Kooperationsvereinbarung zur Zusammenarbeit bei der beruflichen Eingliederung und Förderung junger Menschen im Sinne des § 13 SGB VIII

VERBESSERTE ZUSAMMENARBEIT UND PLANUNGSSICHERHEIT – eine bayerische Vereinbarung als Vorbild für die anderen Länder? Am 26. August 2008 wurde die ‚Kooperationsvereinbarung zur Zusammenarbeit bei der beruflichen Eingliederung und Förderung sozial benachteiligter junger Menschen im Sinne des § 13 SGB VIII‘ unterzeichnet. Diese kann als gute Grundlage für konstruktive Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren vor Ort dienen. Unterzeichner der Kooperationsvereinbarung sind: die Bayerische Staatsregierung (vertreten durch StMAS und StMUK) die Bundesagentur für Arbeit (vertreten durch die Regionaldirektion Bayern) der Bayerische Städtetag, der Bayerische Landkreistag, der Bayerische Gemeindetag, die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Bayern und die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern Die Unterzeichnenden der Vereinbarung verpflichten sich, in ihren Institutionen und Behörden auf deren nachhaltige Umsetzung hinzuwirken. Sie werben auf regionaler Ebene dafür und bieten bei Bedarf Unterstützung an. Die Partner sichern sich die gegenseitige Zusammenarbeit und einen regelmäßigen Informationsaustausch zu. Auszüge aus der Kooperationsvereinbarung: “ … ZIELGRUPPE Zielgruppe sind junge Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen und/ oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung bei der beruflichen Eingliederung angewiesen sind. Ihnen mangelt es oftmals an den Grundvoraussetzungen für eine Arbeitsfähigkeit. Folglich müssen sie zunächst an einen festen Tagesablauf gewöhnt werden. Sie benötigen die Chance, Schlüsselqualifikationen und soziale Umgangsformen zu erlernen sowie schulische Rückstände aufzuholen, um überhaupt eine Chance auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu erhalten. Besonderes Augenmerk ist auf die Altersgruppe der 15- bis unter 25-Jährigen zu richten. Entgegen dem allgemeinen demografischen Trend ist mit einem zahlenmäßigen Rückgang dieser Zielgruppe nicht zu rechnen. Die Geburtenzahlen bleiben in so genannten sozial schwachen Milieus eher gleich oder steigen. Verstärkt wird der Trend durch die abnehmende Tragfähigkeit sozialer Stützsysteme im sozialen Nahraum, bedingt durch die Anonymität der Großstädte und sich auflösender Familienstrukturen. Überdies bedürfen diese jungen Menschen auch bei guten konjunkturellen Rahmenbedingungen in der Regel zusätzlicher Unterstützung. Jene jungen Menschen, die allein aufgrund der regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz bleiben (sog. Marktbenachteiligte) werden von dieser Vereinbarung nicht umfasst. ZIELSETZUNG Ziel ist, sozial benachteiligte und/oder individuell beeinträchtigte junge Menschen durch abgestimmte Konzepte und exakt auf ihre Unterstützungsbedarfe zugeschnittene Maßnahmen nachhaltig in den ersten Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu integrieren. ZIELERREICHUNG … Entscheidend für die Zielerreichung ist die intensive Zusammenarbeit der Hauptakteure der Agenturen für Arbeit bzw. der Träger der Grundsicherung sowie von Schule und Kinder- und Jugendhilfe in gemeinsamer Verantwortung für den einzelnen jungen Menschen unter Berücksichtigung der jeweiligen Kompetenz- und Zuständigkeitsbereiche. Hierbei sind die Unterstützungsmöglichkeiten des SGB III, II und des SGB VIII aufeinander abzustimmen, Verfahrensweisen zu optimieren und Übergänge zwischen den Zuständigkeitsbereichen zu harmonisieren. KOOPERATIONSPARTNER Für die berufliche Integration sozial benachteiligter und/oder individuell beeinträchtigter junger Menschen sind vorrangig die Agentur für Arbeit bzw. die Träger der Grundsicherung zuständig. Um die Chancen einer nachhaltigen Integration zu erhöhen, bedarf es jedoch in der Regel zusätzlicher Anstrengungen, insbesondere einer Vernetzung mit den Partnern Schule und Kinder- und Jugendhilfe, beispielsweise zu Abstimmungen von Planungen. Brüche in der Biografie junger Menschen sollen dabei durch eine möglichst frühzeitige Unterstützung vermieden werden. Für Kommunen besteht zusätzlich – auch unter Beteiligung der Agentur für Arbeit bzw. des Trägers der Grundsicherung – die Möglichkeit, eigene Angebote zu entwickeln. Alle Beteiligten arbeiten mit dem Ziel zusammen, dass jungen Menschen frühzeitig, passgenaue Hilfen zur beruflichen Integration in den ersten Arbeits- und Ausbildungsmarkt entsprechend dem jeweiligen Bedarf angeboten werden. Dabei sollen vorrangig bestehende Strukturen genutzt und weiterentwickelt werden. Eine genaue Kenntnis der Örtlichen Gegebenheiten sowie der Möglichkeiten und Grenzen der Akteure ist unerlässlich. Die Schule spielt für einen erfolgreichen Übergang in den Beruf eine herausragende Rolle. Im Sinne eines ganzheitlichen Blicks auf junge Menschen ist jedoch auch hier die Einbindung außerschulischer Partner unerlässlich. Insbesondere sind dies neben den Betrieben die Arbeitskreise Schule-Wirtschaft sowie die Agenturen für Arbeit (insb. Berufsorientierung gem. § 33 SGB III) und die Träger der ‚Grundsicherung. Um sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf den Übertritt in ein Ausbildungsverhältnis und in die Arbeitswelt vorzubereiten, ist zusätzlich die Zusammenarbeit mit den Trägern der Jugendhilfe entscheidend. Beim Übergang der Jugendlichen von der Hauptschule in die Berufsschule ist darauf zu achten, dass die vorhandenen, von der Hauptschule initiierten Kooperationen fortgesetzt werden, um die angebahnten Entwicklungsmöglichkeiten des einzelnen Jugendlichen ohne Unterbrechung fortzuführen. … Zentrale Akteure bei der beruflichen Integration sind die örtlichen Agenturen für Arbeit bzw. die Träger der Grundsicherung unter Nutzung der Instrumentarien des SGB III bzw. SGB II. Die arbeitsmarktpolitischen Leistungen des SGB III zielen zwar überwiegend auf die Beendigung der Arbeitslosigkeit und haben hierbei einen klaren berufsfachlichen Förderschwerpunkt, sehen jedoch auch Instrumente zur Heranführung sozial benachteiligter junger Menschen an den ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vor. Das SGB II erweitert diese Möglichkeiten durch Förderung innovativer Ansätze für den Einzelnen und wird ergänzt durch die sozialintegrativen Leistungen im Sinne des § 16 Abs. II SGB II. Im Blick auf die Zielgruppe sind die spezifischen Intentionen der Arbeitsverwaltung nur bei einem gleichzeitigen Bemühen um die soziale Stabilisierung insgesamt zu erreichen. In diesem Zusammenhang sollen sich die Agenturen für Arbeit bzw. die Träger der Grundsicherung aktiv in die regionalen Planungs- und Abstimmungsprozesse einbringen. … Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung setzen … in Zusammenarbeit mit den Maßnahmeträgern vor Ort die individuell geeigneten Instrumente flexibel und zielgerichtet ein. Die Träger der Jugendhilfe sind bei der Eingliederung von sozial benachteiligten und/ oder individuell beeinträchtigten jungen Menschen unverzichtbare Netzwerk- und Kooperationspartner vor Ort. Angebote der Jugendsozialarbeit ersetzen dabei nicht, sondern ergänzen die Leistungen der Agenturen für Arbeit bzw. Träger der Grundsicherung. Maßnahmen und Planungen sind eng mit diesen abzustimmen. Die Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit ist insbesondere dann ein wichtiger Baustein für die Gestaltung passgenauer Hilfen zur nachhaltigen Integration, wenn die Eingliederung junger Menschen in den ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht auf Anhieb gelingt. In Bayern besteht bereits ein hochwertiges Angebot von Maßnahmen mit überwiegendem Praxisbezug in einem realistischen betrieblichen Rahmen, Diese Maßnahmen werden in der Regel von Jugendhilfeträgern in Form von Jugend Werkstätten durchgeführt und orientieren sich an den Erfordernissen der besonderen Zielgruppe. Die Betriebe (Werkstätten wie Wäscherei, Gärtnerei, Großküche, Schreinerei etc.) mit enormen Investitions- und Fixkosten benötigen eine gesicherte Gesamtfinanzierung für ihre Projekte. Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung nutzen und belegen die Maßnahmen mit überwiegendem Praxisbezug in einem realistischen betrieblichen Rahmen bedarfsorientiert und leisten damit ihren Beitrag zur Sicherung der Gesamtfinanzierung. KOOPERATIONSFORMEN Kooperation bedarf verbindlicher Strukturen, wobei bereits aufgebaute genutzt werden sollten. Dies können insbesondere sein: Jugendhilfeausschuss, Arbeitsgemeinschaften gem. § 78 SGB VIII, sog. Jugendkonferenzen, Arbeitskreise Schule-Wirtschaft, Zusammenarbeit von Schule und Agenturen für Arbeit … Kooperation vor Ort Erkenntnisse über besondere Förderbedarfe sind frühzeitig in Abstimmung mit allen Verantwortlichen vor Ort auszutauschen. Einzuleitende Maßnahmen sind in geeigneter Weise aufeinander abzustimmen. Im Sinne möglichst frühzeitiger Hilfen soll die Zielgruppe der 15-jährigen besonders in den Blick genommen werden. Die Kooperation an der Schnittstelle zwischen den Agenturen für Arbeit, den Trägern der Grundsicherung, von Schule sowie Kinder- und Jugendhilfe solle im Leistungsbereich „U 25‘ nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell unter Berücksichtigung der regionalen Erfordernisse flächendeckend, verlässlich und regelhaft organisiert sein. Gemeinsame Verfahren unter Nutzung bestehender Strukturen vor Ort sollen entwickelt und vereinbart werden. … Kooperation auf Landesebene Auf Landesebene bestehen bereits Gremien, insbesondere das Forum Soziales Bayern mit seiner Arbeitsgruppe III (StMAS) sowie der Facharbeitskreis Jugendarbeitslosigkeit (StMAS). Die Unterzeichnenden dieser Vereinbarung empfehlen den Kommunen auf Landesebene einen Austausch über Maßnahmen, Vorhaben und Zielsetzungen zu initiieren. … Darüber hinaus wird vereinbart, sich spätestens ein Jahr nach Abschluss der Kooperationsvereinbarung über den Stand der Umsetzung auszutauschen, weitere Handlungsbedarfe zu eruieren und notwendige Klärungen herbeizuführen. FÖRDERSTRUKTUREN In der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit gilt es auch für die Zukunft, die bewährten Maßnahmestrukturen in Bayern (insb. Jugendwerkstätten) zur Förderung sozial benachteiligter junger Menschen durch den Verbund der Leistungen nach SGB II, III und VIII zu nutzen und weiterzuentwickeln. Dies kann nur durch kompatible, aufeinander abgestimmte Förderstrukturen und Verfahrensabläufe erreicht werden. Die Priorität liegt zwar bei der Ausbildung, aber auch geeigneten Aktivierungs- und Vorschaltmaßnahmen zur Flankierung von Ausbildungsprojekten und zur Heranführung und zum Erwerb der Ausbildungsfähigkeit kommt große Bedeutung zu. Um das hochwertige Angebot im Bereich der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit weiterhin zu ermöglichen und zu erhalten, müssen alle Spielräume bei der Rechtsanwendung und im Vollzug genutzt werden, um flexible Lösungen vor Ort und deren gesicherte Gesamtfinanzierung zu erreichen. Zur Heranführung an Ausbildung und Arbeit erweisen sich für die genannte Zielgruppe ABM-Projekte als gut geeignete Vorschaltmaßnahrnen. Dieses Förderinstrument erfüllt die Voraussetzungen der Kofinanzierung einer ESF-Förderung. Zur Projektfinanzierung können demnach ABM-Kofinanzierungen herangezogen werden. SGB II und SGB III sehen darüber hinaus weitere teilweise speziell gerade auf diese Zielgruppe zugeschnittene Instrumente vor. Die Möglichkeiten des SGB II und SGB III sind flexibel und offensiv zu nutzen. Die Gesamtfinanzierung individueller passgenauer Hilfen vor Ort soll durch die Beteiligung aller Kooperationspartner gewährleistet werden. Vorrangig sind zur beschäftigungsorientierten Integration die Förderinstrumente der Träger der Grundsicherung und der Agenturen für Arbeit nach dem SGB II und SGB III anzuwenden. Die Grundsätze des Vergaberechts (VOL/ A, GWB, VgV, BHO) sind einzuhalten und bedarfs- und wirkungsorientiert gemäß den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit anzuwenden. Bei der Ausschreibung und der Vergabe von Aufträgen sind Spielräume in den durch die VOL vorgegebenen Grenzen – einschließlich der freihändigen Vergabe – zu nutzen. Der Einsatz von Mitteln durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Gestaltung passgenauer Hilfen ist insbesondere dann unerlässlich, wenn die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung mit ihren Förderinstrumenten den Bedarf sozial und/oder individuell benachteiligter junger Menschen nicht allein abdecken können. Die Staatsregierung unterstützt durch freiwillige Leistungen (Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds und Landesmittel) die Schaffung passgenauer Maßnahmestrukturen in der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit und wird diese Anstrengungen auch in Zukunft fortsetzen. … VEREINBARUNG Für die Projektträger der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit (v. a. Werkstätten mit betrieblichem Rahmen) wird Planungssicherheit bis 2013 geschaffen (ESF-Förder-zeitraum 2007-2013). Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung nutzen die damit verbundenen Angebote bedarfsgerecht. Die Ergebnisse der ESF-Förderung 2007-2013 werden evaluiert damit ist eine Grundlage für die ständige praxisgerechte Fortentwicklung gesichert. “ Die Kooperationsvereinbarung im Volltext entnehmen Sie bitte dem Anhang.

Quelle: Landesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit Bayern

Dokumente: Kooperationsvereinbarung_26_08_20081.pdf

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