Positionspapier der BAG KJS zu einem Deutschen Qualifikationsrahmen: Benachteiligte Jugendliche dürfen nicht aus dem ‚Rahmen‘ fallen.

KRITISCHE POSITIONIERUNG ZUR ENTWICKLUNG DES DEUTSCHEN QUALIFIKATIONSRAHMEN Die BAG KJS nimmt Stellung zu einem entstehenden Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) und weist auf notwendige Anforderungen an die Beschreibung der untersten Niveaustufe aus der Perspektive benachteiligter Jugendlicher hin. Wortlaut der Positionierung: “ 1. Benachteiligte Jugendliche im Blick behalten Bei einem Teil junger Menschen, die die allgemein bildende Schule verlassen oder die den Einstieg in die Berufs- und Arbeitswelt suchen, gelingt der Übergang nicht ohne weiteres. Hierzu gehören v.a. schulmüde Jugendliche und Schulverweigerer, sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte, noch nicht ausbildungsreife junge Menschen, (lern-) behinderte Jugendliche, junge Migranten-/innen mit Sprach- und Integrationsproblemen und straffällig gewordene Jugendliche. Diese jungen Menschen benötigen zur dauerhaften Eingliederung berufsbezogene und sozialpädagogische Hilfen, die in großem Umfang von Einrichtungen der Jugendsozialarbeit angeboten werden. Gemeinsam ist dieser nicht kleinen Gruppe junger Menschen (lt. Bildungsbericht 2006 25% der jeweiligen Altersgruppe), dass sie in der Verwirklichung ihrer sozialen Lebensrechte eingeschränkt und daher auf Unterstützung angewiesen ist. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber mit Regelungen in den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII Rechnung getragen. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz ist es vorrangige Aufgabe, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen mit dem (Qualifizierungs-)Ziel einer „eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“. Dies geschieht in non-formalen und informellen Erziehungs- und Bildungsprozessen. Besondere Aufmerksamkeit hat diese Gruppe noch einmal im BBiG gefunden. „Die Berufsausbildungsvorbereitung richtet sich an lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Personen, deren Entwicklungsstand eine erfolgreiche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht erwarten lässt.“ (§ 68 BBiG) 2. Teilhabe durch Bildung Mit der Erarbeitung eines europäischen Qualifikationsrahmenrahmens im Kontext des Lebenslangen Lernens ist eine neue gesamteuropäische Perspektive für Aus-, Fort- und Weiterbildung eröffnet worden. Die vorrangige Outcome-Orientierung und die Beschreibung von Lernergebnissen bzw. Qualifikationen soll die Vergleichbarkeit von Bildungsprozessen zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen. Damit wird die Bedeutung von Bildung bei der Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft unterstrichen. Das Besondere dieses Ansatzes ist, dass alle erworbenen und nachweisbaren Kompetenzen anerkannt werden sollen, unabhängig davon, ob sie in Bildungsinstitutionen, im Prozess der Arbeit, im sozialen Umfeld, in allgemeiner oder beruflicher Bildung oder durch Erfahrung erworben sind. Diese europäische Vorgabe gilt es nun in einen nationalen Qualifikationsrahmen umzusetzen. 3. Qualifikationsrahmen – Chancen für Inklusion Die BAG KJS begrüßt das von der Europäischen Union vorgelegte Konzept des Lebenslangen Lernens, das zur Grundlage hat, Menschen zu befähigen, über ihre gesamte Lebensspanne hinweg zu lernen. Gerade benachteiligten jungen Menschen, die ihre Bildungslaufbahn oft schon in der Schule unterbrechen oder denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht gelingt, bietet dieses Konzept die Chance, ihren Bildungsweg wieder aufzunehmen und fortzuführen. Dabei ist insbesondere die Beschreibung des Niveau 1 des EQR von besonderer Bedeutung. Es wird mit folgenden Deskriptoren beschrieben: „grundlegendes Allgemeinwissen“ (Kenntnisse), „grundlegende Fertigkeiten, die zur Ausführung einfacher Aufgaben erforderlich sind“ (Fertigkeiten) und „Arbeiten und Lernen unter direkter Anleitung in einem vorstrukturierten Kontext“ (Kompetenz). Diese Beschreibungen bilden das ab, was in unzähligen Maßnahmen der Jugendberufshilfe seit langem geleistet wird. Beispielhaft sei hingewiesen auf eine Konzeption für eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im „Berufsfeld Verkauf“. Benachteiligte Jugendliche haben Kompetenzen und Fähigkeiten und bauen diese in anderen Zusammenhängen als dem schulischen Kontext aus. Als förderlich erweisen sich in diesem Prozess der sozialpädagogisch-, ressourcen- und lebensweltorientierte Ansatz. Lernerfahrungen, die junge Menschen an anderen Lernorten machen, werden in die Angebote mit einbezogen und der Zugang zu neuen Lernorten eröffnet. Genau dies entspricht dem von der EU geforderten Konzept des Lebenslangen Lernens. Nach den Vorstellungen des BMBF soll sich der Qualifikationsrahmen „unabhängig vom formalen Bildungsabschluss ausschließlich an den Lernergebnissen orientieren“ (BMBF, 15.11.07). In die gleiche Richtung weist die Position des BiBB: „Die Qualifikationen sollen dabei als Lernergebnisse klassifiziert werden, die sich Niveaus von Tätigkeitsanforderungen und Kompetenzprofilen unabhängig von Bildungsabschlüssen zuordnen lassen. Dabei wird ein NQR als ein Instrument verstanden, mit dessen Hilfe vergleichende Aussagen zu Lernergebnissen getroffen werden können, die auf verschiedenen Wegen erzielt werden.“ Diese bewährten Wege der Benachteiligtenförderung gilt es auch in Zukunft offen zu halten und auszubauen. Daher muss eine Beschreibung des Niveau 1 im DQR ausreichend Perspektiven hierfür eröffnen. Wird dies nicht erreicht, wird der Qualifikationsrahmen für diese Zielgruppe zu einem weiteren Exklusionsinstrument und widerspricht damit allen europäischen Integrationsbemühungen. “ Im weiteren Verlauf ihres Papiers beschreibt die BAG KJS die Zielgruppen der Jugendsozialarbeit, deren Berücksichtigung in der Entwicklung des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen sie fordert. Exemplarisch werden Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, die diese jungen Menschen in Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in katholischer Trägerschaft erwwerben dargestellt. Diese weiterführenden Informationen entnehmen Sie bitte dem Anhang. (Analge 1 und 2)

Quelle: BAG KJS

Dokumente: DQR_Stellungnahme_BAG_KJS_2008.pdf

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