Wie ausbildungsreif sind Betriebe und Unternehmen?

Auszüge aus den wichtigsten Ergebnissen des DGB-Ausbildungsreports 2012:

„Die wichtigsten Zahlen: ## 72,5 % der Auszubildenden sind mit ihrer Ausbildung zufrieden
##10,8% der Auszubildenden müssen „häufig“ oder „immer“ ausbildungsfremde Tätigkeiten ausüben
##8,2% der Auszubildenden haben keine/-n Ausbilder/-in an ihrer Ausbildungsstelle
##13,2% der Auszubildenden bekommen von ihrem/ihrer Ausbilder/-in Arbeitsvorgänge „selten“ oder „nie“ erklärt
##13% der Befragten haben schon einmal eine Ausbildung abgebrochen und wieder eine neue Ausbildung begonnen…

Die Gesamtqualität
Branche
Für die Ausbildungsqualität spielt neben der individuellen Situation im Betrieb die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe bzw. zur jeweiligen Branche eine entscheidende Rolle. Dies zeigen … die Ergebnisse des Ausbildungsreports 2012. Wie bereits im Vorjahr belegen die angehenden Bankkaufleute in diesem Jahr den Spitzenplatz. Die positive Bewertung dieser Ausbildung ist auf durchweg sehr gute Beurteilungen hinsichtlich aller Fragestellungen zurückzuführen. Auch die Auszubildenden in der Industriemechanik belegen in diesem Jahr weiterhin den zweiten Platz. Sie festigen damit ihren Ruf, die modernen Industrieberufe der Metall- und Elektrobranche zu repräsentieren. … Den dritten Rang nehmen … die Mechatronik-Auszubildenden ein. Auf dem vierten Rang sind die Industriekaufleute zu finden, die in der persönlichen Beurteilung ihres Berufes den dritten Platz belegen. Gegenüber dem Vorjahr um einen Platz auf den fünften Rang verbessert haben sich die angehenden Fachinformatiker/-innen.

Unverändert mit großen Problemen sehen sich viele Auszubildende im Hotel- und Gaststättenbereich konfrontiert. Angehende Köchinnen und Köche sind auf dem 20. Rang zu finden. Hotel- und Restaurantfachleute belegen die Plätze 23 bzw. 25. … Eine schlechte fachliche Anleitung, permanent viele Überstunden, ein oftmals rauer Ton und der Eindruck ausgenutzt zu werden, bestimmen bei vielen Auszubildenden in dieser Branche den Arbeitsalltag und führen zu einem Gefühl der Enttäuschung. Die in aller Regel noch jugendlichen Auszubildenden sind dem enormen Druck von Ausbilderinnen und Ausbildern sowie Kundinnen und Kunden teilweise rücksichtslos ausgesetzt. Wenige vermittelte Ausbildungsinhalte, dafür aber eine hohe Arbeitsintensität führen bei so manchen zu körperlichen und geistigen Erschöpfungszuständen.

Betriebsgröße
Nach wie vor spielt die Firmengröße bei der Bewertung der Ausbildungsqualität eine zentrale Rolle. Wie bereits in den letzten Jahren heben sich die Großbetriebe in punkto Ausbildungsqualität deutlich ab. … So werden die Auszubildenden außerhalb von Großbetrieben oftmals direkt in die Arbeitsabläufe mit eingebunden und arbeiten früher eigenverantwortlich. Dies kann zu erhöhtem Druck seitens der Vorgesetzten und zu einer höheren Zahl an Überstunden führen. …

Ausbildungszufriedenheit
Der Großteil der Auszubildenden (72,5 Prozent) ist mit seiner Ausbildung »zufrieden« oder sogar »sehr zufrieden«. Das ist erfreulich, kann aber nicht über die bestehenden Probleme vieler Auszubildender hinwegsehen lassen. Der Ausbildungsreport 2012 zeigt deutlich auf, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ausbildungszufriedenheit und den relevanten Kriterien zur Bestimmung der Ausbildungsqualität gibt: korrekte Behandlung durch Ausbilder/-innen, Überstunden, das häufige Verrichten ausbildungsfremder Tätigkeiten oder auch die Perspektive auf Übernahme. Eine wichtige Rolle bei der Ausbildungszufriedenheit spielt auch die Existenz einer Interessenvertretung im Betrieb. Auszubildende, in deren Betrieben es eine betriebliche Interessenvertretung gibt, sind deutlich zufriedener als jene, die mit ihren Problemen im Betrieb allein fertig werden müssen. …

Geschlechtsspezifische Unterschiede
… Es zeigt sich, dass nach wie vor ein Großteil der handwerklichen und technischen Ausbildungsberufe männlich geprägt ist, während sich die eindeutig weiblich geprägten Berufe vor allem im Dienstleistungsbereich finden. Im kaufmännischen Bereich bestehen zwar zwischen den einzelnen Berufen ebenfalls deutliche geschlechtsspezifische Schwerpunkte, diese sind jedoch insgesamt weniger stark ausgeprägt. …

Deutlicher als individuelle Unterschiede, wenn auch in einigen Bereichen weniger stark ausgeprägt als in den Vorjahren, erweisen sich hingegen die strukturellen Unterschiede zwischen männlich bzw. weiblich dominierten Berufsgruppen. So ist mit Blick auf das Thema Überstunden eine Annäherung zwischen den Berufsgruppen festzustellen. … Weiterhin deutliche Unterschiede sind hingegen bei der Regelung des Überstundenausgleichs auszumachen. Bei drei Viertel der Auszubildenden in den überwiegend von Männern favorisierten Berufen werden die Überstunden mit Freizeit ausgeglichen oder die mehr geleistete Arbeit bezahlt, in den überwiegend weiblich geprägten Berufen trifft dies nach wie vor nur für knapp 60 Prozent der Auszubildenden zu. …

Auch bei der Zahl der Urlaubstage scheinen weibliche Auszubildende aufgrund ihrer Berufswahl benachteiligt zu sein. So haben Auszubildende in den männlich dominierten Ausbildungsberufen durchschnittlich 27,5 Tage Urlaub gegenüber nur 25,5 Tagen in den von Frauen bevorzugten Berufen. Es ist daher wenig verwunderlich, dass die Auszubildenden in den weiblich geprägten Berufen mehr Probleme damit haben, nach der Arbeit »abzuschalten« und sich in ihrer Freizeit zu erholen. Während in den männlich geprägten Berufen lediglich 17,4 Prozent der Befragten angeben, »immer« oder »meistens« Probleme damit zu haben, sich nach der Arbeit zu erholen, liegt dieser Wert bei von Frauen bevorzugten Berufen mit 31,1 Prozent immer noch fast doppelt so hoch. …

Schlussfolgerungen
Ausbildungsplatzgarantie
Trotz aller »Entspannungen« auf dem Ausbildungsmarkt gibt bundesweit betrachtet nach wie vor nicht für jede/-n Interessierte/-n einen Ausbildungsplatz. Von einem auswahlfähigen Angebot kann mit Ausnahme weniger Regionen ebenfalls noch lange nicht gesprochen werden. Allein im letzten Jahr kamen wieder knapp 300.000 junge Menschen in Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems, das in seiner Vielzahl der Maßnahmen allerdings kein System darstellt und für die Betroffenen nur selten einen Übergang in Ausbildung schafft. Die DGB-Jugend fordert daher für alle Ausbildungsinteressierten eine Ausbildungsplatzgarantie. Die absolute Priorität müssen dabei betriebliche Ausbildungsplätze haben. Wo dies nicht möglich ist, müssen außerbetriebliche Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt werden, um unnötige Warteschleifen für die jungen Menschen zu vermeiden. …

Einhalten der gesetzlichen Regelungen und Verordnungen
Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist es leider nicht. Seit nunmehr sieben Jahren zeigt der Ausbildungsreport, dass es konstante und scheinbar gleichbleibende Probleme in der Ausbildung gibt, die oftmals ihre Ursache in dem Verstoß gegenüber klaren gesetzlichen Regelungen haben. Egal ob Jugendarbeitsschutzgesetz, Berufsbildungsgesetz oder Arbeitszeitgesetz, für viele Auszubildende bestimmter Branchen gehört die Nichteinhaltung der bestehenden Gesetze und Verordnungen zum Alltag. Dies kann zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen und das Erreichen der Ausbildungsziele gefährden.
Die DGB-Jugend fordert daher nachdrücklich, aktiv gegen Verstöße und die Nichteinhaltung gesetzlicher Regelungen und Verordnungen vorzugehen. In gravierenden Fällen darf dabei auch nicht vor Sanktionen zurückgeschreckt werden. Für eine nachhaltige Überprüfung sind regelmäßige Kontrollen der Betriebe notwendig. Wenn die zuständigen Stellen und die Kammern aufgrund ihrer Doppelfunktion dieser Kontrollfunktion nicht nachkommen können, müssen dringend unabhängige Stellen geschaffen werden. …

Keine Schmalspurausbildungen
Zu einer guten Ausbildung gehört es, ausreichend Zeit zum Lernen der Inhalte zu haben. Die Diskussion über Modularisierungen von Ausbildung, die Einführung von zweijährigen Aus bildungen oder auch die Verkürzungen von 3,5 auf dreijährige Ausbildungen konterkarieren diesen Anspruch. Jugendliche mit Lernschwierigkeiten brauchen nicht weniger Zeit für eine Ausbildung, sondern die Möglichkeit zur Verlängerung. Die DGB-Jugend fordert daher die Abschaffung von Schmalspurausbildungen und verkürzten Ausbildungsgängen. Stattdessen ist zu gewährleisten, dass jede/-r Auszubildende eine qualitativ gute und nachhaltig berufsqualifizierende Ausbildung bekommt. Für lernschwächere Jugendliche soll die Möglichkeit ausgebaut werden, die Ausbildung verlängern zu können und Unterstützungsleistungen, wie z. B. ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch nehmen zu können. … “

http://www.dgb.de/presse/++co++e19780d4-fbd9-11e1-ace1-00188b4dc422/@@index.html

Quelle: DGB Bundesvorstand

Dokumente: Ausbildungsreport_2012.pdf

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