NEUAUSRICHTUNG ARBEITSMARKTPOLITISCHER INSTRUMENTE SOLL ZIELSTEUERUNG DER ARBEITSFÖRDERUNG NEU GESTALTEN Am 29.04.2008 legte der Bundesrechnungshof erneut einen Bericht über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende … vor. In dem Bericht kommt der Bundesrechnungshof zu dem Schluss, dass die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (so genannte Ein-Euro-Jobs) kein geeignetes arbeitsmarktpolitisches Instrument darstellen, um Erwerbslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Vielmehr wären bei drei von vier geförderten Bezieher/innen von Grundsicherung gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch keine messbaren Integrationsfortschritte zu verzeichnen. Weiterhin heißt es in dem Bericht, dass bei zwei Drittel der geprüften Arbeitsgelegenheiten mindestens eine Fördervoraussetzung nicht erfüllt wäre und die so genannten Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsverhältnisse verdrängen würden. … Der Bundesrechnungshof ist außerdem der Ansicht, dass die Qualität der Vermittlungstätigkeit und des Fallmanagements der Grundsicherungsstelle auch im Dritten Jahr nach Inkrafttreten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht überzeugen, unabhängig davon, in welcher Organisationsform die Leistungen vor Ort erbracht wurden. … Der Bericht veranlasste die Linksfraktion zu einer kleinen Anfrage. Die Antwort der Bundesregierung darauf liegt nun vor. Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung: “ * Frage Nr. 1: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs, der den so genannten Ein-Euro-Jobs weitgehend Wirkungslosigkeit attestiert? * Frage Nr. 2: Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, angesichts der Tatsache, dass zwei Drittel der vom Bundesrechnungshof geprüften Arbeitsgelegenheiten mindestens eine Fördervoraussetzung nicht erfüllen? * Frage Nr. 3: Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um zu verhindern, dass Ein-Euro-Jobs vor allem genutzt werden, um reguläre Aufgaben eines öffentlichen Trägers wahrzunehmen und dadurch reguläre Arbeitsverhältnisse verdrängt werden? Antwort zu den Fragen 1 bis 3: Die vom Bundesgerichtshof und anderen Stellen … seit Einführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgezeigten Mängel bei der Einrichtung und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (von der Bundesregierung Zusatzjobs genannt) waren Anlass, die ursprüngliche Arbeitshilfe zu den Arbeitsgelegenheiten (Stand: 2. September 2005) mit empfehlenden Charakter neu zu konzipieren und sowohl mit fachlichen Hinweisen … als auch mit Empfehlungen zur Umsetzung zu versehen. Diese von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales überarbeitete Arbeitshilfe (Stand: 27. Juli 2007) ist von den Arbeitsgelegenheiten und Agenturen mit getrennter Aufgabenwahrnehmung seit rund 9 Monaten bei der Einrichtung und Förderung zu beachten. … Da in den vom Bundesrechnungshof geprüften Zeiträumen der Entscheidungspraxis der Grundsicherungsstellen noch die „alte“ Arbeitshilfe vom 2. September 2005 mit ausschließlichem Empfehlungscharakter zu Grunde lag, geht die Bundesregierung davon aus, dass durch die Neukonzeption der Arbeitshilfe zu den Arbeitsgelegenheiten mit verbindlichen Weisungen eine Verbesserung der Qualität sowohl in Bezug auf die Einrichtung und Durchführung von Zusatzjobs als auch in Bezug auf die Teilnehmer vor, während und nach der Maßnahme erreicht werden kann. So wurden u.a. im Rahmen der Weiterentwicklung der Arbeitshilfe fachliche Hinweise zu den Kriterien Nachrangigkeit, öffentliches Interesse und Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität / keine Verdrängung regulärer Beschäftigung und arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit, zur Maßnahmekonzeption einschließlich deren Finanzierung und zur Teilnehmerauswahl sowie zur Betreuung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen während und nach der Maßnahme aufgenomen. … * Frage Nr. 5 Für wie sinnvoll hält die Bundesregierung die so genannten Ein-Euro-Jobs, bei denen die Arbeitswilligkeit erprobt wird, aber auf die erprobte Arbeitswilligkeit kein Job-Angebot folgt? Antwort: Zusatzjobs vermitteln Erkenntnisse über Eignungs- und Interessenschwerpunkte einschl. Qualifikationen sowie Motivation und Arbeitsbereitschaft. Sie liefern somit wichtige Hinweise für die Förderung und Strategien zur Arbeitsaufnahme der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Die direkte Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt ist nach Auffassung der Bundesregierung häufig nicht das unmittelbare Ziel der Zusatzjobs. Zusatzjobs sollen die Beschäftigungsfähigkeit (wieder) herstellen oder verbessern. Sie sind die erste Stufe einer Eingliederungsleiter, der weitere Maßnahmen (z.B. Trainingsmaßnahmen, Berufliche Weiterbildung, Eingliederungszuschüsse) – soweit notwendig – folgen sollen. Die Unterbreitung eines Jobangebots hängt daher maßgeblich von der individuellen Beschäftigunsfähigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach einem Zusatzjob ab. … * Frage 7: Welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente kann die Bundesregierung anbieten, die anstelle der Ein-Euro-Jobs Langzeitarbeitslosen zur Verfügung gestellt werden, um sie wieder wirksam in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Antwort: Für die Eingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen steht bereits im SGB II ein umfangreicher und flexibel einsetzbarer arbeitsmarktpolitischer Instrumentenkasten zur Verfügung. Insbesondere mit den neuen Leistungen zur Beschäftigungsförderung nach § 16a SGB II (JobPerspektive) für arbeitsmarktferne Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen, … und dem Bundesprogramm Kommunal-Kombi für Regionen mit besonders hoher und verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit stehen weitere Leistungen zur beruflichen Eingliederung und gesellschaftlicher Teilhabe für langzeitarbeitslose Menschen zur Verfügung. * Frage 8: Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, die systembedingten Nachteile des Trägerwechsels beim Übertritt aus dem Rechtskreis der Arbeitsförderung nach dem SGB III in den Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II zu entschärfen? Antwort: Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesrechnungshofs, dass eine intensivere Betreuung durch die Bundesagentur für Arbeit als Träger der Arbeitsförderung erforderlich ist, wenn ein Übertritt in den Rechtskreis des SGB II absehbar ist. Im Rahmen der geplanten Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente soll daher die in § 1 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verankerte Zielsteuerung im Bereich der Arbeitsförderung neu gestaltet werden. Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um die Eingliederungsaktivitäten vor Rechtskreiswechsel mit gleichbleibend hoher Intensität sicherzustellen und hierdurch den Rechtskreiswechsel zu vermeiden. Hierzu gehören insbesondere verbindliche Vorgaben zur Kontaktdichte im Bereich des SGB III, die Einführung spezieller Eingliederungsmaßnahmen, die während des Bezuges von Arbeitslosengeld begonnen und im Rechtskreis des SGB II nahtlos fortgesetzt werden können, sowie die Entwicklung von Konzepten für ein gezieltes „Übergabemanagement“. * Frage 9: Wie gedenkt die Bundesregierung ihre Aufsichts- und Trägerverantwortung zu nutzen, um die vom Bundesrechnungshof festgestellten Mängel bei der Vermitlungstätigkeit, dem Fallmanagement und der Durchführung von Eingliederungsmaßnahmen zu beheben? Antwort: Im Hinblick auf die … festgestellten Mängel … ist darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung des SGB II dezentral und zielorientiert angelegt ist. Der örtlichen Grundsicherungsstellen sollen in ablauf- und aufbauorganisatorischer Hinsicht weitgehende Gestaltungsfreiheit haben, um ihnen die Möglichkeit zu geben, für die Unterstützung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die jeweils optimalen Lösungen unter Berücksichtigung ihrer konkreten örtlichen Gegebenheiten und Erfahrungen zu erarbeiten. Überregulierung soll vermieden, ein Wettbewerb der Ideen und guter Konzepte ermöglicht werden. Notwendige Qualitätsstandards sollen vor dem Hintergrund dieser Handlungsspielräume mit Mindeststandards bei der Leistungenserbringung als einem Teil der zielorientierten Steuerungslogik sichergestellt werden. Die Bundesagentur für Arbeit hat die Einhaltung der Mindeststandards … zu gewährleisten bei Nichteinhaltung ist sie zu entsprechenden Steuerungsmaßnahmen verpflichtet. Zur Qualitätssicherung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Bundesagentur für Arbeit auffordern, die Einhaltung der Mindeststandards durch Stichprobenkontrollen zu überprüfen. Zudem beabsichtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Mindeststandards auch mit Blick auf die vom Bundesrechnungshof festgestellten Mängel weiterzuentwickeln. … * Frage 11: Wann und wie gedenkt die Bundesregierung der Empfehlung des Bundesrechnungshofes nachzukommen, zentrale Qualitätsstandards bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu schaffen? Antwort: Soweit der Bundesrechnungshof empfiehlt, zur Behebung der im Bericht aufgezeigten Mängel verbindliche Qualitätsstandards zu bestimmen und sie mit messbaren Kennzahlen zu versehen, wird die Bundesregierung dies bei einer Weiterentwicklung der vorhandenen Mindeststandards für die Leistungserbringung in den Arbeitsgemeinschaften aufgreifen. Dies gilt auch hinsichtlich der vom Bundesrechnungshof festgestellten Mängel bei der Vermittlungstätigkeit. Dazu gehört, zur Abbildung neu geschaffener Qualitätskriterien geeignete Systeme zu entwickeln. “
Quelle: Bundestagsfraktion Die Linke
Dokumente: KA_16_9278___Antwort.pdf