Nach Abstimmung zwischen Regierung und Opposition haben der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat das ‚Gesetz zur Reform der beruflichen Bildung – Berufsbildungsreformgesetz‘ beschlossen, das das Berufsbildungsgesetz (BBiG) novelliert. Wesentliche Bestandteile des Gesetzes hat Ludger Urbic, arbeit für alle e.V. und Zentraler Beratungsdienst (ZB) in der Katholischen Jugendsozialarbeit, zusammengefasst: “ Allgemeine Vorschriften Das neue BBiG nennt verschiedene Ziele und Begriffe der Berufsbildung die Berufsausbildungsvorbereitung, die an eine Berufsausbildung heranführen soll die Berufsausbildung, die an die Ausführung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang heranführt die berufliche Fortbildung zum Erhalt und der Verbesserung beruflicher Handlungsfähigkeit die berufliche Umschulung zur Befähigung einer anderen beruflichen Tätigkeit. Lernorte der Berufsbildung sind: die Betriebe, öffentliche Einrichtungen, freie Berufe und Haushalte die berufsbildenden Schulen die sonstigen Berufsbildungseinrichtungen (außerbetriebliche Ausbildung). Die Lernorte sollen miteinander kooperieren. [‚Die Lernorte nach Absatz 1 wirken bei der Durchführung der Berufsbildung zusammen (Lernortkooperation).‘] Teile der Berufsausbildung können im Ausland durchgeführt werden. Das Gesetz gilt für die duale Berufsausbildung. Hochschulausbildung, Berufsbildung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und Teile der Schifffahrtsberufe werden nicht durch dieses Gesetz geregelt. In der Handwerksordnung geregelte Berufe werden in einigen Abschnitten nicht geregelt, sind aber analog in der Handwerksordnung geregelt. Berufsausbildung Ausbildungsberufe werden durch das BMWA staatlich anerkannt, das hierfür auch Ausbildungsordnungen erlässt. Die Ausbildungsordnung muss Angaben zur Bezeichnung des Ausbildungsberufes, zur Ausbildungsdauer zu den notwendigen beruflichen Fähigkeiten, zum Ausbildungsrahmenplan und zu Prüfungsanforderungen enthalten. Die Ausbildungsordnung kann außerdem festlegen, dass die Ausbildung in einander aufbauenden Stufen erfolgt (Stufenausbildung), dass Abschlussprüfung in zwei Teilen erfolgt, zusätzliche berufliche Fertigkeiten und Kenntnisse erlangt werden können, Teile der Berufsausbildung in überbetrieblichen Ausbildungsstätten realisiert werden sollen und die Auszubildenden einen schriftlichen Ausbildungsnachweis (Berichtsheft) führen müssen. Durch Verordnungen können die Landesregierungen die Anrechnung von Ausbildungszeiten in berufsbildenden Schulen oder sonstigen Berufsbildungseinrichtungen regeln. Auf entsprechendem Antrag kann die Ausbildungszeit, wenn notwendig, verkürzt oder verlängert werden. Berufsausbildungsverhältnis Über die Berufsausbildung wird zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden ein Vertrag geschlossen. Dieser Vertrag ist schriftlich zu fixieren. Auszubildende haben die ihnen übertragenden Aufgaben auszuführen, an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, entsprechenden Weisungen zu folgen und die Schweigepflicht zu beachten. Ausbildende tragen Sorge für die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit, haben Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen, den Auszubildenden charakterlich zu fördern, ihn für den Berufsschulunterricht und überbetriebliche Ausbildungsteile freizustellen, ihm ein Zeugnis zu erstellen und eine entsprechende Vergütung zu zahlen. Die Probezeit beträgt minimal einen, maximal vier Monate. Das Ausbildungsverhältnis endet mit Ablauf der Ausbildungszeit, bei Stufenausbildung mit Ablauf der letzten Stufe. Es verlängert sich bei erfolgloser Prüfung um maximal ein Jahr. Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Sowohl Ausbildungsstätte als auch Ausbilderinnen und Ausbilder müssen eine entsprechende Eignung vorweisen. Über die Eignung wacht die zuständige Stelle. Berufsausbildungsverhältnisse müssen in einem entsprechenden Verzeichnis dokumentiert werden. Prüfungswesen Es sind Abschlussprüfungen durchzuführen, die zweimal wiederholt werden können. Die Prüfung kann in zwei zeitlich auseinander fallenden Teilen durchgeführt werden. Es ist ein entsprechendes Zeugnis auszustellen. Die Prüfung ist für Auszubildende gebührenfrei. Die zuständige Stelle richtet entsprechende Prüfungsausschüsse ein. Diese bestehen aus mindestens drei Mitgliedern, die Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und mindestens eine Lehrkraft sind. Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung ist die absolvierte Ausbildungszeit, die Teilnahme an Zwischenprüfungen und die Führung der schriftlichen Ausbildungsnachweise. Außerdem ist zur Prüfung zuzulassen, wer in der Schule oder einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entsprechend ausgebildet worden ist. Voraussetzung ist, dass durch Lernortkooperationen ein angemessener Anteil an fachpraktischer Ausbildung gewährleistet wird. Bei gestreckten Abschlussprüfungen wird über die Zulassung jeweils gesondert entschieden. Über die Zulassung in Sonderfällen entscheidet die zuständige Stelle. Prüfungszeugnisse aus gleichwertigen Ausbildungsgängen können gleichgestellt werden. Interessenvertretung Auszubildende in einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung wählen eine besondere Interessenvertretung. Hierzu erlässt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine entsprechende Verordnung. Diese findet keine Anwendung auf Einrichtungen von Religionsgemeinschaften und andere Einrichtungen, die eigene gleichwertige Regelungen getroffen haben. Berufliche Weiterbildung Für die berufliche Fortbildung können Fortbildungsabschlüsse anerkannt und Prüfungsregelungen erlassen werden. Für die berufliche Umschulung können entsprechende Rechtsverordnungen Regelungen treffen. Umschulungen für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfordern analoge Ausbildungsrahmenpläne und Prüfungsanforderungen. Berufsbildung für besondere Personengruppen Behinderte Menschen sollen in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden. Die zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung soll entsprechend gestaltet werden. Für behinderte Menschen, die wegen Art und Schwere der Behinderung nicht in einem anerkannten Ausbildungsberuf qualifiziert werden können, werden aus den Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe auf Antrag entsprechende Ausbildungsgänge anerkannt. Für lernbeeinträchtigte oder sozial benachteiligte Personen, die noch nicht ausbildungsreif sind, kann eine Berufsausbildungsvorbereitung gestaltet werden, die den besonderen Erfordernissen der Zielgruppe entspricht und umfassende sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung beinhaltet. Findet die Berufsausbildungsvorbereitung nicht im Rahmen des SGB III oder anderer vergleichbarer öffentlicher Maßnahmen statt, ist die Eignung der Ausbildungsstätte und des Ausbildungspersonals entsprechend zu prüfen. Bei der Berufsausbildungsvorbereitung sind insbesondere Qualifizierungsbausteine aus anerkannten Ausbildungsberufen einzusetzen. So vermittelte Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit sollen durch den Anbieter der Berufsausbildungsvorbereitung bescheinigt werden. Die zuständige Behörde überwacht die Berufsausbildungsvorbereitung. Diese muss durch den Anbieter angezeigt werden. Diese Überwachung und Anzeigepflicht gilt nicht für Maßnahmen nach dem SGB III und vergleichbare öffentlich geförderte Maßnahmen. Unberührt bleibt die Förderung der sozialpädagogischen Förderung nach § 421 m SGB III. Zuständige Stellen und Ausschüsse Für die Berufsausbildung in den verschiedenen Sparten werden bei den entsprechenden Kammern zuständige Stellen eingerichtet. Außerhalb der Zuständigkeit der Kammern bestimmen Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre eigenen zuständigen Stellen. Die zuständigen Stellen sind für die Überwachung der Berufsausbildung, der Berufsausbildungsvorbereitung und der beruflichen Umschulung zuständig. Bei den zuständigen Stellen werden Berufsbildungsausschüsse eingerichtet, denen Beauftragte der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Lehrkräfte der berufsbildenden Schulen angehören. Die Berufsbildungsausschüsse sind in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und zu hören. Die durch die zuständige Stelle erlassenen Rechtsvorschriften sind vom Berufsbildungsausschuss zu beschließen. Bei der Landesregierung wird ein Landesausschuss für Berufsbildung errichtet, dem Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der obersten Landesbehörden angehören. Der Landesausschuss für Berufsbildung berät die Landesregierung in Fragen der Berufsbildung. Die ursprünglich im Gesetzesverfahren vorgesehenen regionalen Berufsbildungskonferenzen, denen auch Beauftragter sonstiger Berufsbildungseinrichtungen an-gehören sollten, sind im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ersatzlos gestrichen worden. Forschung, Planung und Statistik Die Berufsbildung soll durch eine entsprechende Berufsbildungsforschung begleitet werden. Zur Gewährleistung eines qualitativen und quantitativen ausreichenden Angebotes soll eine Berufsbildungsplanung erfolgen. Das BMBF legt der Bundesregierung jährlich einen Berufsbildungsbericht vor. Eine Berufsbildungsstatistik soll regelmäßig erfolgen. Bundesinstitut für Berufsbildung Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) soll durch wissenschaftliche Forschung zur Berufsbildungsforschung beitragen. Es soll außerdem an Ausbildungsordnungen mitarbeiten, den Berufsbildungsbericht vorbereiten, die Berufsbildungsstatistik unterstützen und Modellversuche begleiten. Außerdem werden dem BIBB diverse Verwaltungsaufgaben übertragen. Der Hauptausschuss des BIBB setzt sich aus Beauftragten der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der Länder und des Bundes zusammen. Er beschließt über Angelegenheiten des BIBB, berät die Bundesregierung in Fragen der Berufsbildung, beschließt das jährliche Forschungsprogramm und nimmt Stellung zu Rahmenlehrplänen. Im BIBB steht die Präsidentin, der Präsident vor. Sie/er wird von der Bundespräsidentin/dem Bundespräsidenten ernannt. Die Arbeit des BIBB wird durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Diesem Beirat gehören bis zu 7 anerkannte Fachleute auf dem Gebiet der Berufsbildungsforschung an. Zur Beratung des BIBB wird ein Ausschuss für Fragen behinderter Menschen eingerichtet. Ihm gehören neben Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern und anderen relevanten Einrichtungen der Behindertenhilfe auch Vertreter der freien Wohlfahrtspflege und der Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation an. In-Kraft-Treten Das neue Berufsbildungsgesetz tritt am 1. April 2005 in Kraft. Gleichzeitig treten für die Berufe, die durch die Handwerksordnung geregelt werden analoge Veränderungen und Regelungen der Handwerksordnung zum 1. April 2005 in Kraft. “ Quelle: afa-Info, März 2005, arbeit für alle e.V., Düsseldorf, Tel. 0211/4693-164, urbic@bdkj.de . Zum Ausdrucken finden Sie in der Anlage das afa-Info als pdf-Datei. ——————————————————————————– Siehe auch: Jugendsozialarbeit News vom 28.2.2005: http://news.jugendsozialarbeit.de/jsa/bagkjs/bagkjs.nsf/Archive/5E6305525BA46857 C1256FB300573A94?OpenDocument Text des neuen Berufsbildungsgesetzes: http://www.bmbf.de/pub/die_reform_berufliche_bildung.pdf Gegenüberstellung Berufsbildungsgesetz 2005 – Berufsbildungsgesetz 1969: http://www.bmbf.de/pub/synopse_BBiG_alt_neu.pdf Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zur Reform der beruflichen Bildung: http://www.bmbf.de/pub/bbig_aenderungsantrag_ueberfrakt.pdf Synopse der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderungen im BBiG: http://www.bmbf.de/pub/Synoptische_Uebersicht_Berufsbildungsreformgesetz.pdf Zusammenstellung der Begründungen zu den Einzelvorschriften des Berufsbildungsgesetzes: http://www.bmbf.de/pub/begruendung_BBiG_einzelvorschriften.pdf – afa-info0501.pdf
Quelle:
Dokumente: afa_info0501.pdf