Können in einem Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) die Chancen für die Bewältigung einer Berufsausbildung entscheidend verbessert werden?

BERUFSVORBEEITUNGSJAHR – DAS RICHTIGE FÜR DIE BENACHTEILIGTENFÖRDERUNG? Die Disseration von Leeker umfasst das Problem der Förderung von benachteiligten Jugendlichen durch schulpädagogische Maßnahmen, um die bis zum Ende der Schulzeit im allgemeinbildenden Schulwesen aufgetretenen Defizite so weit zu reduzieren, dass die Anforderungen einer Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfüllt werden können und anschließend eine Chance besteht, ein Leben ohne staatliche Hilfe zu führen. Die Arbeit bietet eine bisher fehlende Wirkungsanalyse. Nach einer empirischen Untersuchung mit quantitavien (Fragebogen) ergänzt durch qualitative (Experteninterviews) Analysen folgt am Schluss ein Präventionskonzept. Insgesamt wurden 2111 Fragebögen flächendeckend auf alle Standorte des BVJ und der Jugendwerkstätten a) an Schulleiter/-innen, ehem. Lehrkräfte, derzeitige Leher und Lehrerinnen sowie Schüler und Schülerinnen an 99 Standorten b) an Leiter/-innen, Unterweiser/-innen und Teilnehmer/-innen an Maßnahmen an ebenfalls 99 Standorten in Niedersachsen verschickt und die Ergebisse ausgewertet. Der Verfasser der Arbeit vermeidet Schuldzuweisungen, ist jedoch der Ansicht, dass dringender Handlungsbedarf durch neue pädagogisch begründete Maßnahmen und durch eine Veränderung der Schulstruktur zur Änderung der Situation besteht. Der Autor Wilhelm Leeker (77) war selbst 26 Jahre lang Leiter der Berufsbildenden Schulen II in Emden und viele Jahre ehrenamtlicher Leiter einer großen Jugendwerkstatt. Auszüge aus der Disseration von Wilhelm Leeker: “ … BEGRÜNDUNG DES FORSCHUNGSVORHABENS Schwierigkeiten der benachteiligten Jugendlichen … beim Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung und anschließend in eine berufliche Tätigkeit, d. h. die Bewältigung von zwei so gen. Schwellen, sind nicht erst seit der Veröffentlichung der PISA-Studie bekannt. Sie haben sich durch die großen Veränderungen in der Arbeitswelt seit mehr als 40 Jahren entwickelt und sind seit vielen Jahren Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten, Symposien und Fachtagungen u. a. über Benachteiligtenförderung. Es steht … außer Zweifel, dass – die besondere Förderung von Benachteiligten im Grundgesetz (Art. 2, Abs. 1 und Art. 3, Abs. 3) verankert ist – es besteht also ein Verfassungsgebot allen Bürgern gleiche, individuelle, berufliche (Art. 12, Abs.1) und soziale Chancen der Entfaltung zu ermöglichen, – die Reduzierung der Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss um 50 % bis zum Jahr 2010 im so genannten „Lissabon-Vertrag‘ der EG von der Bundesregierung zugesagt wurde und – der Weg von etwa einem Viertel der Jugendlichen, die gemäß PISA-Studie nicht ausbildungsfähig sind, in eine Maßnahmekarriere‘ eine in der Zukunft für die Volkswirtschaft unseres Landes untragbare Belastung darstellt und vor allem aus sozialen Gründen die Möglichkeit der vollen Teilhabe des Individuums am gesellschaftlichen Leben zwingend erforderlich ist. Bisher ist jedoch keine Untersuchung der Ergebnisse der Bemühungen über einen längeren Zeitraum um diese Schülergruppe in einem Bundesland vorgelegt worden. … DIE PROBLEMLAGE In Niedersachsen hat man … 1970 mit der systematischen Förderung Benachteiligter in Vollzeitschulen begonnen. Das Ziel war seit dieser Zeit immer, die Jugendlichen zu befähigen, in ein Berufsgrundbildungsjahr oder in ein Berufsausbildungsverhältnis einzutreten, d. h. in der Regel, eine Ausbildung für einen Beruf auf dem 1. Arbeitsmarkt in einem qualifizierten Beruf beginnen zu können. Die Bewältigung einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in der Wirtschaft beinhaltet nicht nur eine fachliche Qualifikation, sondern auch die Förderung der positiven sozialen Entwicklung des Jugendlichen – beides sind Grundlage und Voraussetzung für Chancen auf dem Arbeitsmarkt und damit für die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in diesem Land. … Die Initiatoren der Benachteiligtenförderung in Vollzeitschulen formulierten zu Beginn die Ziele der ein Jahr dauernden Berufsvorbereitung wie folgt: 1. die Förderung der Berufswahlfähigkeit, 2. die Förderung der Berufsreife. Der Erfolg der Schüler der ersten Schülerjahrgänge … war zweifellos auf die engagierte Arbeit der beteiligten Schulleiter und Lehrkräfte und auf die zunächst freiwillige Teilnahme der Jugendlichen … an den Förderlehrgängen, aber auch auf die den Schulen eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten des Curriculums und der Organisation mit dem Ziel der Optimierung des Lehr- und Lernerfolgs zurückzuführen. Inhalte und Organisation des BVJ wurden also in einer etwa 10 Jahre dauernden Versuchsphase von einer immer größeren Zahl von Schulen, die die in Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung entwickelten und durchgeführten Lehrgänge zur Förderung der Berufsreife (LfB) einführten, erarbeitet. 1980 wurde das BVJ flächendeckend in Niedersachsen eingeführt. Unter dem Eindruck einer rasanten technologischen Entwicklung und den daraus entstehenden Anforderungen wurden in den folgenden 25 Jahren die Anforderungen der Berufsausbildung in allen Bereichen sehr stark verändert. Vor allem seit 1996 setzte ein starker Modernisierungsschub ein … Qualitative Veränderungen durch höhere Anforderungen hatten u. a. zur Folge, dass 1. der Umfang der Ausbildungsverhältnisse von Benachteiligten in den so genannten Vollberufen reduziert wurde und sich diese inzwischen vor allem auf wenige aus den Berufsfeldern Ernährung/Hauswirtschaft und Bautechnik sowie Holztechnik konzentrieren, die inzwischen als „Behindertenberufe‘ dargestellt werden, 2. zweijährige Ausbildungsgänge entstanden mit der Möglichkeit des Durchstiegs zu einer dreijährigen Ausbildung diese Möglichkeiten werden auch als neue Chance für Benachteiligte dargestellt. … Das Problem der Arbeitslosigkeit trifft vor allem Ungelernte. … Nach den Berufsbildungsberichten aus den Jahren 1990 und 2001 sowie 2004 ging die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ständig zurück, so bildeten 1990 noch 28,7 % aller Unternehmen aus, 2001 waren es noch 23,3 % und 2004 noch 27,4 %. Vor allem bei den in der Vergangenheit ausbildungsbereiten kleinen Unternehmen, die 1990 ein Verhältnis von Beschäftigten zu Azubis im Verhältnis 13:1 hatten, registrierte man 2001 noch ein Verhältnis von 19:1. Die Gründe für den Rückgang der Ausbildungsbereitschaft sind zahlreich, vor allem sind es jedoch – die zunehmende Spezialisierung der Unternehmen, die eine qualifizierte und umfassende Ausbildung in der Breite eines Berufes verhindert und – der zeitliche und finanzielle Aufwand, den die Unternehmen erbringen müssen bei ständig steigenden Anforderungen in den Lehrabschlussprüfungen, die bundesweit geregelt sind. Es werden deshalb in der Regel nur noch Bewerber für eine Ausbildung eingestellt, die vor allem durch die vorgelegten Unterlagen erkennen lassen, dass ihre Ausbildung mit einem betriebswirtschaftlich geringen Aufwand möglich ist. Benachteiligte ohne jede Berufsvorbereitung und zusätzliche Qualifikationsnachweise haben seit langem keine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Zu Fragen ist, ob ein Jahr Berufsvorbereitung ausreicht, um die vorhandenen schulischen Defizite aus in der Regel neun Schuljahren im erforderlichen Umfang zu reduzieren. Zur Problemlage gehört auch, dass die sozialen Defizite der zur Ausbildung anstehenden Jugendlichen auch unter dem Einfluss der Migration stark zugenommen haben. … Grundlagen der Fragestellungen waren daher folgende Hypothesen: 1. Das quantitative und qualitative Ergebnis der Bemühungen entspricht nicht den 1970 gesetzten Erwartungen. 2. Die Anforderungen der Berufsausbildung in den so genannten Vollberufen sind seit 1970 so gestiegen, dass sie auch für Absolventen von Hauptschulen mit Abschluss schwer und für Absolventen von Förderschulen in der Regel nicht zu bewältigen sind. 3. Ein Jahr Berufsvorbereitung (BVJ) reicht nicht aus, um die Defizite, die in mindestens neun Jahren entstanden sind, im erforderlichen Umfang zu reduzieren. 4. Die Förderung von Benachteiligten wird in einem Konglomerat von schulischen Bildungsgängen, Maßnahmen der Arbeitsverwaltung und staatlichen Programmen (u. a. auch in Maßnahmen der Jugendsozialarbeit) versucht – sie lassen kein System geordneter und geplanter Förderung erkennen. … ERGEBNISSE DER ERHEBUNGEN BEI BETEILIGTEN AN FÖRDERMASSNAHMEN * Wie sehen die betroffenen Jugendlichen ihre Situation selbst? Zusammenfassung: – Die Chancen, nach Ende des BVJ eine Ausbildung beginnen zu können, sind offensichtlich gering. Stattdessen wird sich eine Wiederholung oder die Teilnahme an einer Maßnahme der Arbeitsverwaltung anschließen. – Lehrkräfte und Inhalte des Unterrichts im BVJ sowie vor allem die Fächer Fachpraxis und Sport werden positiv beurteilt. – Die große Mehrheit der Jugendlichen ist zwischen 17 und 18 Jahre alt. Die Jugendlichen – in der Regel ohne Hauptschulabschluss – beginnen also sehr spät mit der Berufsvorbereitung. – Die Jugendlichen kommen nur zu einem geringen Teil aus Großfamilien, aber sind auch nur zu einem geringen Teil Einzelkinder. Die große Mehrheit der Geschwister und der Eltern sind berufstätig – nur ein geringer Prozentsatz ist arbeitslos. Außerdem hat die große Mehrheit der Eltern und der Geschwister einen Beruf erlernt, bzw. ist in der Ausbildung. – Etwa 2/3 der Eltern haben die deutsche Staatsangehörigkeit – häufig mit Migrationshintergrund -, die zweigrößte Gruppe (etwa 10 %) die türkische. Ein hoher Anteil (rd. 50 %) sind Zuwanderer aus der ehemaligen UdSSR in Erwartung besserer Zukunftsaussichten in der Bundesrepublik. * Welche Einschätzungen haben Schulleiter und Lehrer über den Erfolg ihrer Arbeit aufgrund ihrer Erfahrungen? Die Befragung der Lehrer, die nach 1970 bis zum Ende der Befragung am 01.04.06 im Dienst waren, erfolgte in zwei Gruppen: a. Leiter von berufsbildenden Schulen mit BVJ-Klassen und b. Lehrer, die in Klassen des Berufsvorbereitungsjahres im o. a. Zeitraum unter richteten. Zusammenfassung: – Die im BVJ unterrichtenden Lehrer haben in immer größerem Umfang eine Lehrbefähigung im Bereich der Sonderpädagogik. Inzwischen ist nach Auskunft des MK an jeder Schule mindestens eine Lehrkraft mit einer Ausbildung im Bereich der Sonderpädagogik. Bemerkenswert ist darüber hinaus die langjährige berufliche Erfahrung. Außerdem ist aus den Antworten erkennbar, dass das Fachlehrerprinzip den Einsatz nach Schulformen (z. B. BVJ-Lehrer), der in der Vergangenheit üblich war, abgelöst hat. – Die Antworten auf die Fragen nach den gravierenden Mängeln der Schüler ergaben, dass die in der Sozialisation größer eingeschätzt werden als die schulischen. – Nach Einschätzung der befragten Lehrer ist der Anteil der Jugendlichen, der im Anschluss an das BVJ eine Lehre beginnen konnte, im Laufe ihrer Dienstzeit kleiner geworden. Die geschätzte „Erfolgsquote‘ ist derzeit: Schüler erreichen den Abschluss in einem so genannten Vollberuf 12,46% Werkerberuf (zwei- und dreijährige Ausbildung in Berufen mit reduziertem Theorieanteil) 24,86% Anlernberuf (z. B. Gabelstaplerschein, Führerschein, angel. Schweißer, Montagehelfer) 22,98 % Schüler werden ungelernte Arbeiter 30,09 %. – Die Lehrer plädieren mit sehr großer Mehrheit für Lösungen zur Verbesserung der Chancen von Schülern im BVJ mit Partnern außerhalb der Schule (u. a. Unternehmen und Produktionsschulen). * Wie beurteilt die Wirtschaft die Schwierigkeiten der Risikogruppe beim Übergang von der Schule in die Ausbildung und die anschließende berufliche Tätigkeit? Die Wirtschaft äußert sich häufig in der Öffentlichkeit zu den Schwierigkeiten von Jugendlichen bei der Bewältigung der 1. und 2. Schwelle. Sie trägt allerdings durch ihr Verhalten und ihre Entscheidungen dazu bei – durch ein seit langem zunehmend restriktives Verhalten bei der Auswahl der Ausbildungsplatzbewerber, das dazu führt, dass in den Tests und Vorstellungsgesprächen Jugendliche mit schulischen und/oder sozialen Defiziten nur sehr geringe Chancen haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, da sie angeblich nicht ausbildungsreif sind, – durch die Reduzierung der Zahl der Ausbildungsplätze, drei Viertel aller Betriebe bilden nicht aus. Ein wesentlicher Teil der Betriebe verfügt allerdings nicht über die erforderlichen Berufsbildpositionen, um in einem Vollberuf ausbilden zu dürfen. Ein anderer Teil ist dazu zwar imstande und berechtigt, er unterlässt ein Engagement in der Ausbildung u. a. aus betriebswirtschaftlichen Gründen – ein Unternehmen ist keine soziale Einrichtung. Ihnen erscheint der Aufwand vor allem bei der Ausbildung von Benachteiligten zu hoch. … Das Institut der deutschen Wirtschaft hat die „Kosten mangelnder Ausbildungsreife‘ in einer empirischen Untersuchung errechnet und beklagt, – dass in jedem Jahr 80-90 000 Schüler in der Bundesrepublik keinen Schulabschluss erreichen, – dass etwa 22 000 Schüler bei Verlassen der allgemein bildenden Schule keine ausreichende Ausbildungsreife haben und – dass die mangelnde Effizienz des Bildungssystems der Wirtschaft angeblich Kosten in Höhe von jährlich 3,7 Milliarden verursacht. Weitere 3,4 Milliarden kommen für die „Reparatur‘ der schulischen Defizite aus dem Bundeshaushalt und von der Bundesagentur für Arbeit dazu. Als wenig effizient für die Integration erweisen sich nach Meinung des Instituts das BVJ und das BGJ. Rund 79300 Jugendliche besuchten im Schuljahr 2003/04 das BVJ, das Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag auf eine Ausbildung vorbereitet und in verschiedenen Bundesländern die Möglichkeit bietet, den Hauptschulabschluss zu erwerben. … Bei der Suche nach Möglichkeiten, möglichst vielen Jugendlichen eine Berufsausbildung zu vermitteln,‘ war die Wirtschaft – wie schon erwähnt – bereit, der Einführung von neuen weniger theoriebetonten Berufen zuzustimmen. Alle Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern haben diese in ihrem Zuständigkeitsbereich rechtlich geregelt … * Sind die Hilfen in der Berufsbildenden Schule zur Bewältigung des Übergangs ausreichend? Die Berufsbildende Schule ist an der Bewältigung von zwei Schwellen … beteiligt, vor allem jedoch an der des Übergangs von der Ausbildung in eine berufliche Tätigkeit. … Zur Ergänzung des Dualen Systems sind verstärkt seit der Mitte der 70er Jahre … mit großem Aufwand zusätzliche vollzeitschulische Bildungsgänge entwickelt worden – die u. a. für Benachteiligte Auswege aus dem Ausbildungsplatzmangel bieten. Das schulische Berufsvorbereitungsjahr ist Teil dieser Strategie der Hilfe für den Übergang in eine berufliche Tätigkeit. … In den Antworten und Stellungnahmen zu den Fragen in der empirischen Untersuchung … wird u. a. von einzelnen Befragten mehr Freiheit bei den Praktika und bei der Gestaltung des fachpraktischen Unterrichts verlangt. Offensichtlich wurden in den Schulen, in denen dieser Mangel angeblich existiert, die Bestimmungen der einschlägigen Erlasse für die Gestaltung des BVJ (zuerst der vom 27.2.1980, zuletzt der vom 20.7.2004) sowie die Rechtsverordnung vom 24.7.2004 für Berufsbildende Schulen (BBSVO), aber auch die Handreichungen nicht – zumindest nicht in vollem Umfang – zur Kenntnis genommen. Diese hätten für den Bereich des BVJ eine bisher ungekannte Freiheit der beteiligten Schulleiter und Lehrer bei Inhalt und Organisation des Unterrichts gewährleistet, mit dem Ziel, die Jugendlichen möglichst individuell und optimal zu fördern. Auch die Freiheit bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist durch eindeutige rechtliche Regelungen gewährleistet. … Sind die schulischen Bemühungen zur Bewältigung der 2. Schwelle durch die Berufsbildenden Schulen einigermaßen optimal, so ist die Bewältigung der 1. Schwelle, an der allgemein bildende und berufsbildende Schulen beteiligt sind, aufgrund der bisherigen Ergebnisse weiterhin verbesserungsfähig. Die beteiligten Lehrer im BVJ beklagen u. a. den zu geringen Zeitraum, in dem die Berufsvorbereitung erfolgen soll, nach 9 Jahren Schulzeit in allgemein bildenden Schulen, die viele der BVJ-Schüler als eine Kette von Misserfolgen erlebt haben. Die Jugendlichen aus Förderschulen wurden in der Regel schon in der Grundschule in diese überwiesen. … Die Förderung der Schüler mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen … ist auch mit Hilfe neuer berufsbezogener Fächer und vor allem mit Fachpraxis, die das didaktische Zentrum bildet, in einem Jahr nur begrenzt möglich … Die auf dieser Vorbereitung aufbauende Grundausbildung kann im Rahmen des Dualen Systems aber auch erneut in schulischer Form erfolgen. Die meisten BVJ-Absolventen, die eine Ausbildung beginnen, wählen aus Mangel an Ausbildungsplätzen oder wegen rechtlicher Regelungen (flächendeckende Einführung des BGJ) in verschiedenen Regionen und Berufsfeldern, den Weg über das BGJ oder über eine Berufsfachschule. In beiden Einrichtungen kann nach erfolgreicher Teilnahme der Hauptschulabschluss erreicht werden – sofern er nicht schon im BVJ durch die erfolgreiche Teilnahme am Zusatzunterricht erreicht wurde. Das Ziel aller Bemühungen und Hilfen ist der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung in einem Vollberuf oder in einem Beruf mit reduzierten Anforderungen in der Theorie. Dieses war jedoch nach den Ergebnissen der … Untersuchung, die Grundlage dieser Arbeit ist, nur in sehr eingeschränktem Umfang möglich. … FAZIT Das Ergebnis der … Untersuchung zur Konzeption und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verbesserung des Übergangs von benachteiligten Jugendlichen von der Schule in den Beruf in Niedersachsen seit 1970 ist als vorwiegend negativ zu beurteilen. … Eine generelle Änderung der Situation kann allerdings nicht allein durch Initiativen in den Schulen erfolgen. Gleichwohl sind die durch engagierte Lehrer in Schulversuchen, eigenen Modellen und Initiativen … erreichten Ergebnisse bemerkenswert und unterstützungswürdig. Eine bessere Förderung Benachteiligter kann stattdessen in der Realität nur durch politische Entscheidungen zur Neuordnung des Schulwesens erfolgen. … – mit der schulischen Förderung von Kindern früher zu beginnen, – die frühe Selektion nach Ende der Grundschule aufzuheben, – die aus dem 19. Jahrhundert stammende Teilung der Bildungsgänge, die für unterschiedliche berufliche und gesellschaftliche Chancen sorgte, abzuschaffen, – die Einweisung in eine Förderschule mit der damit verbundenen Chancenlosigkeit und Stigmatisierung überhaupt zu vermeiden und – die bis jetzt praktizierte Wiederholung von Schuljahren, die nach allen wissenschaftlichen Untersuchungen keinen oder nur einen geringen Lernzuwachs bringt, abzuschaffen. Aufgrund der sehr konträren unterschiedlichen Positionen in der Frage der Gestaltung des Schulsystems, die bisher in der KMK nur mühsam im Interesse der gegenseitigen Anerkennung von Bildungsabschlüssen überbrückt wurden, ist mit einer bundesweiten Einigung in absehbarer Zeit kaum zu rechnen (s. KMK-Sitzung Oktober 2007). … Die Zusammenarbeit zwischen berufsbildenden Schulen und den Jugendwerkstätten ist im Vergleich zu anderen Bundesländern, z. B. Schleswig-Holstein, in Niedersachsen relativ gering. … Die unterschiedliche Ressortierung von Jugendsozialarbeit und berufsbildender Schule in der Landesregierung beim Sozial- bzw. Kultusministerium mit jeweils eigenen Intentionen sind dafür nach den Erfahrungen des Verfassers ein wesentlicher Grund. Als Folge ist bisher in Niedersachsen auch nach Ende der Schulzeit in allgemein bildenden Schulen keine durchgehend strukturierte Förderung der benachteiligten Jugendlichen erkennbar – es ist vielmehr ein Konglomerat von schulischen Bildungsgängen, von Maßnahmen der Jugendsozialhilfe und von Maßnahmen der Arbeitsverwaltung. … Als Ergebnis ist mindestens festzustellen, dass – die Förderung früher beginnen sowie – inhaltlich und organisatorisch anders gestaltet werden muss, um den betroffenen Jugendlichen Chancen zu bieten, ein selbstverantwortliches Leben zu führen. … “ Die Veröffentlichung der Arbeit im Eusl-Verlag ist zu einem Preis von 34,- Euro erhältlich: Leeker, Wilhelm: Zur Konzeption und Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf in Niedersachsen seit 1970. Eusl-Verlag, Paderborn 2008, ISBN 978-3-933436-95-5 Kontakt zum Autor können Sie über wilhelm.leeker@web.de aufnehmen.

Quelle: Dr. Wilhelm Leeker Universität Oldenburg

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