Nach der Ausbildung in die Arbeitslosigkeit entlassen?

LEISTUNGSSCHWÄCHERE JUGENDLICHE GEHEN BEI DER STELLENSUCHE HÄUFIG LEER AUS Auch wenn sich der Ausbildungsmarkt im Jahr 2008 vergleichsweise günstig präsentierte, kann von Entwarnung keine Rede sein. Selbst bei der günstigen Situation letztes Jahr gelang es nicht allen Bewerber/-innen um einen Ausbildungsplatz, eine adäquate Stelle zu finden. Und hat man die erste Hürde erst einmal geschafft, ergeben sich für ein Fünftel aller erfolgreichen Ausbildungsabsolventen Schwierigkeiten an der zweiten Stelle, dem Übergang in den Arbeitsmarkt. Was die duale Berufsausbildung leistet, aber auch an welche Grenzen das System stößt, untersuchte Corinna Kleinert und Holger Seibert in einem Forschungsbeitrag des IAB. Auszüge aus dem aktuellen IAB-Kurzbericht „Duale Berufsausbildung – ungelöste Probleme trotz Entspannung: “ In den alten Bundesländern hat die Wirtschaft ihre Ausbildungsleistung in den vergangenen drei Jahren deutlich verbessert. So wurden im Ausbildungsjahr 2008 zum 30. September knapp 502.500 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen … . Das sind etwa 1.600 mehr als im Vorjahr und über 68.000 mehr als im Jahr 2005. … In den neuen Bundesländern war die Zahl der neuen Verträge dagegen rückläufig. Hier wurden im vergangenen Jahr mit knapp 114.000 neuen Verträgen über 11.000 Verträge weniger als 2007 abgeschlossen. Dies ist seit 1995 die niedrigste Zahl an neuen Verträgen überhaupt. In Ostdeutschland sind in diesem Zeitraum vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben überproportional viele Ausbildungsplätze verloren gegangen. … 2008 überstieg in den alten Ländern die Zahl der neuen Ausbildungsverträge erstmals seit 1995 die Zahl der bei der BA gemeldeten Bewerber. In den neuen Ländern lag die Zahl der Bewerber zwar noch immer über der der neuen Verträge, aber dieser „Überhang“ war seit der Wiedervereinigung noch nie so niedrig wie im vergangenen Jahr. Die deutliche Verbesserung des Ausbildungsstellenmarktes ist in den neuen Bundesländern vor allem auf den demografisch bedingten Einbruch der Bewerberzahlen zurückzuführen, da nun die geburtenschwachen „Nachwende“-Kohorten die Schule verlassen. Die Zahl der Bewerber ging 2008 gegenüber dem Vorjahr im Osten um 26 Prozentpunkte zurück, im Westen immerhin um 12 Prozentpunkte. Der Rückgang betraf dabei nicht nur die Jugendlichen, die erst 2008 die Schule verlassen haben, sondern auch die so genannten Altbewerber, die die Schule bereits 2007 oder noch früher verlassen haben. … Ob sich der Ausbildungsstellenmarkt in diesem Jahr weiterhin positiv entwickeln wird, ist höchst fraglich. Vielmehr ist mit der deutlichen Verschlechterung der konjunkturellen Lage eher das Gegenteil zu erwarten. … PASSUNGS- UND INTEGRATIONSPROBLEME BEI DER AUSBILDUNGSSUCHE … Passungsprobleme entstehen in jedem Jahr durch Disparitäten zwischen Angebot und Nachfrage in einzelnen Berufen und in unterschiedlichen Regionen. Dadurch sind etliche Bewerber gezwungen zu pendeln, umzuziehen oder einen Ausbildungsplatz in einem Beruf anzunehmen, den sie sich ursprünglich nicht gewünscht haben. Strukturell noch bedeutsamer sind allerdings die Probleme von leistungsschwächeren Jugendlichen, überhaupt eine Ausbildungsstelle zu finden. Selbst in konjunkturell guten Zeiten gehen sie bei der Lehrstellensuche häufig leer aus. … Zwischen 1992 und 2004 verließen etwa acht Prozent der Schulabgänger im Westen und zwischen acht und zwölf Prozent der Schulabgänger im Osten die Schule ohne Abschluss. Unter den Auszubildenden gab es dagegen jeweils ein Jahr später in beiden Regionen nur verschwindend geringe Anteile ohne Schulabschluss (zwischen 0,5 % und 1,5 %). Ein Schulabschluss ist somit schon seit Beginn der 1990er Jahre die Mindestanforderung für einen Ausbildungsplatz. Der Anteil von Auszubildenden mit Hauptschulabschluss ist in Westdeutschland zwischen 1993 und 2005 um sieben Prozentpunkte zurückgegangen. … In den neuen Ländern schaffte es dagegen ein Teil der Hauptschulabsolventen anscheinend nicht, eine Lehrstelle zu finden. Doch auch hier spiegelt die Entwicklung der Bildungsstruktur von Auszubildenden in erster Linie den Wandel der Zusammensetzung der Schulabgänger wider: Während zu Beginn der 1990er Jahre (wie vorher in der DDR) mittlere Schulabschlüsse dominierten, nahm der Anteil von Abgängern mit Hauptschulabschluss bis Mitte der 1990er Jahre zu. Im Vergleich zu der Entwicklung der Bildungsstruktur von Schulabgängern gelang es im Osten mit der Zeit sogar tendenziell besser, Hauptschulabsolventen mit einer Ausbildung zu versorgen. Dabei ist allerdings die starke Stützung des Ausbildungsmarktes mit außerbetrieblichen Angeboten in dieser Region zu berücksichtigen. … Grundsätzlich scheint das Duale System also noch immer in der Lage zu sein, auch Schulabgänger aus dem unteren Bildungsspektrum in den Ausbildungsmarkt zu integrieren. Dies gilt allerdings nur für erfolgreiche Hauptschulabsolventen, nicht für Jugendliche ohne Schulabschluss. Abgänger aus Hauptschulen können sich zwar im Ausbildungssystem behaupten, benötigen aber – das zeigt die Schulabgängerbefragung des BIBB – in den letzten Jahren immer länger, um einen regulären Ausbildungsplatz zu finden, und durchlaufen davor häufiger Berufsvorbereitungsmaßnahmen. … Oftmals wird in diesem Zusammenhang argumentiert, dass Betriebe ihrer Verantwortung zur Bereitstellung von Ausbildungsplätzen immer weniger nachkommen. Das betriebliche Potenzial für zusätzliche Ausbildungsplätze ist jedoch geringer als oft angenommen, da insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bereits an ihrer Kapazitätsgrenze ausbilden. … RISIKOFAKTOREN NACH DER AUSBILDUNG Einen Ausbildungsplatz zu finden und die Ausbildungsphase erfolgreich abzuschließen, ist eine Sache. Im Anschluss an die Lehrzeit den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu meistern, ist eine andere. … Was aber sind die potenziellen Probleme beim Berufseinstieg? Im Wesentlichen können drei Ereignisse identifiziert werden, die den weiteren Weg im Erwerbsleben beeinflussen: 1. die Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb 2. falls keine Übernahme zustande kommt, Arbeitslosigkeit zwischen Ausbildungsende und Berufseinstieg und 3. das Verlassen des erlernten Berufs. Arbeitslosigkeit nach einer nicht erfolgten betrieblichen Übernahme ist hingegen häufig ein Risikofaktor für den Berufseinstieg und den weiteren Erwerbsverlauf, da die erlernten Fähigkeiten schnell verloren gehen und die Arbeitslosigkeit an sich stigmatisierend wirkt. Ein Berufswechsel kann ebenfalls folgenreich sein, da der deutsche Arbeitsmarkt in hohem Maße beruflich strukturiert ist und den entsprechenden Zertifikaten durch die Arbeitgeber eine große Bedeutung beigemessen wird. Betriebswechsel, Arbeitslosigkeit und Berufswechsel müssen daher nicht zwangsläufig in Risikosituationen münden, häufig tun sie dies aber. Betrachtet man die Berufseinstiege von betrieblichen Ausbildungsabsolventen in den vergangenen 15 Jahren in Westdeutschland, stellt man fest, dass zwischen 61 Prozent (1996) und 69 Prozent (2007) der Absolventen ihren Berufseinstieg im Ausbildungsbetrieb vollzogen haben. Weitere 15 bis Prozent haben zwar den Ausbildungsbetrieb verlassen, aber direkt im Anschluss eine Stelle gefunden. Alle übrigen Ausbildungsabsolventen haben erst nach kürzerer oder längerer Arbeitslosigkeit ihren Berufseinstieg gemeistert. Arbeitslosigkeitsphasen von vier und mehr Monaten häufen sich dabei insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten. … GEWINNER UND VERLIERER … Vom Ausbildungsbetrieb übernommene Absolventen, die im erlernten Berufsfeld tätig sind, stellen den Idealtyp der Normalbiographie dar. Sie bilden sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Ausbildungsabsolventen mit 60 Prozent bzw. 59 Prozent die Mehrheit. Hier verdienten die Männer im Beobachtungszeitraum durchschnittlich zwischen 1.350 und 1.510 Euro brutto pro Monat, die Frauen zwischen 1. 30 und 1.3 0 Euro. Ihnen steht eine kleine Gruppe von Absolventen (6 % der Männer und 3 % der Frauen) zu Seite, die ebenfalls vom Ausbildungsbetrieb übernommen wurde, aber nun in einem anderen Berufsfeld als dem erlernten tätig ist. Gerade die Männer dieses Typs, aber auch die Frauen, verdienen erkennbar mehr als der Idealtyp der Normalbiographie. … Neben diesen beiden Gruppen findet man Absolventen, die nicht vom Ausbildungsbetrieb übernommen wurden. Unter ihnen gibt es drei Gruppen: Erstens sind es diejenigen, die ohne Arbeitslosigkeitsunterbrechung eine Beschäftigung im erlernten Berufsfeld in einem anderen Betrieb finden. … Zweitens gibt es unter den Betriebswechslern diejenigen, die direkt im Anschluss an die Ausbildung den Betrieb und ihr Berufsfeld wechseln. … Schließlich gibt es drittens jene Jugendlichen, die nach der Ausbildung arbeitslos geworden sind. Sowohl die Männer als auch die Frauen aus dieser Gruppe verdienen im ersten Job nach dieser Arbeitslosigkeit deutlich weniger als Absolventen aus den anderen Übergangstypen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Berufseinstieg im erlernten Berufsfeld stattfindet oder nicht. Diese Gruppe kann daher als Verlierer durch Arbeitslosigkeit bezeichnet werden. Insgesamt wird damit deutlich, dass die erzielten Einkommen und Positionen im ersten Job in hohem Maße von den Übergangserfahrungen der jungen Erwachsenen abhängen. … Arbeitslosigkeit nach der Ausbildung erhöht allerdings das Risiko, beim Übergang an der zweiten Schwelle Lohneinbußen hinnehmen zu müssen. FAZIT … Grundsätzlich besitzt das Duale System aber nach wie vor eine vergleichsweise hohe Integrationskraft für niedrig qualifizierte Jugendliche, … Die von der Wirtschaft vielfach beklagte mangelnde Ausbildungsreife von Hauptschülern scheint sich also in der Realität nur teilweise zu bewahrheiten. Zudem können berufsvorbereitende Maßnahmen Hauptschüler für die Ausbildung fit machen. Neben den Integrationsproblemen beim Übergang von der Schule in Ausbildung gibt es aber auch für einen Teil der erfolgreichen Absolventen des Dualen Systems Schwierigkeiten beim Übergang in den Beruf. Sie treten insbesondere dann auf, wenn der direkte Berufseinstieg nicht gelingt und die Absolventen im Anschluss an die Ausbildung arbeitslos werden. … Fast jeder fünfte Ausbildungsabsolvent ist in den vergangenen 15 Jahren in eine solche Situation geraten, in Krisenzeiten sind es sogar noch mehr. Für die Betroffenen gilt es, die Arbeitslosigkeit möglichst rasch zu beenden, denn mit längerer Arbeitslosigkeitsdauer wird es immer schwieriger, noch eine Stelle im erlernten Berufsfeld zu finden. Gelingt dies nicht, wird das Humankapital entwertet, das zuvor in mehreren Jahren Ausbildung aufgebaut wurde. “ Den Bericht des IAB in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem aufgeführten Link oder dem Anhang.

http://www.iab.de/194/section.aspx/Publikation/k090511n01

Quelle: IAB

Dokumente: iab_kb_ungeloeste_Probleme_trotz_Entspannung.pdf

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