Information und Stellungnahme zur Reform der Europäischen Strukturfonds 2007 – 2013 Auszüge aus der Stellungsnahme der BAG Jugendsozialarbeit vom 21.6.2005: “ 1. Einführung Die Europäische Kommission legte Mitte Juli 2004 die Vorschläge für die Verordnungen zur zukünftigen Kohäsionspolitik für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 vor. Dazu gehören u.a. die allgemeine Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für alle Strukturfonds sowie gesonderte Verordnungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds (ESF). … Der ESF, und zunehmend der EFRE, beeinflussen seit der grundlegenden Reform in 1988 in hohem Maße die Handlungsfelder der Jugendsozialarbeit, insbesondere die Jugendberufshilfe. Die Förderungen der EU im Bereich der beruflichen Bildung, Qualifizierung und Beschäftigung benachteiligter junger Menschen sind für die Träger in Deutschland von zentraler Bedeutung, vor allem gilt dies für Ostdeutschland. Um die Ausrichtung der Strukturfondsförderung der EU nach 2007 weiter an den Bedürfnissen der jungen Menschen und den Rahmenbedingungen der Träger orientiert zu wissen, ist es notwendig, den Diskussionsprozess von Seiten der BAG Jugendsozialarbeit frühzeitig mit zu beeinflussen. 2. Allgemeine Rahmenbedingungen der Strukturfondsförderung nach 2007 Die zukünftige Kohäsionspolitik der EU soll auf die drei folgenden Ziele konzentriert werden: „Konvergenz“ (das jetzige Ziel 1), „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung” (jetzige Ziele 2 und 3) und “Europäische territoriale Zusammenarbeit”. … Eine Förderung europäischer Themen, wie die Beschäftigungsstrategie, die Bildungsziele der EU und die Strategie zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung weiterhin auch außerhalb des Konvergenzziels und eine ausreichende Mittelausstattung sind essentiell für eine erfolgreiche Kohäsionspolitik. … 3. Europäischer Sozialfonds Die Europäische Kommission sieht für den ESF drei große Herausforderungen: die beträchtlichen Beschäftigungsunterschiede, soziale Ungleichheiten, Kompetenzlücken und den Mangel an Arbeitskräften in einer erweiterten Union das zunehmende Tempo der wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung aufgrund der Globalisierung und der Entwicklung der wissensbasierten Wirtschaft sowie den demographischen Wandel, der zu einem Rückgang und einer Überalterung der Arbeitskräfte geführt hat. Die ESF-Interventionen sind deshalb eng eingebunden in die Strategien der Gipfel von Lissabon und Göteborg, d. h. es wird eine enge Verzahnung der Bereiche Beschäftigung (NAPempl), Bekämpfung sozialer Ausgrenzung (NAPincl) und den Bildungs- und Berufsbildungszielen angestrebt. Die BAG Jugendsozialarbeit begrüßt das zentrale Ziel der Europäischen Kommission, eine verbesserte Verbindung zwischen dem ESF, der Europäischen Beschäftigungsstrategie und den vereinbarten Zielen der Union in Bezug auf die soziale Eingliederung sowie die Aus- und Weiterbildung her zu stellen. Diese Zielsetzung muss in der Umsetzung in Deutschland eine konsequente Anwendung finden. Einzelne Artikel: Art. 3: Geltungsbereich Neben der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Ziele der EU (Art. 3 (1) a – b) geht es im neuen erweiterten Ansatz des ESF vor allem um die soziale Eingliederung von benachteiligten Personen und die Bekämpfung von Diskriminierungen. Diese sollen insbesondere durch folgende Maßnahmen verbessert werden: „Förderung von Konzepten für die Eingliederung von benachteiligten Personen, sozial ausgegrenzten Personen, Schulabbrechern, Minderheiten und Personen mit Behinderungen ins Erwerbsleben durch Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit – u.a. im Bereich der Sozialwirtschaft -, begleitende Maßnahmen und geeignete soziale Hilfs- und Betreuungsdienste“ (Art. 3 (1) c) i). Dieser Ansatz kann für die kommende Förderphase der Strukturfonds die Grundlage für die Arbeit mit den Zielgruppen der Jugendsozialarbeit in Deutschland bilden. Art. 5 Verantwortungsvolles Verwaltungshandeln und Partnerschaft Die Kommission hebt für den ESF die Aspekte des verantwortungsvollen Verwaltungshandelns und der Partnerschaft besonders hervor. Dies gilt insbesondere für die Beteiligung der Sozialpartner im Rahmen der Planung, Durchführung und Begleitung der Programme sowie eine angemessene Konsultation von Nichtregierungsorganisationen. Weitestgehend ist eine Übertragung der Durchführungsverantwortung von Programmen im Rahmen von Globalzuschüssen an die Sozialpartner im Bereich der Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer und Unternehmen sowie an Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen soziale Eingliederung und Gleichstellung von Frauen und Männern vorgesehen. Die BAG Jugendsozialarbeit begrüßt die Vorschläge der Kommission, weil sie einen erheblich erweiterten Handlungsrahmen für die Entwicklung und die Umsetzung von geeigneten Programmen für die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen ermöglichen. Die Mittelvergabe über Globalzuschüsse wird allerdings von den Bundesländern vor allem im Hinblick auf den zielgenauen Mitteleinsatz kritisch gesehen. Nach Ansicht der Länder kann dies nur gewährleistet werden, wenn möglichst wenig Partner beteiligt sind. Alternativ ist eine gezielte Programm- oder Projektförderung z.B. in einzelnen Bereichen der Wohlfahrtspflege vorstellbar. Auf diesem Wege könnten die ESF-Begleitausschüsse auf Ebene des Bundes und der Länder nicht mehr nur beratende sondern beschließende Organe werden. Art. 6 Gleichstellung von Frauen und Männern Die BAG Jugendsozialarbeit begrüßt, dass die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Programmplanung, der Durchführung und der Begleitung in der selben Konsequenz wie bisher weiter geführt wird. Art. 7 Innovation Die Mitgliedstaaten und die Verwaltungsbehörden sind aufgefordert im Rahmen der operationellen Programme insbesondere auf die Förderung innovativer Maßnahmen hin zu wirken. Die BAG Jugendsozialarbeit verweist auf die besondere Rolle des Bundes bei der Anregung und Weiterentwicklung sozial- und bildungspolitischer Schwerpunkte. Deutschland sollte die Möglichkeiten des ESF ausschöpfen, um eine sinnvolle Verknüpfung jugend-, sozial- und bildungspolitischer Programme insbesondere für benachteiligte Jugendliche am Übergang von Schule und Beruf vor zu halten. Der Vorschlag zu einem Europäischen Pakt für die Jugend unterstreicht die Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und Einhaltung dieser Ziele. Das BMFSFJ trägt eine besondere Verantwortung, weil es die Schnittstelle zwischen den relevanten Politikbereichen bildet. Art. 8 Transnationale Kooperation Die EU-Kommission schlägt vor, in den jeweiligen Programmen transnationale Aktionen vorzusehen. Die Bundesländer sehen die Umsetzung transnationaler Maßnahmen derzeit eher optional und stellen entsprechende Kofinanzierungen nicht in Aussicht. Die BAG Jugendsozialarbeit begrüßt die Absicht der Kommission über die Umsetzung transnationaler Maßnahmen vor allem in den Bereichen der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie des lebenslangen Lernens zur Ermittlung und Verbreitung bewährter Praktiken und zur Förderung des gegenseitigen Lernens zu gelangen. Die BAG unterstützt die Bedeutung solcher Maßnahmen und fordert den Bund auf, sich für angemessene spezifische transnationale und operationelle Schwerpunkte bei der Programmplanung und –umsetzung einzusetzen. Forderungskatalog der BAG Jugendsozialarbeit zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für die zukünftige Strukturfondsförderung von 2007 bis 2013 Angesichts der von der Kommission vorgeschlagenen Veränderungen zu den Europäischen Strukturfonds für die Förderperiode 2007 bis 2013 fordert die BAG Jugendsozialarbeit weiterhin eine Förderung europäischer Themen, wie die Beschäftigungsstrategie und die Bildungsziele der EU auch außerhalb des Konvergenzziels und eine ausreichende Mittelausstattung begrüßt die bessere Abstimmung zwischen europäischen Beschäftigungs-, Sozial- und Bildungsstrategien und der Umsetzung der Europäischen Strukturfonds und fordert eine konsequente Umsetzung in Deutschland fordert bei dem stärker strategischen Einsatz der Europäischen Strukturfonds eine Beteiligung der Jugendsozialarbeit bei der Debatte und Planung in Deutschland, insbesondere im Zusammenhang mit Art. 3c ESF (Soziale Eingliederung) fordert eine bessere Beteiligung der Vertretungsstrukturen der Jugendsozialarbeit in den Begleitausschüssen auf regionaler und nationaler Ebene fordert den Einsatz des Regionalfonds und des ESF zugunsten integrierter Konzepte in sozialräumlich benachteiligten Gebieten fordert eine Flexibilisierung des Interventionssatzes auch bei besonders sozial benachteiligten Gebieten und Zielgruppen gibt die zunehmende Problematik der Kofinanzierung für freie – und auch öffentliche lokale – Träger bei der Nutzung des ESF zu bedenken und fordert eine diesbezügliche transparente Politik, insbesondere im Zusammenhang mit SGB II fordert bei der Umsetzung des ESF in Deutschland, die Zielgruppen der Jugendsozialarbeit in der Schwerpunktsetzung zu berücksichtigen, um den erheblich erweiterten Handlungsrahmen intensiv zu nutzen begrüßt die weitere Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Phasen der Strukturfondsumsetzung und fordert die konsequente Umsetzung verweist auf die besondere Rolle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bei der Anregung und Weiterentwicklung sozial- und bildungspolitischer Schwerpunkte (Innovation) und fordert diesbezüglich die sinnvolle Verknüpfung jugend-, sozial- und bildungspolitischer Programme insbesondere für benachteiligte Jugendliche am Übergang von Schule und Beruf begrüßt die Integration transnationaler Maßnahmen, vor allem in den Bereichen der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie des lebenslangen Lernens und fordert den Bund auf, sich für eine angemessene spezifische transnationale Schwerpunktsetzung bei der Programmplanung einzusetzen.“
Quelle: http://www.bag-jugendsozialarbeit.de/positionen_single.php?id=163