Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage Überprüfung der Sondersanktionen für U25:
„… Wie hoch ist der jährliche Bestand von Leistungsberechtigten, von Leistungsberechtigten unter 25 Jahren, von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahren im Rechtskreis des SGB II in den Jahren 2007 bis 2013 mit mindestens einer Sanktion … ?
Antwort: In der Berichterstattung der Statistik der BA werden nur Sanktionen gegenüber erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgewiesen. Im Jahr 2013 betrug der jahresdurchschnittliche Bestand an erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Sanktion rund 147.000, davon waren rund 37.000 oder 25 Prozent unter 25 Jahren. …
Wie hoch ist die jährliche Anzahl der von neu festgelegten Sanktionen Betroffenen in den Jahren 2007 bis 2013 … insgesamt, der unter 25-jährigen Personen, der unter 25-jährigen Personen mit Totalsanktionen, der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, der unter 25-jährigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Totalsanktionen, der unter 25-jährigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten?
Antwort: zu neu festgelegten Sanktionen auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte beschränkt. Im Jahr 2013 wurden laut Statistik der BA insgesamt rund 1,01 Millionen neue Sanktionen ausgesprochen, mit 72 Prozent waren Meldeversäumnisse der häufigste Grund. Eine weitere Unterscheidung nach Alter ist bei den Sanktionsgründen nicht möglich. Der in der Frage verwendete Begriff der Totalsanktion ist im SGB II nicht definiert. Informationen zu in der Statistik als so genannte vollsanktioniert erfasste Personen können nur in der Bestandsstatistik ausgewiesen werden (vgl. Antwort zu Frage 4). Als vollsanktionierte Personen werden in der Statistik der BA die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten identifiziert, bei denen die Sanktion den laufenden Leistungsanspruch übersteigt. …
Wie hoch ist der jährliche Anteil der unter 25-Jährigen mit Totalsanktionen, welche einen Antrag auf ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen nach § 31a Absatz 3 SGB II gestellt haben sowie darunter der Anteil derjenigen, deren Antrag bewilligt wurde …?
Antwort: Im Jahresdurchschnitt 2013 gab es im Bestand rund 8.900 so genannte vollsanktionierte Personen, davon waren rund 5.000 oder 56 Prozent unter 25 Jahren. Informationen über Anträge nach § 31a Absatz 3 SGB II dieses Personenkreises liegen nicht vor. …
Wie begründet die Bundesregierung das schärfere Sanktionsinstrumentarium des SGB II für Leistungsberechtigte unter 25 Jahren hinsichtlich seiner Zielsetzung, hinsichtlich des verfassungsmäßig gebotenen Gleichbehandlungsgrundsatzes, hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz?
Antwort: Nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD will die Bundesregierung die weitgehende Sanktionierungsregelung und -praxis im SGB II für unter 25-Jährige auf ihre Wirkung und möglichen Anpassungsbedarf hin überprüfen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Wie begründet die Bundesregierung die Beschränkung der Möglichkeit der Verkürzung der Dauer der Sanktionen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahren auf die Höhe der Bedarfe (§ 31b Absatz 1 Satz 4 SGB II) unter Ausschluss der Leistungen für Unterkunft und Heizung?
Antwort: Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden in der ersten Minderungsstufe die Leistungen für Unterkunft und Heizung weiter erbracht. Im Falle weiterer Sanktionen gegenüber diesen Personen greift die Bestimmung des § 31a Absatz 2 Satz 2 SGB II, wonach das Arbeitslosengeld II vollständig entfällt. Erklären sich diese Personen jedoch nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann der Träger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ab diesem Zeitpunkt wieder die für die Bedarfe nach § 22 SGB II zu erbringenden Leistungen gewähren, § 31a Absatz 2 Satz 4 SGB II. An die Stelle der Möglichkeit der Verkürzung des Minderungszeitraumes auf sechs Wochen nach § 31b Absatz 1 Satz 4 SGB II tritt also die im Einzelfall für den Leistungsberechtigten günstigere gesetzliche Möglichkeit, die Leistungen für Unterkunft und Heizung ab sofort wieder in vollem Umfang zu erbringen. …
Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die gegenwärtige Sanktionspraxis für Leistungsberechtigte unter 25 Jahren ihren ursprünglich intendierten Zweck erfüllt?
Antwort: … Die „Sanktionspraxis“ hat ihre Funktion im Eingliederungsprozess. Nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD will die Bundesregierung die weitgehende Sanktionierungsregelung und -praxis im SGB II für unter 25-Jährige auf ihre Wirkung und möglichen Anpassungsbedarf hin überprüfen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Teilt die Bundesregierung die von Fachleuten geäußerte Sorge, dass infolge häufigerer und intensiverer Sanktionen für unter 25-jährige Leistungsberechtigte die Gefahr besteht, dass sich im Vergleich zu über 25-Jährigen damit das Risiko eines vorübergehenden oder dauerhaften Kontaktabbruchs und/oder einer Betätigung im kriminellen Bereich (inklusive Schwarzarbeit) und/oder von Verschuldung und/oder von Obdachlosigkeit und/oder des Verlustes des Krankenversicherungsschutzes bzw. des Zugangs zur medizinischen Grundversorgung und/oder einer Verschlechterung der Teilhabechancen am Arbeitsmarkt insgesamt erhöhen kann?
Anwort: Der Bundesregierung liegen keine repräsentativen Erkenntnisse darüber vor, ob bzw. ggf. in welchem Ausmaß Jugendliche in Folge von Sanktionen in Schwarzarbeit, Gelegenheitsjobs oder Kleinkriminalität „abtauchen“. Nach Ansicht der Bundesregierung ist es nicht angemessen, einzelne Fälle ohne Berücksichtigung des jeweils spezifischen Hintergrundes zu verallgemeinern.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Betroffenen auch während einer Sanktion Anspruch auf umfassende Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit und die Träger weiterhin die Verpflichtung haben, alle für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen Leistungen zu erbringen. Dabei ist auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) entscheidend.
Auch hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes teilt die Bundesregierung die Sorge der Fragesteller nicht. Hierzu wird auf die umfänglichen Erläuterungen im Rahmen der Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zu TOP 3 „Vorhaben der Bundesregierung zur Reform der Sanktionen bei Hartz IV und in der Sozialhilfe – Konsequenzen aus der Petition Sanktionen abschaffen“ in der 9. Sitzung am 2. April 2014 verwiesen. “
Quelle: hib Nr. 284 vom 30.05.2014
Dokumente: Sanktionen_im_SGB_II_bi_U25_1801404.pdf