Warum Schüler töten

BUCHEMPFEHLUNG Am Ende einer Gewalttat steht fast immer die Frage „Warum?“. So auch bei Amokläufen Jugendlicher oder Schulmassakern. Der amerikanische Psychiater und Psychotherapeut Peter Langmann hat über 20 Jahre Amokläufe an Schulen untersucht. Seine Untersuchungsergebenisse, in die auch unveröffentlichte Gesprächsprotokolle, Schulaufsätze oder Tagebücher eingeflossen sind, werden jetzt in einem Buch veröffentlicht. Die Analysen lassen sich ohne Weiteres auf Geschehnisse in Deutschland übertragen und läßt die Leserin/den Leser am psychischen Innenleben der Täter teilhaben. Neben plausiblen Erklärungen des Phänomens zielt das Buch auf die Verhinderung solcher Schulmassaker ab. Hauptaufgaben des Autors ist zum einen, eine Ursachendebatte zu führen, die weit über die oberflächlichen Erklärungsversuche unmittelbar nach dem Amoklauf hinaus geht, zum anderen, gefährdete Jugendliche zu erkennen, ihnen zu helfen und so hoffentlich das Attentat zu verhindern. Das Buch erscheint im Beltz Verlag und ist zum Preis von 1995 im Buchhandel zu beziehen. Langman, Peter: Amok im Kopf. Warum Schüler töten. 2009 Beltz-Verlag, Weinheim und Basel. ISBN 978-3-407-85887-0 Auszüge aus „Amok im Kopf“: “ SCHUL-AMOKLÄUFER:JENSEITS JOURNALISTISCHER ERKLÄRUNGSVERSUCHE »Wenn wir die Technik der Zeitbomben endlich beherrschen, werden wir Hunderte davon an Häusern, Straßen, Brücken, öffentlichen Gebäuden und Tankstellen anbringen, überall, wo sie großen Schaden und Chaos hervorrufen… Es wird wie bei den Krawallen in Los Angeles, dem Bombenanschlag in Oklahoma, dem 2. Weltkrieg, Vietnam sein … alles zusammen. Vielleicht zetteln wir sogar erst einen kleinen Aufstand oder eine Revolution an, um mal die Sache hier aufzumischen, so gut wir können … Wenn ich und V. durch irgendein Scheißglück überleben sollten, hauen wir auf irgendeine Insel ab oder vielleicht nach Mexiko, Neuseeland oder irgendwohin, wo die Amerikaner uns nicht kriegen können. Wenn es einen solchen Ort nicht gibt, dann entführen wir mit einer Riesenmenge Bomben ein Flugzeug und greifen damit New York an, mit uns drin, und wir schießen los, während wir nach unten sausen. Einfach irgendwas, um so viel Zerstörung wie möglich anzurichten.« Ein Elftklässler Dieses Zitat stammt nicht von einem Al-Qaida-Mitglied oder einer anderen Terrorgruppe. Es wurde von einem Elftklässler an der Columbine High School verfasst – einem Jungen, der aus einer stabilen Familie kam, gute Noten schrieb und die Welt zerstören wollte. Er hieß Eric Harris. Dieses Buch handelt von sogenannten »school shooters«, jugendlichen Amokläufern, die an ihren Schulen ein Blutbad anrichten. Wer sind sie? Was treibt sie um? Wie kommen sie dazu, sich solche ungeheuerlichen Taten überhaupt nur auszudenken? Die Fakten dieser Taten sind leicht zu eruieren– welche Schusswaffen benutzt wurden, wie sie beschafft wurden, wer erschossen wurde und so weiter. Was jedoch in den Medienberichten so gut wie nie vorkommt, ist eine Analyse dessen, was in den Köpfen der jugendlichen Amokläufer vorging und warum sie zu Massenmördern wurden. Nach jedem Amoklauf … wird gebetsmühlenhaft im Fernsehen und in der Bevölkerung immer wieder die gleiche Frage gestellt: Warum tun Menschen so etwas? Dieses Buch unternimmt den Versuch, diese Frage zu beantworten, indem es die Psychologie der jugendlichen Amokläufer untersucht. … * Auf der Suche nach Antworten Es hat viele Erklärungen dafür gegeben, warum Schulmassaker geschehen. Einige beruhen auf wissenschaftlicher Forschung, andere sind kurze, prägnante Äußerungen von Nachrichtensprechern und Journalisten im Gefolge eines solchen Massakers. In den meisten Erklärungen geht es um den Einfluss von Gewaltspielen und Gewaltfilmen, soziale Zurückweisung in der Peergruppe, Depressionen und Selbstmordfantasien, den leichten Zugang zu Schusswaffen, die Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die Folgen von Mobbing und Isolation für Schüler, die in der Schule nicht integriert sind und keine angemessenen sozialen Beziehungen haben. Nach einem Schulmassaker folgt meist eine kurze Zeit ausgedehnter Berichterstattung in den Medien. Ein großer Teil der ersten Informationen, die veröffentlicht werden, sind falsch, und zu der Zeit, da genauere Informationen vorliegen, haben sich die Medien schon wieder anderen Ereignissen zugewendet. … Aus diesem Grunde müssen wir über journalistische Erklärungsversuche hinausgehen und einen sorgfältigeren Blick auf die Faktoren werfen, die für Schul-Amokläufe oft als ursächlich angesehen werden. Schulmasssaker sind zu komplex, als dass man sie einer einzigen Ursache zuschreiben könnte. … Zum Beispiel ist ein oft genannter Faktor bei Schulmassakern der ungehinderte Zugang zu Schusswaffen, zuweilen auch als US-amerikanische »Waffenkultur« bezeichnet. … Doch der Zugang zu Waffen erklärt die Schulmassaker nicht. Es gibt Gegenden in den USA, in denen nahezu in jedem Haus Waffen vorhanden sind. Trotzdem finden dort nicht überproportional viele Mordtaten an Schulen statt. Wenn Schul-Amokläufer auch dort die extreme Ausnahme sind, können ihre Taten also nicht einer speziellen »Waffenkultur« zugerechnet werden. Auch hat man die Einnahme von Psychopharmaka als Ursache von Schulmassakern genannt. … Es trifft zu, dass Eric Harris zur Zeit seines Überfalls an der Columbine High School ein Antidepressivum namens Luvox einnahm. Wenn man Erics Tagebuch liest, wird jedoch klar, dass er die Idee zu seiner Tat bereits hatte, als er an Luvox noch gar nicht dachte. Und im Tagebuch von Dylan Klebold, Erics Mittäter, findet man Hinweise auf den Mordplan, Monate bevor Eric überhaupt ein Medikament einnahm. … Medikamente sind für einen Mord keine Voraussetzung, abgrundtiefe Wut genügt. Und Eric war voller Wut. … Die meisten Schul-Amokläufer, die wir in diesem Buch untersuchen werden, haben keine Psychopharmaka eingenommen. Ihre Gewalttaten lassen sich als Ergebnis ihrer Persönlichkeit und Lebensgeschichte verstehen. … Ein weiterer Faktor, der für Schulmassaker ins Feld geführt wird, ist das Ausmaß, in dem die Täter ihrer Schule entfremdet sind. Die Täter gelten oft als Schüler, die als Außenseiter vom Schulleben ausgeschlossen sind. Dieses Bild ist irreführend. … das Bild von Schul-Amokläufern als isolierten Schülern, die keinen Kontakt zu ihrer Schule hatten, trifft nicht zu. Viele haben im Unterricht engagiert mitgearbeitet und an Aktivitäten außerhalb des Lehrplans teilgenommen. Gewalt im Fernsehen, in Filmen, Videos, Computerspielen und Büchern wird ebenfalls oft als Ursache für Schulmassaker angesehen. … Die Gewalt in den Medien kann Schulmassaker nicht hinreichend erklären, weil die große Mehrheit der Menschen, die Gewalt in den Medien sehen, keine Mörder werden. “ Die Information wurde freundlicherweise vom Beltz-Verlag zur Verfügung gestellt.

http://www.beltz.de

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