Beschäftigungszuschuss im SGB II: Ein Instrument als Ultima Ratio?

Mit dem Beschäftigungszuschuss (BEZ) nach § 16e SGB II wurde im Jahr 2007 erstmals in der aktiven Arbeitsmarktpolitik ein Instrument für Langzeitarbeitslose eingeführt, das die unbefristete Förderung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vorsieht. Daher kommt der Teilnehmerauswahl hier noch mehr als bei anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten eine besondere Bedeutung zu. Das IAB hat gemeinsam mit Kooperationspartnern im Auftrag des BMAS untersucht, welche Personen bis Ende 2008 für die Förderung mit dem BEZ ausgewählt wurden.

Auszüge aus dem Bericht des IAB von Susanne Koch, Michael Kvasnicka und Joachim Wolff:
“ Bereits kurz nach dem Start des SGB II wurde aus Praxis und Politik die Forderung laut, für die arbeitsmarktfernsten unter den Arbeitslosengeld(ALG)-II-Beziehern eigene Instrumente zu schaffen. So wurde schon früh über die Möglichkeit einer unbefristeten Beschäftigungsförderung debattiert und schließlich im Rahmen der „JobPerspektive“ der Großen Koalition zum 1. Oktober 2007 der Beschäftigungszuschuss eingeführt. Er soll für Personen, die auf
dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance (mehr) haben, die gesellschaftliche Teilhabe über eine geförderte Erwerbstätigkeit verbessern. Die Integration in ungeförderte Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt ist damit erklärtermaßen nicht Ziel des Beschäftigungszuschusses.

Die Beschäftigung von besonders arbeitsmarktfernen Personen kann mit bis zu 75 Prozent der Lohnkosten gefördert werden. Dieser Minderleistungsausgleich wird den Trägern arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ebenso gewährt wie gewerblichen Arbeitgebern. Der Gesetzgeber sieht vor, dass nur langzeitarbeitslose Personen mit mindestens zwei weiteren Vermittlungshemmnissen überhaupt für die Förderung mit dem BEZ infrage kommen. Zudem müssen sie vorher intensiv aktiviert worden sein. …

Angesichts der Zielsetzung des Beschäftigungszuschusses ist es eine zentrale Frage, ob tatsächlich diejenigen unter den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gefördert werden, die kaum noch Chancen auf eine reguläre Beschäftigung haben. … Dazu wurden zwei Kohorten von Eintritten in die BEZ-Förderung analysiert. Eine Kohorte umfasst Eintritte im ersten halben Jahr nach der Einführung des BEZ, also bis einschließlich März 2008. In der zweiten Kohorte sind die Zugänge von April bis September 2008 enthalten. … Vergleicht man zunächst die beiden Kohorten der BEZ-Geförderten untereinander, so unterscheiden sich die Strukturen kaum.

In der ersten Kohorte erfolgte mit rund 60 Prozent die Mehrheit der Eintritte in Westdeutschland. Die Geförderten waren deutlich häufiger
Männer (62 %), 90 Prozent hatten die deutsche Staatsangehörigkeit. 45 Prozent aller Zugänge war 50 Jahre oder älter, weniger als 2 Prozent jünger als 25 Jahre … . Rund die Hälfte aller Zugänge in der Förderphase lebte am Stichtag (30.9.2007) allein, jede/r Fünfte verfügte über keinen Schulabschluss und jede/r Vierte hatte eine gesundheitliche Einschränkung mit Auswirkungen auf die Vermittlung. … Die zweite Eintrittskohorte unterscheidet sich von der ersten vor allem dadurch, dass das Geschlechterungleichgewicht in der Förderung noch zugenommen hat. …

Hinsichtlich der Frage, ob die BEZ-Förderung die „richtigen“ Personen erreicht, ist der Vergleich der Geförderten mit Nicht-Geförderten aufschlussreich. In der Gegenüberstellung dieser beiden Gruppen lassen
sich einige statistisch signifikante Unterschiede erkennen. So ist der Anteil der Älteren … bei den Geförderten doppelt so hoch wie
bei den Ungeförderten. Auch finden sich Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Behinderungen häufiger unter den Geförderten. Wider Erwarten ist jedoch der Anteil der Personen ohne Schulabschluss unter den Geförderten geringer. …

Nicht überraschend – … – ist, dass der Anteil der Geförderten ohne Schulabschluss in Ostdeutschland wesentlich geringer ist als im
Westen. Vor allem aber ist bei den Geförderten in Ostdeutschland der Anteil von Personen, die über einen mittleren Bildungsabschluss (Mittlere Reife) verfügen, dreimal höher als im Westen. …

Mit der Einführung des Beschäftigungszuschusses war die Idee verbunden, ein zusätzliches Instrument vor allem für diejenigen Bezieher von ALG II bereitzustellen, die nahezu keine Chancen auf Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt haben. … Die BEZ-Geförderten des ersten Förderjahres gehören im Durchschnitt auch unter den ALG-II-Beziehern zu den Arbeitsmarktferneren – zumindest nach den meisten der statistisch abbildbaren Merkmalen: Sie haben überwiegend sehr lange Leistungsbezugshistorien sowie einen deutlich höheren Anteil von Älteren und Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Daran hat auch die Öffnung der Förderung für erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten zum 1. April 2008 nichts Wesentliches geändert.

Im Detail gibt es aber einige Hinweise darauf, dass nur ein Teil der Geförderten tatsächlich auf Dauer keine Chancen mehr auf eine reguläre Beschäftigung haben. So sind die geförderten Frauen im Durchschnitt hinsichtlich der meisten Merkmale etwas arbeitsmarktnäher als geförderte Männer und der Anteil Alleinerziehender unter den geförderten Frauen ist auffällig hoch.

Ob dies – ebenso wie die etwas größere Arbeitsmarktnähe der ostdeutschen im Vergleich zu den westdeutschen Geförderten – auf eine mangelnde Zielgenauigkeit des Instrumenteneinsatzes hindeutet oder andere Gründe hat, und welche Umsetzungsempfehlungen sich daraus ableiten, wird Gegenstand weiterer Analysen sein. …

Es bleibt das Fazit, dass sich gerade für die arbeitsmarktfernere Klientel des SGB II die Akquise von geeigneten BEZ-Plätzen bei privaten
Arbeitgebern als mühsam erweist. Nur etwa ein Drittel aller Förderfälle sind bisher dort angesiedelt, während der weit überwiegende Teil bei Beschäftigungsträgern verortet ist. Bei letzteren werden im Wesentlichen dieselben Tätigkeitsschwerpunkte gesetzt wie bei der Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten. Ob dies mit der Tatsache zusammenhängt, dass ein erheblicher Teil der BEZ-Geförderten vor Maßnahmebeginn eine Arbeitsgelegenheit absolviert hat, wird ebenfalls noch zu untersuchen sein.“

Den IAB-Kurzbericht in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link oder dem Anhang.

http://doku.iab.de/kurzber/2010/kb0210.pdf

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Dokumente: kbBeschaeftigungszuschuss.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content