Kann die Ausbildungsgarantie in Österreich ein Vorbild für Deutschland sein?

Vor dem Hintergrund unbesetzter Ausbildungsstellen und zunehmender Zahlen unversorgter Bewerberinnen und Bewerber wird in Deutschland immer wieder eine Ausbildungsgarantie gefordert. Das österreichische Modell einer Ausbildungsgarantie wird dabei häufig als Vorbild angeführt. Taugt es als solches? Dieser Frage ging eine Fachkräfteinformationsreise auf den Grund. Das Modell der Ausbildungsgarantie in Österreich sollte besser kennen gelernt werden.

Naemi Härle, Projektmanagerin im Projekt „Chance Ausbildung“ der Bertelsmann Stiftung war Teil der Expedition. Im Blog Aus- und Weiterbildung berichtet sie von ihren Eindrücken:
„… Berufliche Ausbildung in Österreich
Wie auch in Deutschland erfolgt berufliche Ausbildung „dual“, also als Kombination zweier Lernorte: der Ausbildung im Betrieb und an der Berufsschule. Die österreichischen Auszubildenden verbringen jedoch mehr Zeit im Betrieb (etwa 80%) als in der Berufsschule (etwa 20%). Der Zugang zur Lehre ist bis auf die absolvierte neunjährige Schulpflicht in Österreich an keine formalen Voraussetzungen geknüpft. Auch der Nachweis eines Schulabschlusses oder einer anderen Qualifikation ist nicht nötig. … Doch auch wenn es in beiden Ländern formal möglich ist, eine Ausbildung mit einem niedrigen oder gar ohne Schulabschluss zu beginnen, findet in der Praxis längst nicht jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz.

Die Ausbildungsgarantie als Fallschirm
Auf dem Höhepunkt der Lehrstellenkrise 1998 wurde in Österreich als Reaktion darauf eine überbetriebliche Form der dualen Ausbildung eingerichtet. Diese sogenannte „ÜBA“ (Überbetriebliche Ausbildung) bildet den Kern der österreichischen Ausbildungsgarantie: Jedem Jugendlichen, der beim Arbeitsmarktservice Österreich gemeldet ist, und dem es nicht gelungen ist, einen betrieblichen Ausbildungsplatz – … – zu finden, wird ein überbetrieblicher Ausbildungsplatz angeboten.

Die ÜBA ist im österreichischen Berufsausbildungsgesetz verankert und ermöglicht es, einen Ausbildungsberuf in einer Lehrwerkstätte und der Berufsschule zu erlernen. Finanziert wird die ÜBA aus öffentlichen Mitteln. Es wird zwischen zwei Formen der überbetrieblichen Ausbildung unterschieden: ## In der ÜBA 1 werden die Jugendlichen bei einem Bildungsträger als Auszubildende angestellt. In diesem können die Jugendlichen ihre gesamte Lehrzeit absolvieren. …
## In der ÜBA 2 haben die Jugendlichen dagegen nur für das erste Lehrjahr einen Ausbildungsvertrag bei einem Weiterbildungsträger. Die berufspraktische Ausbildung findet bei einem Partnerunternehmen in der Wirtschaft und nicht in der Ausbildungseinrichtung des Trägers statt. Die Übernahme durch den Betrieb muss spätestens ab dem zweiten Lehrjahr erfolgen. …
Hoher politischer Wille als Basis
Die Ähnlichkeiten zu der BaE (Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen) in Deutschland sind offensichtlich. Die Instrumente, die in Österreich zum Einsatz kommen, sind also mehr oder weniger auch in Deutschland vorhanden. Insofern sind die Unterschiede in den beiden Systemen kleiner, als erwartet. … Aber der Wille und die Überzeugung machten den Unterschied. Denn auch wenn die Ausbildungsgarantie über die ÜBA im Berufsausbildungsgesetz verankert ist, ist sie weniger ein Rechtsanspruch als ein politisches Bekenntnis. An dieser gesellschaftlichen Übereinkunft sind sowohl Akteure aus der Politik und den Verbänden als auch der Wirtschaft beteiligt. … Wichtig ist ein klares politisches Bekenntnis dazu, dass wirklich jeder Jugendliche die Chance auf Ausbildung bekommt und dies dann auch konsequent umgesetzt wird. Die ersten Erfahrungen mit dem Hamburger Ausbildungsmodell zeigen, dass dies auch in Deutschland möglich ist.“

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Quelle: Blog Aus- und Weiterbildung

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