Evaluation der Eingliederungsmaßnahmen von Altbewerbern in den Prozess der beruflichen Bildung

ANTWORT DER BUNDESREGIERUNG AUF DIE KLEINE ANFRAGE DER FDP FRAKTION Vorbemerkung der Fragesteller: Laut Berufsbildungsbericht 2007 der Bundesregierung hat sich der Anteil der noch nicht vermittelten Bewerber und Bewerberinnen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (30. September 2005) um 22,1 Prozent erhöht. Trotz eines Anstiegs der zu vergebenen Ausbildungsplätze wurde die rechnerische Lücke zwischen den noch verfügbaren gemeldeten Ausbildungsplätzen und den unvermittelten Bewerbern und Bewerberinnen größer. Bei genauerer Betrachtung der sog. Altbewerber fällt auf, dass es sich keineswegs um eine homogene Gruppe handelt. Offensichtlich beeinflussen Geschlecht, Migrationshintergrund,Wohnort, Ausbildungsstatus und andere Faktoren die Chance, eine Aussicht auf eine reguläre berufliche Ausbildungsstelle zu bekommen. Gerade deswegen ist es wichtig, bei der Betrachtung der staatlichen Unterstützungsangebote und der Überprüfung deren Wirksamkeit, diese Parameter im Blick zu behalten. Schließlich sollen die zur Verfügung gestellten Mittel möglichst effektiv zur Eingliederung derjenigen eingesetzt werden, die sonst nur schlechte Aussichten auf die Erlangung eines beruflichen Abschlusses haben. In diesem Zusammenhang stellt sich vor allem die Frage, in welcher Weise die von der Bundesregierung angepriesenen Einstiegsqualifizierungen Jugendlicher (EQJ) tatsächlich eine erfolgreiche Brücke in die Berufsausbildung bilden. Obwohl der Bundesrechnungshof die Integrationserfolge in die betrieblichen Ausbildungsverhältnisse eher gering einschätzt, hält die Bundesregierung an dem eingeschlagenen Weg fest und baut die Förderung der subventionierten Praktika für Jugendliche ohne Lehrstelle zudem noch aus. Auch die Kritik der Bundesagentur für Arbeit, dass eine stärkere Fokussierung auf die Zielgruppen (Jugendliche mit geringer Ausbildungsbefähigung) vorgenommen werden müsse, scheint die Bundesregierung in ihrem Handeln nicht maßgeblich beeinflusst zu haben. Auszüge aus der Antwort der Regierung: „1. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, dass laut Berufsbildungsbericht 2007 der Anteil der noch nicht vermittelten Bewerber und Bewerberinnen (Altbewerber) angestiegen ist? Die im Berufsbildungsbericht 2007 ausgewiesene Bilanz des Ausbildungsjahres 2005/2006 zeigt, dass die im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland vereinbarten Maßnahmen und die positive konjunkturelle Entwicklung ihre Wirkung am Ausbildungsstellenmarkt entfaltet haben. Vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006 wurden bundesweit insgesamt 576.153 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Dies sind 25.973 bzw. 4,7 Prozent Verträge mehr als im Vorjahreszeitraum. Zugleich wuchs aber auch die Zahl der unvermittelten Bewerberinnen und Bewerber um rd. 9.000 auf 49.453. Dies zeigt, dass das gestiegene Angebot an Ausbildungsplätzen im Jahr 2006 noch nicht ausreichte, um der auf dem Ausbildungsmarkt vorhandenen Nachfrage entsprechen zu können: Von den 2006 bundesweit 763.097 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber kamen 385.248 bzw. 50,5 Prozent aus dem Schulabgangsjahr des Vorjahres oder aus früheren Jahren. 2. Welche Entwicklung hat diesbezüglich seit 1998 stattgefunden und wie verteilt sich die Quote der nicht vermittelten Altbewerber auf die einzelnen Bundesländer? Seit Ende der 90er Jahre ist der Anteil der Altbewerber von rd. 40 Prozent auf 50,5 Prozent in 2006 angestiegen. Zwischen den einzelnen Ländern liegen erhebliche Bandbreiten. Besonders hoch ist der Altbewerberanteil in den Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg, wo zwischen 60 und nahezu 70 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber die Schule bereits im Vorjahr oder früher verlassen hatten. Die niedrigsten Anteile verzeichneten Bayern und Baden-Württemberg (rd. 43 bzw. 46 Prozent). Altbewerberanteile (aufsteigend) nach Ländern 2006: Bayern: 42,6 Prozent Baden-Württemberg: 45,9 Prozent Niedersachsen: 46,2 Prozent Sachsen-Anhalt: 47,8 Prozent Thüringen: 48,1 Prozent Rheinland-Pfalz: 48,9 Prozent Mecklenburg-Vorpommern: 51,2 Prozent Saarland: 52,3 Prozent Schleswig-Holstein: 53,2 Prozent Nordrhein-Westfalen: 53,3 Prozent Sachsen: 53,6 Prozent Hessen: 54,1 Prozent Brandenburg: 55,9 Prozent Bremen: 60,9 Prozent Berlin: 67,5 Prozent Hamburg: 68,7 Prozent 3. Worauf ist der Anstiegd er Altbewerberzahlen, in Anbetracht der florierenden Wirtschaft, zurückzuführen? Auch wenn in den Jahren 2004 und 2006 eine positive Vertragsentwicklung zu verzeichnen war, gab es zwischen 1999 und 2003 bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen einen Rückgang von rd. 631.000 auf 557.000. Gleichzeitig hat sich der Anteil derjenigen Jugendlichen, die an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Vermittlung einer beruflichen Grundbildung und an vollzeitschulischen Ausbildungsgängen der Berufsfachschulen teilnehmen, deutlich erhöht. Viele Jugendliche entscheiden sich für alternative Qualifizierungswege außerhalb des dualen Systems, ein anderer Teil bewirbt sich erneut bei der Bundesagentur für Arbeit zur Vermittlung eines Ausbildungsplatzes. Die 2006 einsetzende positive Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung hat diesen hohen Anteil an Altbewerberinnen und Altbewerber nicht innerhalb eines Jahres deutlich reduzieren können. Für 2007 zeichnet sich ein weiterer starker Anstieg des Ausbildungsangebotes ab, die Zahl unversorgter Bewerber lag zum 30.9. mit 29.100 um 41 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Dies zeigt, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung den Ausbildungsmarkt erreicht hat und den jungen Menschen zugute kommt. 4. Wie lässt sich die heterogene Gruppe der Altbewerber so untergliedern, dass Maßnahmen zur Integration in die berufliche Bildung an den spezifischen Erfordernissen ausgerichtet werden können? Welche Unterscheidungsmerkmale werden berücksichtigt? 5. Durch welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, die Altbewerber bei der Suche nach einem regulären Ausbildungsplatz zu unterstützen bzw. Eingliederungshilfe zu leisten? 6. Welches konkretes Ziel hat sich die Bundesregierung hinsichtlich der Reduktion der Zahl der Altbewerber für den kommenden Berichtszeitraum gesetzt? Wird sie sich daran messen lassen? Die Fragen 4 bis 6 werden im Zusammenhang beantwortet. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit zuletzt 2006 eine Befragung von jungen Erwachsenen durchgeführt, die bei der BA als Bewerberin oder Bewerber gemeldet waren. Die Ergebnisse … zeigen, dass es sich bei den Altbewerberinnen und Altbewerbern um einen heterogenen Personenkreis mit sehr unterschiedlichen Ausbildungschancen handelt. Schwierig war vor allem die Situation von Altbewerberinnen und Altbewerbern, die sich bereits vor mehr als zwei Jahren für einen Ausbildungsplatz beworben hatten. Von ihnen befanden sich Ende 2006 nur 25 Prozent in einer betrieblichen Ausbildung, 20 Prozent waren arbeitslos und 18 Prozent jobbten oder arbeiteten. Insbesondere dieser Gruppe von Altbewerberinnen und Altbewerbern sollen 2008 durch ein abgestimmtes Konzept mit zeitlich und instrumentell unterschiedlich ansetzenden Maßnahmen neue Ausbildungschancen eröffnet werden. … 8. Inwiefern ist der Vorwurf der Beauftragten der Arbeitnehmer berechtigt, dass im Rahmen der EQJ Jugendliche mit gutem mittleren Bildungsabschluss, Abitur oder abgebrochener Hochschulausbildung gefördert würden, während „Jugendliche ohne Ausbildungsbefähigung [würden] deshalb bei EQJ keine Chance haben“ (Berufsbildungsbericht 2007)? Primäre Zielgruppe des Sonderprogramms zur Einstiegsqualifizierung Jugendlicher sind Ausbildungsbewerber mit aus individuellen Gründen eingeschränkten Vermittlungsperspektiven, die auch nach den bundesweiten Nachvermittlungsaktionen keinen Ausbildungsplatz haben und Jugendliche, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsbefähigung verfügen, soweit sie zu Beginn der Förderung das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ziel der Einstiegsqualifizierung ist es, diesen Jugendlichen den Übergang in eine betriebliche Berufsausbildung zu erleichtern. Um die Wirkungen der Einstiegsqualifizierung zu erfassen, hat die Begleitforschung die Entwicklung der Programmteilnehmer mit der anders bzw. nicht geförderter Jugendlicher (Kontrollgruppe), die ansonsten identische Ausgangsbedingungen aufweisen, verglichen. Aus dem Vergleich der Entwicklung der jugendlichen Programmteilnehmer mit der der Jugendlichen aus der Kontrollgruppe lässt sich ableiten, welche Verbesserung durch die Einstiegsqualifizierung realisiert wurde. … Im Vergleich zur Grundgesamtheit der am 30. September 2005 als von der BA unvermittelt geführten Bewerber haben die in EQJ eingemündeten Jugendlichen schlechtere schulische Voraussetzungen. Deutlich wird darüber hinaus, dass der überwiegende Teil der Teilnehmer an einer Einstiegsqualifizierung über einen Hauptschulabschluss bzw. über einen mittleren Abschluss verfügt. 9. Über welche empirischen Daten hinsichtlich der Bildungsabschlüsse von EQJ-Teilnehmern verfügt die Bundesregierung? Zentrales Ziel des EQJ-Programmes ist es, den Übergang von Jugendlichen mit schlechteren Startchancen in Ausbildung zu verbessern. Die GIB Gesellschaft für Innovationsforschungund Beratung mbH, Berlin, wurde Ende 2004 mit der Begleitforschung zum EQJ-Programm beauftragt. Aufgabe der Begleitforschung ist es u. a. zu prüfen, ob die Ziele des EQJ-Programmes erreicht werden (Zielerreichungskontrolle) und ob die Förderung hierfür ursächlich (Wirksamkeitskontrolle) ist. Ergebnisse dieser Forschung sind in bislang fünf Zwischenberichten zusammengefasst. … Den Zwischenberichten können ausführliche Informationen zu den Schulabschlüssen, über die die EQJ-Teilnehmer verfügen sowie darüber, welche Veränderungen es seit Programmstart diesbezüglich gab, entnommen werden. 10. Über welche Bildungsabschlüsse verfügten diejenigen EQJ-Teilnehmer, die erfolgreich in die berufliche Bildung integriert werden konnten? EQJ-Teilnehmer und Jugendliche der Kontrollgruppe wurden zwischen Oktober und November 2006 zu ihrem aktuellen Erwerbsstatus befragt, insbesondere mit dem Ziel, die Quote der Übergänge in verschiedene Formen von Ausbildung zu ermitteln. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits 69,7 Prozent der ehemaligen EQJ-Teilnehmer eine Ausbildung begonnen, 62,4 Prozent der ehemaligen Praktikanten sind in eine betriebliche Ausbildung eingemündet, 4,1 Prozent in eine außerbetriebliche und 3,1 Prozent in eine schulische Ausbildung. Aus der Kontrollgruppe anders/nicht geförderter Jugendlicher waren zum gleichen Zeitpunkt 38,7 Prozent in eine Ausbildung übergegangen. Erfolgreiche Übergänge in betriebliche Ausbildung erfolgten in der Kontrollgruppe nur bei 29,7 Prozent der Jugendlichen. Von den erfolgreich in Ausbildung eingemündeten Teilnehmern verfügten 2,6 Prozent über keinen Schulabschluss, 44,7 Prozent über einen Hauptschulabschluss, 44,9 Prozent über einen mittleren Schulabschluss, 3,2 Prozent über die Fachhochschulreife und 4,7 Prozent über die allgemeine Hochschulreife. 11. Findet sich eine signifikante Korrelation zwischen der Art des Bildungsabschlusses des EQJ-Teilnehmers und der Wahrscheinlichkeit, einen Anschluss in die berufliche Ausbildung zu finden? Die Begleitforschung hat auch gezeigt, dass die Übergänge in (betriebliche) Ausbildung nicht nur von der Art der Förderung, sondern u. a. auch von individuellen Merkmalen der Jugendlichen, wie z. B. deren Alter oder Schulabschluss, abhängt. Je jünger die Jugendlichen sind und je höher ihr Schulabschluss, um so eher glückt der Übergang in eine (betriebliche) Ausbildung. … dass die mit EQJ erreichten Jugendlichen tendenziell etwas schlechtere Startvoraussetzungen aufweisen als die Grundgesamtheit der nicht vermittelten Bewerber. Innerhalb der Gruppe der über EQJ geförderten Jugendlichen haben allerdings die Jugendlichen mit höheren schulischen Abschlüssen bessere Chancen auf den unmittelbaren Übergang in eine betriebliche Ausbildung. … 13. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass das um 124,5 Mio. Euro aufgestockte Sonderprogramm Einstiegsqualifizierung tatsächlich der Zielgruppe der Jugendlichen mit eingeschränkter Ausbildungsbefähigung zugute kommt? Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende stellen sicher, dass nur Jugendliche in Einstiegsqualifizierung gefördert werden, die zur Zielgruppe des Programms gehörten bzw. ab 1. Oktober 2007 zur Zielgruppe der im SGB III (§ 235b) geregelten Einstiegsqualifizierung gehören. … 15. Wie verteilen sich die Fallzahlen der Maßnahmen zur Integration in die berufliche Bildung je nach Bundesland? Welche Fallzahlentwicklung kann festgehalten werden? Eine Eingliederungs- oder Integrationsbilanz kann für die berufliche Bildung insgesamt nicht erstellt werden. Dies ist vor allem deshalb nicht möglich, weil unterschiedliche Altersjahrgänge die verschiedenen Angebote auf dem Ausbildungsmarkt nachfragen. Dabei beginnt ein Teil unmittelbar nach dem Verlassen der allgemein bildenden Schulen eine duale bzw. vollzeitschulische Berufsausbildung oder ein Studium, andere wiederum absolvieren zunächst eine berufsvorbereitende Maßnahmen vor der Ausbildung oder studieren im Anschluss an eine verkürzte duale Ausbildung. … Bei rd. 939.000 Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus allgemein bildenden Schulen begannen insgesamt 734.115 junge Erwachsene eine schulische (183 935) oder duale Berufsausbildung (550 180). “ Den Volltext der Antwort der Bundesregierung entnehmen Sie in der elektronischen Vorabfassung dem Anhang oder nach Vorliegen der elektronischen Druckfassung über aufgeführten Link. Weitere Informationen über die Begleitforschung zum EQJ-Programm sind im Anhang für Sie bereit gestellt. Die Vorhabenbeschreibung ebenso die fünf Zwischenberichte geben entsprechende Auskünfte.

http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm

Quelle: Pressedienst des Dt. Bundestages Nr. 280

Dokumente: begleitforschung__zum__eqj__programm__4__zwischenbericht.pdf

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