Auch wenn sich die Corona-Pandemie auf fast jeden Aspekt von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auswirkt, sind die Folgen für Einwander*innen und Geflüchtete und deren Integration kaum Gegenstand öffentlicher Debatten gewesen. Doch Covid-19 hat auch deutliche Folgen auf zugewanderte Menschen in den Bereichen Gesundheit, Wohnen, Bildung und Ausbildung sowie Arbeit.
Die Stiftung Mercator förderte eine Studie der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), um die Auswirkungen zu untersuchen und mittels drei Szenarien einen Blick in die Zukunft zu werfen. Die Forscher*innen kommen zu dem Ergebnis, dass so gut wie alle integrationspolitischen Bereiche von negativen Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Errungenschaften, die in den vergangenen sechs, sieben Jahren erzielt wurden, drohen zu versanden, sodann nicht konsequent gegengesteuert wird. Die entwickelteten Szenarien führen vor Augen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt nicht ohne weiteres garantiert ist.
Wie können Deutschlands Gesellschaft und Politik bis 2030 von der Pandemie und ihren Folgen beeinflusst werden?
Die Drei Szenarien wurden von unterschiedlichen Disziplinen entwickelt:
- Die Exklusionsgesellschaft: „Germans First“:
Eine zusehends weniger solidarische, sicherheitsfixierte und schließlich rassistisch-exkludierende Gesellschaft verhindert Migration und setzt Assimilation an die Stelle von Integration und Inklusion – eine Gesellschaft, die Segregation in Gesundheit, Wohnen und Arbeit in Kauf nimmt.
- Die utilitaristische Gesellschaft: „Deutschlands neue Gastarbeiter*innen“:
Entsprechend dem fortbestehenden Bedarf der deutschen Wirtschaft an überwiegend temporär angeworbenen Arbeitskräften (den „neuen Gastarbeiter*innen“), hält die Migrationspolitik selektiv nach qualifizierten, gesunden und jungen Migrant*innen Ausschau, selbst bei der humanitären Migration wird nach „erwünschten Arbeitskräften“ Ausschau gehalten. Integration ist zeitlich befristet, berufsspezifisch organisiert bzw. an regelkonformen Verhalten orientiert.
- Die teilhabeorientierte Gesellschaft: „Stärker als Viren“:
Eine teilhabeorientierte Gesellschaft, die von der Lernerfahrung der Covid-19-Pandemie (Stichwort: „Systemrelevanz“) ausgehend den Beitrag aller zu allen Teilbereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wertschätzt, die lokale Ebene gesellschaftlich wie politisch stärker in Wert setzt und somit auch die politische Inklusion vorantreibt.
Die FAU-Forscher*innen leiten eine Reihe von Handlungsempfehlungen ab. Als wichtig erachten sie dabei Programme und Projekte zur Förderung der Ausbildung, gerade mit Blick auf die dringend benötigten Zugänge in das duale Ausbildungssystem und die Qualifikationserkennungen sowie Weiterqualifizierungen darin. Besonders die aufsuchende Beratung sollte unterstützt und auch für Betriebe verfügbar gemacht werden. Unternehmen und Handelskammern können dazu beitragen, über Chancen der dualen Ausbildung und Qualifikationsanerkennung zu informieren und sie zu unterstützen, gerade bei Klein- und Mittelunternehmen.
Quelle: Stiftung Mercator