § 115 Nummer 2 SGB III-E erforderlich, um die Leistungen der Jobcenter bei Rehaleistungen für Jugendliche wie bisher zu erhalten.
Änderung § 16d SGB II – Trägerkosten
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Die Kosten der Träger bei der Durchführung von AGH werden nicht pauschaliert, sondern in tatsächlicher Höhe erstattet. Die Erstattung der Trägeraufwendungen wird begrenzt auf den Aufwand, der unmittelbar mit der Ausübung der Arbeiten verbunden ist (Sachkosten und Kosten für erforderliches Betreuungspersonal). Die Übernahme der Kosten für sonstige Maßnahmen (insbes. für Qualifizierungen) werden ausgeschlossen. Sie müssen auf andere Rechtsgrundlagen gestützt werden. - Bewertungen des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag
Formulierungsvorschlag für § 16d Absatz 8: „Auf Antrag werden die im Zusammenhang mit der Verrichtung der Arbeit nach Absatz 1 anfallenden erforderlichen Sachkosten sowie bei besonderem Anleitungsbedarf die Kosten für das erforderliche Betreuungspersonal erstattet.“
Änderung §§ 16e und 16f SGB II – Budget
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Für die Förderung zusätzlicher Arbeitsverhältnisse (§16e) und die Freie Förderung (16f) wird insgesamt ein Budget von 20% der örtlichen Eingliederungsmittel vorgesehen. Die Jobcenter können flexibel entscheiden, zu welchem Anteil sie die Mittel für welches Instrument einsetzen. - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
Formulierungsvorschläge:
§ 16g neu: „Die Agentur für Arbeit kann insgesamt bis zu 20 Prozent der nach § 46 Absatz 2 auf sie entfallenden Eingliederungsmittel für Leistungen nach §§ 16e und 16f einsetzen.“
Variante:
§ 46 Absatz 2 Satz 3 neu: „Für Leistungen nach §§ 16e (neu) und 16f kann die Agentur für Arbeit insgesamt bis zu 20 Prozent der auf sie entfallenden Eingliederungsmittel einsetzen.“ - Mit den vorstehenden Regelungen kann ein gemeinsames Budget für §§ 16e neu und 16f festgelegt werden. Soll allerdings später ermittelt werden können, wie viele Mittel tatsächlich für das jeweilige Instrument verausgabt wurden, sollten die Mittel dafür jeweils gesondert bewirtschaftet werden. 20% der Eingliederungsmittel wären für das Jahr 2012 ca. 756 Mio. Euro. Für marktnahe Beschäftigungsverhältnisse (AGH Entgelt und JobPerspektive) werden sich die Ausgaben nach kursorischer Schätzung 2011 auf ca. 640 Mio. Euro (rd. 14% des Eingliederungsbudgets belaufen. Für die Freie Förderung lagen die Ausgaben im Jahr 2010 bei rd. 1,9% des Eingliederungsbudgets.
Öffnung des § 16f SGB II für junge Menschen unter 25 Jahren mit schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Aufhebung des Aufstockungs- und Umgehungsverbotes für junge Menschen unter 25 Jahren mit schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen im § 16f SGB II. - Bewertung des Änderungsvorschlages:
Vorschlag muss im Zusammenhang mit geplanter Öffnung des § 45 SGB III-E gesehen werden. Falls Öffnung des § 45 III-E erfolgt, sollte dieser Änderungsvorschlag abgelehnt werden. Andernfalls könnte Vorschlag gefolgt werden.
Klarstellung, dass die Maßnahmekosten für berufsvorbreitende Bildungsmaßnahmen weiterhin nicht aus dem Eingliederungstitel, sondern aus Kapitel 3 des Haushaltes der BA finanziert werden.
- Beschreibung des Änderungsvorschlages:
Aufnahme der Maßnahmekosten BvB (§ 54 SGB III-neu) in den Ausnahmekatalog des Absatzes 1 (Katalog der Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung, die nicht im Eingliederungstitel einzustellen sind). - Bewertung des Änderungsvorschlages/Lösungsvorschlag:
Mit dem Gesetzentwurf wird die Verknüpfung zwischen BAB und BvB aufgelöst: Systematisch einheitlich werden Maßnahmekosten zukünftig unmittelbar an den Maßnahmeträger gezahlt, BAB umfasst nur noch die Leistungen zum Lebensunterhalt. Da BvB Ermessensleistungen bleiben, müssten diese ohne Rechtsänderung künftig aus dem Eingliederungstitel finanziert werden. Dies war mit dem Gesetzentwurf jedoch nicht intendiert, wie sich aus der Darstellung der finanziellen Auswirkungen ergibt. Eine Verschiebung dieses Umfangs in den Eingliederungstitel hätte dort abgebildet werden müssen. Es handelt sich daher bei der vorgeschlagenen Änderung um die Korrektur eines redaktionellen Versehens.
Quelle: