Während der deutschen EU Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres 2020 wurden auf der europäischen Ebene trotz der dominierenden Pandemie-Themen wichtige jugendpolitische Schritte eingeleitet und dies vor allem mit dem sonst wenig prominenteren Thema einer europäischen Jugendarbeit. Das BMFSJF mit der Nationalen Agentur „Jugend für Europa“ war zuständig für die Weiterentwicklung der Europäischen Jugendarbeitsagenda (European Youth Work Agenda YWA). Diese ist ein strategischer Rahmen zur Stärkung und Entwicklung der Jugendarbeit (impliziert immer auch die in Deutschland spezifizierte Jugendsozialarbeit) in Europa. Der Anspruch war, dass bei der Ausgestaltung der YWA, Träger der Jugendarbeit, bzw. die Praxisebene der Jugendarbeit aus allen Ländern der EU miteinbezogen werden („Youth Work Community of Practice“). Ein bedeutender Zwischenschritt war die online Veranstaltung des 3. Europäischen Jugendarbeitskongresses (European Youth Work Convention) mit mehr als 1000 Teilnehmenden aus den EU-Staaten im Dezember 2020. Höhepunkt des Kongresses war die Verabschiedung der Europäischen Jugendarbeitserklärung (European Youth Work Declaration). Unter dem Titel „Signposts for the Future“ liegt nun eine Abschlusserklärung vor, die Leitlinien und Anregungen für die Umsetzung einer starken Europäischen Jugendarbeitsagenda festhält.
Akteur*innen der Praxisebene vor Ort für die europäische Jugendarbeit begeistern
Gleichzeitig ist die Deklaration der Auftakt zum sogenannten „Bonn-Prozess“, innerhalb dessen in den nächsten Jahren die Anliegen und Forderungen der Jugendarbeitsagenda und der Abschlusserklärung politisch umgesetzt werden sollen. Dieser Prozess kann aber nur erfolgreich ablaufen, wenn es gelingt die europäische Jugendarbeitsagenda auf die nationale Ebene der einzelnen Mitgliedsländer und dort wiederum auf die regionale und lokale Ebene herunter zu brechen. Es muss also gelingen die Praxisebene der Jugendarbeit vor Ort und deren Akteur*innen für eine europäische Jugendarbeit zu erreichen. Notwendig ist ein europäisches Selbstverständnis von Jugendarbeit, eine Jugendarbeit die in lokalen, nationalen und europäischen Bezügen ihren Auftrag für junge Menschen wahrnehmen will.
Die vorrangigen Elemente zur Umsetzung des „Bonn Prozesses“:
- Stärkung einer Politik für „Youth Work“ – durch die Einbettung von „Youth Work“ als wesentlichen Bestandteil in Jugendpolitik auf allen Ebenen, von lokal bis europäisch.
- Kompetenzaufbau in „Youth Work“ – durch eine kohärente Aus- und Fortbildungsstrategie für “Youth Work” und durch die Zusammenführung von nicht formalen und formalen Bildungswegen für Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter.
- Entwicklung einer evidenzbasierten politischen Praxis für und durch „Youth Work“ – durch besseres Sammeln von Wissen sowie durch mehr Forschung.
- Stärkung von Partnerschaften – durch transversale und sektorübergreifende Politik und Praxis auf allen Ebenen der „Governance“ und Umsetzung.
- Bereitstellung und Sicherstellung der Angebote von „Youth Work“ – durch bessere Verankerung, mehr Ressourcen und weitergehende Unterstützung, auch durch die europäischen Institutionen.
- Erweiterung und Vertiefung der Wahrnehmung und Anerkennung von „Youth Work“ innerhalb und außerhalb der „Community of Practice“ – durch transparente Information, Kommunikation und aktive Interessenvertretung.
- Stärkung des Engagements und der Karrieremöglichkeiten in der „Community of Practice“ – durch Berücksichtigung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen.
Quelle und Autor: Alexander Hauser – Fachreferent Jugendsozialarbeit & Europa