MANGELNDE FINANZIELLE ABSICHERUNG IST URSACHE FÜR VIELE PROBLEME “ Jugendarmut ist ein nicht zu vernachlässigendes Problem und kommt in der aktuellen Debatte zu kurz. Derzeit werden vor allem Kinder- und Altersarmut diskutiert und deren verheerende Auswirkungen beschrieben. Dabei belegen aktuelle Zahlen, dass 24% der 15 – 18jährigen von Armut bedroht bzw. betroffen sind. Dieser Anteil liegt sogar weit über den Werten der diskutierten Kinderarmut, die bei den unter 6jährigen bei 14,4% und bei den 6 – 15jährigen bei 16,4% liegt. Die hohe Anzahl bei den Jugendlichen kann u.a. damit begründet werden, dass zum einen der Anteil der Jugendlichen aus Alleinerziehenden Haushalten in dieser Gruppe höher ist, als bei den unter 15jährigen. Dabei wirkt sich negativ aus, dass häufig kein Unterhalt vom zweiten Elternteil für die Jugendlichen gezahlt wird. Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss besteht nur bis zum 12. Lebensjahr. Der Großteil der von Armut betroffenen jungen Menschen erhält Transferleistungen. Diese sollen verhindern, dass Menschen die in eine Notlage geraten sind, die sie nicht aus eigener Kraft bewältigen können, keine gesicherte Existenz haben. Nicht nur das physische Überleben soll garantiert werden, sondern auch eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Realität dagegen ist, dass Jugendliche in Deutschland den Ausstieg aus dem Hilfebezug kaum schaffen. Er verfestigt sich viel zu oft in jungen Jahren. Ungefähr 1,35 Millionen erwerbsfähige Menschen unter 29 Jahren bezogen im Jahr 2007 Transferleistungen. Nur ein Drittel der jugendlichen Hilfeempfänger schafft „den Ausstieg“. Längerfristige finanzielle Notlagen beeinträchtigen die Entwicklungsmöglichkeiten. Jugendliche wachsen in Familien auf, in denen das Leben ohne Erwerbsarbeit „normal“ geworden zu sein scheint. Das Essen holt man sich von „der Tafel“ oder der „Suppenküche“, die Klamotten aus der Kleiderkammer. Es gibt junge Menschen ohne stabiles Netz, ohne Freunde, die noch nie aus ihrem Stadtteil raus gekommen sind, noch nie einen persönlichen Brief erhalten haben und schon gar nicht an anderen Bezügen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben. Von Armut betroffene Jugendliche, haben nicht nur mit Geldmangel zu kämpfen, sondern vielmehr mit sozialer Armut. Vielfach sind sie allein gelassen, haben niemand, der sich um sie bemüht. Persönliche Zuwendung und Dauerkommunikation sind fehlende Erfahrungen. Darüber hinaus wirkt sich Armut negativ auf die gesundheitliche Entwicklung aus. Armut hat viele Gesichter. Und jeder junge Mensch versucht ganz pragmatisch für sich damit klar zu kommen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit setzt sich für die Verbesserung der Lebenssituation insbesondere benachteiligter Jugendlicher ein. Aus diesem Grund veranstaltete sie letzten Montag (24.11.08) eine Jugendarmutskonferenz, die sich speziell mit den Auswirkungen von Jugendarmut auf andere Lebensbereiche wie Gesundheit, Bildung und Beschäftigung befasste. Im Rahmen der Veranstaltung formulierten Teilnehmer/ -innen aus fachlicher Sicht Empfehlungen an die Politik: Der Ansatz des Forderns ist für die Zielgruppe nicht der richtige Ansatz es bedarf eines engmaschigeren sozialen Netzes, damit das Aufwachsen junger Menschen gelingen kann. Bildungszugänge werden bestimmt durch soziale Herkunft das Schulsystem ist hochselektiv. Um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen, muss diese soziale Selektion und damit das dreigliedrige Schulsystems abgeschafft werden, zu Gunsten eines zwei- oder eingliedrigen. Um Jugendliche adäquat fördern zu können, sind an Schule neben Lehrerinnen und Lehrer andere Professionen notwendig. Flächendeckende Schulsozialarbeit ist sicher zu stellen. Die Rahmenbedingungen von Schule müssen so umgestaltet werden, dass jede Schülerin/ jeder Schüler in der Lage ist, eine Ausbildung absolvieren zu können. Strukturelle Veränderungen sind zu leisten a) in der Aufhebung der Trennung von Bildungs- und Sozialpolitik, b) in der Einführung eines eigenen Regelsatzes für junge Menschen unter 25 Jahren im SGB II, der die Rechte von Jugendlichen im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention ernst nimmt und ihnen einen eigenständigen Rechtsanspruch einräumt c) und in der Schaffung langfristiger Angebote und Maßnahmen, die tatsächliche Hilfeleistung ermöglichen. Beziehungsarbeit ist nicht möglich, wenn Jugendhilfe über 1-Euro-Jobs realisiert wird. Vor allem machte die Konferenz deutlich, dass Gesellschaft sich engagieren muss, um den jungen Menschen eine Zukunft zu bieten. Erlebnis- und Erfahrungsräume sind unabdingbar. Erfahrungsräume in denen Jugendliche positive Selbsterfahrungen machen, erleben, dass sie etwas können und sie wertvoll für diese Gesellschaft sind. Es ist Aufgabe der Gesellschaft die jungen Menschen mit ihren Bedürfnissen, ihrem Hunger nach Lebenswissen und ihrem Recht auf Akzeptanz ernst zu nehmen. Dass die vielfältigen Problemlagen junger, von Armut betroffener, Menschen nicht länger zwischen Fußballergebnissen und Meldungen aus Krisengebieten in den Nachrichten beiläufige Erwähnung finden, ist eine Aufageb der Gesellschaft sowie wie jedes Einzelnen. Es liegt an jedem von uns, dazu beizutragen, Jugendlichen Zukunftschancen zu eröffnen. Der Vorsitzende der BAG KJS, Pater Franz-Ulrich Otto, schloss die Konferenz zutreffend mit den Worten „ Jugendliche müssen sich nicht Respekt verschaffen, sondern wir können ihnen Respekt geben“. “ Anhängend finden Sie die Folienpräsentation des Hauptreferates „Jugendarmut – Ursachen, Folgen, Konsequenzen“ von Prof. Dr. Roland Merten (Uni Jena).
Quelle: BAG KJS
Dokumente: Jugendarmutskonferenz.pdf