Die National Coalition Deutschland hat ihren zivilgesellschaftlichen Bericht über „Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland“ an die Vereinten Nationen vorgelegt. „Die Bundesregierung sollte den Bericht der National Coalition zum Anlass nehmen, bei den Kinderrechten noch einmal aufs Tempo zu drücken. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat (…) deutlich gemacht, dass wir gemessen am wirtschaftlichen Wohlstand an vielen Stellen noch immer ein kinderrechtliches Entwicklungsland sind“, stellt dazu der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, Holger Hofmann, fest und nennt die dringlichsten Themen, bei denen „wir uns eine ,Politik der kleinen Schritte‘ nicht leisten können“. Er fordert, die Bundesregierung müsse gemeinsam mit Ländern und Kommunen den „Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland“ neu auflegen, um Kinderrechte in Deutschland umfassender als bisher zu verwirklichen.
Kindeswohl und Beteiligung in den Blick nehmen, Armut nachhaltig bekämpfen
Kinderrechte, die gleichermaßen den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- und Entfaltungsrechte absichern, müssen endlich im Grundgesetz verankert werden, so das Kinderhilfswerk. Nur so könne eine nachhaltige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gewährleistet und sichergestellt werden. Für die Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland fordert es eine auf Nachhaltigkeit angelegte Gesamtstrategie mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen und langfristig eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung.
Insgesamt zu langsam gehe es im Hinblick auf die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen voran, kritisiert Hofmann und fordert Bund, Länder und Kommunen auf, zügig weitere gesetzliche Maßnahmen in die Wege zu leiten, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen abzusichern. Als wichtige Aufgabe in diesem Zusammenhang betont der Geschäftsführer des Kinderhilfswerks die Ausgestaltung von Justiz und Verwaltung in kindgerechter Weise, um den Zugang zum Recht für alle Kinder zu garantieren. Konkret bestünden aktuell große Herausforderungen im Hinblick auf die Umsetzung von Kinderrechten beim Aufwachsen in der digitalen Welt. Zu oft noch seien Kinder zum Beispiel bei der Internetnutzung Gefährdungen ihrer grundlegenden Rechte ausgesetzt. Weiterhin sieht Hofmann „die bedeutende Frage, wie Kindeswohlüberlegungen systematisch Eingang in Entscheidungen von Behörden, Gerichten und des Gesetzgebers finden, insbesondere in Bezug auf die Unterbringung geflüchteter Kinder mit ihren Familien und den Familiennachzug.“
Alle Staaten, die die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet haben, müssen regelmäßig vor dem Kinderrechte-Ausschuss in Genf berichten, wie sie mit deren Umsetzung in ihrem Land vorankommen. Dazu reichen die Staaten Berichte ein, aber auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen werden dem Ausschuss ergänzende Berichte vorgelegt. Nach der Untersuchung durch den UN-Ausschuss erhält die Regierung Empfehlungen für die bessere Umsetzung der Konvention. Nachdem in Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention am 05. April 1992 in Kraft trat, erfolgte im Februar 2019 die vierte Veröffentlichung eines Staatenberichts und jetzt des entsprechendes Berichts der zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Linke kritisiert „regelrechte Ignoranz“ gegenüber den Rechten von Kindern und Jugendlichen in manchen Bereichen
Auch aus der Fraktion DIE LINKE kommt anlässlich des Berichts der National Coalition Deutschland Kritik. „Kinderrechte führen in der Politik von Union und SPD ein Schattendasein. Die Bundesregierung versagt bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention regelrecht“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. „Die Bundesregierung sollte den Bericht sehr ernst nehmen. Sie muss ihrem Versprechen, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, endlich Taten folgen lassen. Hier darf es keine weiteren Verzögerungen geben.“ Gerade Armut, die Union und SPD doch wirksam bekämpfen wollten, beeinträchtige das Leben vieler Kinder in Deutschland erheblich, mahnte Müller. „Die Bundesregierung hat bisher wenig getan, um an der Situation armer Kinder und ihrer Familien etwas zu ändern. In anderen Fällen ist sogar eine regelrechte Ignoranz gegenüber den Rechten von Kindern und Jugendlichen festzustellen. So missachtet die Bundesregierung durch die Kontingentregelung das Recht von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten auf Familienzusammenführung.“
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk e. V., Fraktion DIE LINKE