Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) hat in Bezug auf den Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht des Bundesministeriums des Innern in einer Stellungnahme bestehenden Bedenken näher ausgeführt. Der Kabinettsentwurf hat Teile dieser Kritik aufgegriffen. Es bestehen allerdings weiterhin erhebliche Bedenken in Bezug auf die Folgen der anvisierten Regelungen für das Leben von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland u.a. zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen.
Ausweitung der Pflicht zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen (§ 47 Abs. 1b AsylG – E)
Der Kabinettsentwurf sieht nun eine Einschränkung der Personengruppe vor, die über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus zum Verbleib in einer Aufnahmeeinrichtung verpflichtet werden kann. Danach betrifft diese Verpflichtung Personen, deren Asylanträge als „offensichtlich unbegründet“ oder „unzulässig“ abgelehnt wurden. Eine zeitliche Obergrenze der maximal zulässigen Verbleibenspflicht ist für die betroffenen Familien allerdings nach wie vor nicht vorgesehen.
Die größte potentiell betroffene Gruppe sind Familien im Dublin-Verfahren, da ihre Anträge als „unzulässig“ abgelehnt werden. Bei Dublin-Verfahren kommt es allerdings häufig zu monate- oder jahrelangen Klageverfahren, weil zum Teil langfristige Überstellungshindernisse bestehen. Kinder und Jugendliche, die mit ihren Eltern über einen anderen EU-Staat eingereist sind, droht deshalb eine dauerhafte Verbleibenspflicht in der Aufnahmeeinrichtung – obwohl die geringen Überstellungsquoten, insbesondere bei Familien, zeigen, dass ein erheblicher Teil letztendlich auf Dauer in Deutschland verbleibt.
Auch Familien deren Verfahren als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden, leben oft mit sogenannten „Kettenduldungen“ langfristig in Deutschland, da die Herkunftsländer sie nicht aufnehmen oder humanitäre Gründe einer Abschiebung entgegenstehen.
Zahlreiche Familien mit Kindern könnten so über viele Monate oder gar Jahre hinweg zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen verpflichtet und an ihrer Integration gehindert werden. Eine kindgerechte Entwicklung kann in solchen Einrichtungen oft nicht stattfinden. Kinder und Jugendliche sind in diesen Einrichtungen, erheblichen Einschränkungen und Gefährdungen ausgesetzt und von gesellschaftlicher Teilhabe weitgehend ausgeschlossen.
Sie sind zudem meist vom Regelschulbesuch ausgeschlossen und dürfen keine betriebliche Berufsausbildung beginnen.
Der BumF fordert daher § 47 Abs. 1b AsylG – E ersatzlos zu streichen. Zumindest sollte jedoch geregelt werden, dass Familien mit Kindern von der Pflicht zum Verbleib in Aufnahmeeinrichtungen ausgenommen sind.“
Quelle: BumF
Dokumente: 2017_03_10_Stellungnahme_Fortsetzung_Durchsetzung_der_Ausreisepflicht.pdf