Etikettenschwindel statt tatsächlicher Inklusion? Empfehlungen der KMK zur inklusiven Bildung

„Der Entwurf der Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) zur inklusiven Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen entspricht nicht den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention“, betonte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe. Der Behindertenbeauftragte kritisiert die KMK Empfehlungen, sie zementierten das in Deutschland vorherrschende Förderschulsystem. Eine ‚inklusive Schule‘ bedeute gemeinsamen Unterricht von Anfang an, verdeutlicht Hüppe. Er befürchtet einen Etikettenschwindel, unter dem das derzeitige Förderschulsystem als inklusiv verkauft werden soll. Damit würde nicht nur den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention widersprochen, sondern auch unzählige Menschen enttäuscht, die sich angesichts der Konvention berechtigte Hoffnungen auf mehr Chancengleichheit machen.

Auch die Monitoringstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention kritisiert die aktuellen Pläne der KMK zur inklusiven Bildung. „Die Papiere spiegeln die verbindliche Richtungsentscheidung der UN-Behindertenrechtskonvention für ein inklusives Bildungssystem nicht wider“, erklärte Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle. Zwei Jahre nach Inkrafttreten der Konvention in Deutschland seien entschlossene systematische Anstrengungen in den Bundesländern notwendig, um die Trennung von behinderten und nicht behinderten Kindern im Unterricht strukturell zu überwinden. An dem Ansatz der separierenden Förder- oder Sonderschule weiter festzuhalten, sei mit der Konvention nicht vereinbar, so der Menschenrechtsexperte. „In allen Bundesländern sind im schulischen Bereich enorme strukturelle Anstrengungen auf allen Handlungsebenen wie beispielsweise Recht, Schulorganisation, Aus- und Fortbildung, Ressourcenverteilung erforderlich, um das Recht auf inklusive Bildung mittel- und langfristig erfolgreich umzusetzen“, erklärte Aichele. Die Bundesländer seien zudem in der Pflicht, bereits kurzfristig, spätestens ab dem Schuljahr 2011/2012, das individuelle Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu einem sinnvollen wohnortnahen Bildungsangebot an einer Regelschule praktisch einzulösen.

In Deutschland werden derzeit nur etwa 18 % der Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen unterrichtet. Die übrigen Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen besuchen Förder- und Sonderschulen. In vielen europäischen Ländern werden höhere Quoten von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen auf Regelschulen erreicht, teilweise liegt der Anteil über 80 %. „

Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, eingerichtet im unabhängigen Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin, hat gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Sinne der Konvention zu fördern und zu schützen sowie die Umsetzung der UN-BRK in Deutschland konstruktiv wie kritisch zu begleiten.

www.kmk.org/bildung-schule/allgemeine-bildung/sonderpaedagogische-foerderung.html
www.institut-fuer-menschenrechte.de
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/de/monitoring-stelle.html

Quelle: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen; Institut für Menschenrechte

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