Teilhabegesetz: Ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung

Das Bundeskabinett hat letzten Dienstag (28. Juni 2016) den Entwurf des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) verabschiedet. Das Gesetz soll Menschen mit Behinderungen mehr Gleichberechtigung und Teilhabe ermöglichen. Sie sollen künftig ein selbstbestimmtes Leben in der Mitte der Gesellschaft führen können. Dafür erhalten sie mehr Unterstützung. Aus Sicht der Bundesregierung enthält die verabschiedete Fassung Verbesserungen gegenüber dem Referentenentwurf. Mit dem Gesetz solle es niemandem schlechter gehen, aber den meisten besser, betonte Nahles. Das sehen Wohlfahrts- und Behindertenorganisationen sowie Gewerkschaften anders. Die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, will sich im parlamentarischen Verfahren für weitere Verbesserungen einsetzen. Es müsse unter anderem sichergestellt werden, dass auch künftig alle Menschen mit hohem Assistenzbedarf selbst entscheiden könnten, wo sie wohnen.

Die Änderungen im Überblick: ## Mehr Teilhabe im Arbeitsleben. Menschen mit Behinderungen sollen leichter auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Sie können jetzt wählen, ob sie in einer Werkstatt bleiben, zu einem anderen Leistungsanbieter gehen oder auf den ersten Arbeitsmarkt wechseln. Arbeitgeber werden durch ein „Budget für Arbeit“ unterstützt. Wenn sie Menschen mit wesentlicher Behinderung einstellen, erhalten sie Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75 Prozent.
##Mehr Mitwirkungsmöglichkeiten in den Werkstätten. Erstmals sollen im Herbst 2017 Frauenbeauftragte gewählt werden. Die Frauenbeauftragte vertritt die Anliegen der Frauen in den Werkstätten gegenüber der Werkstattleitung. Auch Werkstatträte erhalten mehr Rechte. Für besonders wichtige Angelegenheiten (z. B. Arbeitslohn) hat der Werkstattrat künftig ein Mitbestimmungsrecht.
##Weniger Fürsorge, mehr Selbstbestimmung. Die Eingliederungshilfe wird reformiert. Sie wird stärker am Menschen ausgerichtet, der eine Behinderung hat. Einkommen und Vermögen sollen im Sinne der Betroffenen besser berücksichtigt werden. Ab 2017 sollen die Freibeträge für Erwerbseinkommen um bis zu 260 Euro monatlich erhöht werden. Die Vermögensfreigrenze liegt dann bei 25.000 Euro. Bis 2020 soll die Freigrenze auf 50.000 Euro angehoben werden. Das Partnereinkommen wird nicht angerechnet. Ab dem vollständigen Inkrafttreten der Reform im Jahr 2020 werden Menschen mit Behinderungen dadurch über mehr Geld verfügen. Monatlich können das bis zu 300 Euro sein. Das soll eine Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt erleichtern.
##Leistungen wie aus einer Hand. Künftig soll es nur noch einen Ansprechpartner geben, auch wenn mehrere Träger Hilfen zahlen. So können sich Menschen mit Behinderungen unabhängig beraten lassen, bevor sie eine Leistung beantragen.
Kritiker werfen Nahles vor, mit dem Gesetzesvorhaben den Kreis der Leistungsbezieher einzuschränken. Dem Entwurf zufolge müssen Betroffene nachweisen, dass sie in fünf von neun Lebensbereichen dauerhafte Unterstützung benötigen. Dadurch könnten unter anderem Menschen mit psychischen Erkrankungen, die schubweise verlaufen, von der Förderung ausgeschlossen werden, so die Befürchtung.“

Quelle: Bundesregierung; Deutsche Welle; KNA

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