Neue Beschäftigungsformen prägen die Entwicklung des Arbeitsmarktes

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT Zur Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland – mit Blick auf die letzten zehn Jahre – äußerte sich der Leiter der Abteilung ‚Gesamtrechnungen, Arbeitsmarkt‘ des Statistischen Bundesamtes, Wolfgang Strohm. Im Rahmen einer Presseveranstaltung zur atypischen Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt stellte Strohm eine Betrachtung der abhängig Beschäftigten im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren vor. Die Beschäftigungsentwicklung wurde seitens des Statistischen Bundesamtes mit Hilfe des Mikrozensus betrachtet. (Der Mikrozensus ist die größte amtliche Haushaltsbefragung in Europa.) Ein zentrales Ergebniss ist, dass junge Menschen, Personen mit schlechter Berufsausbildung und Ausländer, die nicht aus der EU stammen, überproportional atypisch beschäftigt sind. Auszüge aus dem Statement Wolfgang Strohms: “ Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich nicht nur seit der letzten Aufschwungphase, sondern auch mit Blick auf die letzte Dekade positiv entwickelt. Die Zahl der Erwerbstätigen ist zwischen 1997 und 2007 trotz der konjunkturellen Eintrübung zu Beginn des Jahrzehnts um gut 2,3 Millionen gestiegen. Auch die Erwerbslosenzahl hat sich günstig entwickelt. Obwohl sie von 2002 bis 2005 einige Jahre lang deutlich angestiegen war, lag im Saldo die Erwerbslosigkeit im Jahr 2007 um rund 200 000 Personen niedriger als noch 1997. Allerdings hat im letzten Jahrzehnt am Arbeitsmarkt auch eine weitere Entwicklung stattgefunden, vor deren Hintergrund die positive Gesamtbilanz ebenfalls beleuchtet werden muss. Die Arbeitswelt ist längst nicht mehr allein durch sogenannte Normalarbeitsverhältnisse geprägt oft als atypisch bezeichnete Beschäftigungsverhältnisse gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Die arbeitsmarktpolitischen Reformen der letzten Jahre sollen einen verstärkten Einsatz von Zeitarbeit und Mini-Jobs ermöglichen. Teilzeitbeschäftigung wird heute längst als alltägliche Beschäftigungsform wahrgenommen. Dies alles hat dazu geführt, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland in den letzten zehn Jahren bunter geworden ist. … Die sogenannten Normalarbeitsverhältnisse zeichnen sich dadurch aus, dass sie in Vollzeit und dauerhaft ausgeübt werden. Ein Normalarbeitnehmer arbeitet direkt im Unternehmen seines Arbeitgebers, das heißt, in dem Unternehmen, mit dem er oder sie den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Bei Zeitarbeitnehmern, die von ihrem Arbeitgeber, der Zeitarbeitsfirma, an andere Unternehmen verliehen werden, ist das nicht der Fall. Zudem sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über ein Normalarbeitsverhältnis in die sozialen Sicherungssysteme wie Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und Krankenversicherung integriert. Das heißt, sie erwerben über die von ihrem Erwerbseinkommen abgeführten Beiträge Ansprüche auf Leistungen aus den Versicherungen. Atypische Beschäftigungsverhältnisse erfüllen eines oder mehrere dieser Kriterien nicht. Ist Normalarbeit in der Regel darauf ausgerichtet, den eigenen Lebensunterhalt und eventuell den von Angehörigen zu finanzieren, so kann atypische Beschäftigung diesen Anspruch nur bedingt erfüllen. Sie ist nicht mit prekärer Beschäftigung gleichzusetzen, da zur Einstufung eines Beschäftigungsverhältnisses als prekär auch die persönliche Berufsbiografie und der Haushaltskontext des/der Beschäftigten berücksichtigt werden müssen. Außerdem kann eine atypische Beschäftigung absichtlich gewählt sein, da sich dadurch berufliche und andere persönliche Interessen besser kombinieren lassen. Zu den atypischen Beschäftigungsverhältnissen zählen …: • Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden Arbeit pro Woche, • geringfügige Beschäftigung, • befristete Beschäftigung und • Zeitarbeit, auch Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung genannt. … * Beschäftigungszuwachs der vergangenen zehn Jahre ist vor allem auf atypische Beschäftigung zurückzuführen Zwischen 1997 und 2007 ist die Zahl der Personen, die ihre Haupttätigkeit in einem Normalarbeitsverhältnis ausgeübt haben, um 1,5 Millionen gesunken. Das heißt, trotz des seit 2005 stattfindenden Aufbaus an Normalarbeitsverhältnissen bleibt die Gesamtentwicklung mit Blick auf das vergangene Jahrzehnt deutlich negativ. … Demgegenüber hat die Zahl atypisch Beschäftigter in diesem Zeitraum um 2,6 Millionen zugenommen. Auch während des Aufbaus an Normalbeschäftigungsverhältnissen von 2005 bis 2007 ist die Zahl atypisch Beschäftigter weiter gestiegen. Das heißt, im Saldo sind in den vergangenen zehn Jahren rund 1,1 Millionen mehr atypisch Beschäftige hinzugekommen als die Zahl der Personen in Normalarbeitsverhältnissen per Saldo zurückgegangen ist. Der beobachtete Zuwachs an abhängiger Beschäftigung in diesem Zeitraum ist Ergebnis der deutlichen Zunahme an atypischer Beschäftigung. Aus diesen Zahlen lässt sich nicht schließen, in welchem Ausmaß Normalarbeitsverhältnisse durch atypische Beschäftigungsverhältnisse ersetzt wurden oder atypische Beschäftigung in ganz anderen Zusammenhängen neu entstanden ist, während Normarbeitsverhältnisse abgebaut wurden. * Das Normalarbeitsverhältnis bleibt trotzdem auch 2007 die dominante Form abhängiger Beschäftigung … Knapp drei Viertel der abhängig Beschäftigten im Alter von 15 bis 64 Jahren, die nicht in Bildung oder Ausbildung waren, befanden sich 2007 in einem Normalarbeitsverhältnis. In konkreten Zahlen gesagt, arbeiteten von den 30,2 Millionen abhängig Beschäftigten 22,5 Millionen in einem Normalarbeitsverhältnis. Entsprechend waren 25,5% oder gut ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer atypisch beschäftigt. Diese Gruppe umfasste 2007 7,7 Millionen Personen. … Die Bedeutung des Normalarbeitsverhältnisses hat – wie wir sehen konnten – in den letzten 10 Jahren abgenommen. Setzt man diese Veränderungen allerdings in Relation zur Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten, so stellt sie sich weniger dramatisch dar. Trotzdem ist die Entwicklung unverkennbar: Der Anteil der Personen in einem Normalarbeitsverhältnis ist seit 1997 um 8,0 Prozentpunkte gesunken. Er lag vor zehn Jahren noch bei 82,5%. Spiegelbildlich ist der Anteil atypisch Beschäftigter im Zeitraum von 1997 bis 2007 von 17,5% auf 25,5% gestiegen. * Zeitarbeit wächst besonders dynamisch, Teilzeitbeschäftigung ist mengenmäßig am bedeutendsten … Knapp 5 Millionen oder 16,4% der abhängig Beschäftigten befanden sich 2007 in einer Teilzeitbeschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 oder weniger Stunden. Geringfügig Beschäftigte waren 2,8 Millionen Personen und nicht wesentlich weniger, nämlich 2,7 Millionen, waren befristet beschäftigt. Zeitarbeitnehmer spielten 2007 quantitativ noch eine geringe Rolle: sie machten gerade 614 000 oder 2,0% der abhängig Beschäftigen aus. … Wichtig zu bemerken ist, dass es zwischen den Gruppen atypisch Beschäftigter mehr oder minder ausgeprägte Überschneidungen gibt. So waren 2007 beispielsweise 2,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichzeitig geringfügig und in Teilzeit beschäftigt. Die Zahl atypisch Beschäftigter hat in allen Formen zugenommen. Quantitativ am bedeutendsten ist die Steigerung der Teilzeitbeschäftigten von über 1,5 Millionen. Relativ betrachtet entspricht das einer Zunahme von gut 45%. Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist zwar absolut nur um gut 430 000 gestiegen, was allerdings einer enormen Steigerung um 235% gleichkommt. * Anteil der Frauen in atypischer Beschäftigung immer noch mehr als zweieinhalbmal so groß wie der der Männer Arbeitnehmerinnen befanden sich im gesamten betrachteten Zeitraum viel häufiger in atypischer Beschäftigung als ihre männlichen Kollegen. 2007 waren es 38,4% der abhängig beschäftigten Frauen und nur 14,0% der abhängig beschäftigten Männer. Zehn Jahre zuvor lagen die entsprechenden Anteile noch bei 29,7% beziehungsweise 7,7%. Damit ist der Anteil der Arbeitnehmer relativ gesehen stärker gestiegen als der der Arbeitnehmerinnen, der Abstand bleibt aber auch 2007 … deutlich. … Wesentlicher Grund für dieses Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern ist die große Zahl der in Teilzeit beschäftigten Frauen. 2007 betrug ihr Anteil unter den abhängig beschäftigten Frauen 30,2%, der entsprechende Anteil der Männer lag bei 4,1%. Die Anteile der befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind mit 8,4% und 9,3% sehr ähnlich. Der Anteil der abhängig beschäftigten Männer in Zeitarbeit ist mit 2,6% hingegen größer als der der Frauen mit 1,4%. * Am ehesten atypisch beschäftigt sind junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer … Atypische Beschäftigung spielt in der konkreten Arbeitswelt nicht für alle gesellschaftlichen Gruppen im gleichen Ausmaß eine Rolle, wie wir es bereits deutlich beim Vergleich von Männern und Frauen sehen konnten. … die jüngste Gruppe hebt sich deutlich von den anderen ab. Während der Anteil der atypisch Beschäftigten an 15- bis 24-jährigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Jahr 2007 bei 39,2% lag, befanden sich die Anteile der anderen Altersgruppen auf einem deutlich niedrigeren Niveau und waren sich mit Werten zwischen 22,4% und 26,6% relativ ähnlich. Im Vergleich zur Situation zehn Jahre davor kann man zunächst feststellen, dass alle Altersgruppen von der Zunahme atypischer Beschäftigung betroffen sind. Und auch bei der Veränderung seit 1997 ist es die jüngste Altersgruppe, die sich von den anderen unterscheidet. Stieg der Anteil atypisch Beschäftigter für die Altersgruppen ab 25 Jahren binnen zehn Jahren im Schnitt um 7 Prozentpunkte, so ist der Anteil der jüngsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um fast 20 Prozentpunkte gestiegen. Er hat sich damit verdoppelt. * … gering Qualifizierte … Auch der Bildungsstand hat einen Einfluss darauf, ob ein Arbeitnehmer atypisch oder normal beschäftigt ist. … Auch hier zeigen sich 2007 markante Unterschiede in den Anteilen. Der Anteil atypisch Beschäftigter ist bei der Gruppe ohne anerkannte Berufausbildung mit fast 40% am höchsten. Unter den Personen mit einem mittleren Berufsabschluss entspricht der Anteil atypisch Beschäftigter von 25% nahezu dem Durchschnitt aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von 15 bis 64 Jahren. Noch geringer ist der Anteil für die Gruppe der abhängig Beschäftigten mit einem tertiären Abschluss: Er lag 2007 bei 18,3%. Ein Blick auf die Situation im Jahr 1997 zeigt, dass sich die Bildungsgruppen auch vor zehn Jahren hinsichtlich ihres Anteils atypisch Beschäftigter unterschieden – wenn auch auf insgesamt niedrigerem Niveau. Die Unterschiede waren aber nicht so ausgeprägt wie 2007 und es fällt auf, dass atypische Beschäftigung unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einem mittleren Berufsabschluss 2007 eindeutig eine größere Rolle spielte als unter den Hochqualifizierten, während das 1997 noch nicht der Fall war. * … und auch Nicht-EU-Ausländer sind häufiger atypisch beschäftigt Die Staatsangehörigkeit der in Deutschland lebenden Erwerbspersonen ist in mehrerer Hinsicht von Bedeutung für ihre Erwerbsbeteiligung. Zum einen ist sie mit einem rechtlichen Status verknüpft, der die Möglichkeiten, in Deutschland zu arbeiten, bestimmt. Außerdem ist eine ausländische Staatsangehörigkeit mit einem Migrationshintergrund verbunden. Personen mit Migrationshintergrund müssen häufiger sprachliche Hürden überwinden oder verfügen nur über im Ausland erlangte und hier eingeschränkt anerkannte Bildungsabschlüsse. … Die Anteile atypisch Beschäftigter unter den deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und unter denen mit der Staatsangehörigkeit eines EU15-Mitgliedstaates waren 2007 fast gleich sie lagen jeweils bei knapp 25%. Sehr viel häufiger atypisch beschäftigt sind die übrigen Ausländer. Bei ihnen macht der entsprechende Anteil 37,5% aus. Ähnlich wie bei den beiden anderen Unterscheidungen nach Alter und Bildung hat sich der Anteil atypisch Beschäftigter seit 1997 für alle Teilgruppen erhöht, eine sehr deutliche Veränderung ist aber nur für eine davon zu beobachten. In diesem Fall sind es die Nicht-EU-Ausländer. Ihr Anteil atypisch Beschäftigter ist binnen zehn Jahren um fast drei Viertel angestiegen. … “ Das Statement von Wolfgang Strohm im Volltext entnehmen Sie bitte dem Anhang.

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Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland

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