Volkswirtschaftliche Potenziale am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt

NACHHALTIGE BILDUNGSINVESTITIONEN IN INTENSIVE FÖRDERUNG NOTWENDIG – präventiv ansetzende Strategien ausbauen Der Übergang von der Schule in Ausbildung und Beschäftigung ist in den lezten Jahren problematischer und langwieriger geworden. Zunehmend benötigen Jugendliche Hilfestellungen bei der Integration in Ausbildung und Beruf. Die Aufnahme einer Ausbildung verzögert sich. Jugendliche bemühen sich häufig erfolglos mehrere Jahre hintereinander um eine Ausbildungsstelle. Derzeit gibt es über 300.000 jugendliche Altbewerber, die bei den Arbeitsagenturen auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle gemeldet sind. Mit vielfältigen Unterstützungsen will die öffentliche Hand behilflich sein. Der Förderschwerpunkt liegt jedoch auf Maßnahmen zur Ausbildungs- und Berufsvorbereitung sowie Ausbildungsförderung. Die Frage nach der Effektivität eines solchen Förderungssystems – sogenannten Übergangssystems – wird derzeit im Zusammenhang mit den finanziellen Aufwendungen diskutiert u.a. der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, Manfred Kremer, fordert eine effektive und effiziente Steuerung der Integrationshilfen im Bereich des Übergangsmanagements. Reform- und Bildungsanstrengungen, die das System strukturell verändern, werden als notwendig erachtet, um die heterogene Zielgruppe zu integrieren. Das System bedarf einer Reform, die die Integrationsfähigkeit der beruflichen Bildung sowie des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes für Leistungsschwächere und benachteiligte Jugendliche stärkt. Eine solche Reform erfordert die o.g. effektive und effiziente Steuerung der Hilfeleistungen. Um das erforderliche Steuerungswissen zu generieren, fehlt es derzeit an belastbaren Daten über finanzielle Investitionen in die jeweiligen Leistungen sowie deren Zuordnung zu Personengruppen der Zielgruppe. Es liegen bisher nur Teilstudien zum Kostenumfang und zur Art der Hilfe/Integrationsleistung vor. An dieser Stelle setzt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft im Auftrag der Bertelsmann Stiftung an. Die gerade veröffentlichte Erhebung analysiert volkswirtschaftliche Potenziale am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Auszüge aus der Studie zu direkten und indirekten Kosten des Übergangsgeschehens: “ ZIELE UND VORGEHENSWEISE DER STUDIE Ziel der Studie, … ist es, die gesamtwirtschaftlichen Kosten der derzeitigen Probleme beim Übergang von der Schule in Ausbildung und Beschäftigung zu identifizieren, um damit Finanz- und Effizienzpotenziale für eine bessere Förderung und Integration der Problemgruppen aufzuzeigen. Dazu wurde eine gesamtfiskalische Kalkulation der Kosten und Ausgaben für Hilfestellungen und Unterstützungsmaßnahmen beim Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf etwa durch Integrationshilfen für Jugendliche und junge Menschen erstellt. Dabei wird zwischen direkten und indirekten Kosten beziehungsweise Ausgaben differenziert, um unmittelbare Maßnahmekosten und individuelle sowie gesellschaftliche Folgekosten unterscheiden zu können. Der Hauptfokus liegt auf Maßnahmen und Qualifizierungsangeboten für Jugendliche im Alter bis 25 Jahre, die ohne weitere Hilfen nicht den direkten Sprung von der Schule über eine Berufsausbildung in den Arbeitsmarkt schaffen. Dies können je nach Maßnahme „benachteiligte“ Jugendliche, Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss, Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Jugendliche sein. Maßnahmen für behinderte Jugendliche, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung oder zur Sicherung des Eingliederungserfolgs besondere Hilfen benötigen, werden nicht einbezogen. Die identifizierten Integrationsangebote sowie die damit verbundenen Ausgaben werden im Rahmen dieser Studie anhand von vier Zielbereichen kategorisiert der Zielbereich „Berufsvorbereitung“ wird dabei nochmals in zwei Teilbereiche differenziert. – Berufsorientierung: … – Berufsvorbereitung (Förderprogramme): … – Berufsvorbereitung (Berufliche Schulen): … – Ausbildungsförderung: … – Integration in Beschäftigung: … Viele Programme, insbesondere der Länder, konnten jedoch nicht berücksichtigt werden, wenn diese sich nicht speziell an Jugendliche wenden, obwohl auch sie vereinzelt von ihnen profitieren. Die Kosten der Integration in Beschäftigung sind in dieser Studie somit trotz aller Bemühungen untererfasst. … DIREKTE KOSTEN VON MAßNAHMEN ZUR INTEGRATION JUGENDLICHER IN AUSBILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG Die Ausgaben für alle identifizierten staatlichen Integrationshilfen wurden für die Jahre 2001 bis 2007 erfasst. Da für das Jahr 2007 teilweise erst Planwerte vorliegen und zahlreiche Programme im Rahmen der ESF-Förderperiode derzeit umgestellt und genehmigt werden, wird als Basisjahr für die weiteren Auswertungen auf das Jahr 2006 abgestellt. Im Jahr 2006 wurden rund 5,6 Mrd. Euro von der Bundesagentur für Arbeit, dem Bund, den Ländern und Kommunen für Integrationsmaßnahmen aufgewandt. Das Fördervolumen erreichte im Jahr 2002 sein Maximum mit einer Höhe von 6,5 Mrd. Euro. Dieses Niveau wurde im Jahr 2003 gehalten, danach kam es zu einem stetigen und deutlichen Rückgang der Hilfen um rund 16,5 Prozent. In den letzten beiden Jahren ging die Abnahme bei den direkten Kosten mit einer deutlich verbesserten Ausbildungsmarktsituation und gesunkenen Jugendarbeitslosigkeit einher. Zwischen 2003 und 2005 hingegen waren die direkten Kosten rückläufig, obwohl die Jugendarbeitslosigkeit in diesem Zeitraum deutlich anstieg. Ausschlaggebend für den Rückgang der Mittel von 2002 bis 2005 ist in erster Linie das allmähliche Ausklingen des von der BA durchgeführten Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. … Ausgaben der öffentlichen Hand verteilen sich auf die zugrunde gelegten inhaltlichen Zielkategorien wie folgt: 1. Berufsorientierung: Für Programme der Berufsorientierung wurden im Jahr 2006 rund 68 Mio. Euro verausgabt. Hier lässt sich zudem ein Teil der 242 Mio. Euro aus der Jugendsozialarbeit hinzurechnen, deren Maßnahmen an der Schnittstelle zwischen Berufsorientierung, Berufsvorbereitung und Ausbildungsförderung anzusiedeln sind und sich anhand der verfügbaren Daten nicht auf diese Zielbereiche trennscharf aufteilen lassen. Diese Mittel werden daher separat ausgewiesen. 2. Berufsvorbereitung (Förderprogramme): Die Ausgaben von BA, Bund und Ländern für Maßnahmen der Berufsvorbereitung lagen im Jahr 2006 bei insgesamt 790 Mio. Euro. 3. Berufsvorbereitung (Berufliche Schulen): Für die Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen haben Länder und Kommunen im Jahr 2006 rund 1,90 Mrd. Euro aufgewandt. 4. Ausbildungsförderung: Für die Förderung von Ausbildungsplätzen und die Unterstützung von Auszubildenden, die während der Ausbildung begleitet und zur erfolgreichen Abschlussprüfung geführt werden sollen, wurden 1,63 Mrd. Euro im Jahr 2006 ausgegeben. 5. Integration in Beschäftigung: Auf Maßnahmen speziell für Jugendliche mit Problemen an der zweiten Arbeitsmarktschwelle sowie auf Maßnahmen, von denen Jugendliche als Teil der Zielgruppe profitieren, entfielen im Jahr 2006 etwa 906 Mio. Euro, die vor allem aus BA-Mitteln finanziert wurden. … Der Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen in Verbindung mit entsprechenden Förderprogrammen kommt eine zentrale Bedeutung bei der Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung zu, da hierauf knapp die Hälfte der Fördermittel entfällt. Es folgt mit 29,5 Prozent der öffentlichen Ausgaben der Zielbereich Ausbildungsförderung. Auch die Integration in Beschäftigung erreicht mit gut 16 Prozent noch eine vergleichsweise große Bedeutung, während auf die stärker präventiv ausgerichtete Berufsorientierung lediglich 1,4 Prozent entfallen. … Bei den Integrationshilfen trägt die BA mit einem Anteil von knapp der Hälfte aller Ausgaben die größte Finanzierungslast. Gemeinsam mit den Förderprogrammen der Bundesministerien entfällt somit mehr als die Hälfte der Ausgaben der öffentlichen Hand auf die Bundesebene. Die Länder tragen – gemeinsam mit den Kommunen – über die Finanzierung der beruflichen Schulen und ihre Förderprogramme gut 44 Prozent aller Ausgaben zur Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung im Jahr 2006. Die restlichen gut vier Prozent entfallen auf Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen der Jugendsozialarbeit. Die Förderstruktur … stellt sich in den einzelnen Bundesländern sehr heterogen dar. Während in den ostdeutschen Ländern die Ausbildungsförderung eine große, teilweise sogar zentrale Rolle spielt, steht in den westdeutschen Ländern die Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen im Vordergrund. Zur Förderstruktur in Ostdeutschland trägt dabei maßgeblich das Ausbildungsplatzprogramm Ost bei. Die insgesamt stärkere Ausrichtung auf die Ausbildungsförderung geht dort mit einer deutlich höheren Jugendarbeitslosigkeit und Strukturschwäche in zahlreichen Regionen einher. … Hinsichtlich der Förderstruktur in einzelnen Ländern fällt der hohe Anteil der Berufsorientierung in Nordrhein- Westfalen ins Auge. Dieser ist allerdings auf Einmalausgaben im Jahr 2006 im Rahmen des Programms „Kompetenzcheck“ zurückzuführen … . Ebenfalls ein besonders hoher Anteil entfällt … auf … Integration in Beschäftigung in Sachsen-Anhalt. Dieser erklärt sich vornehmlich aus der Förderung im Rahmen des Programms „Gegen Abwanderung Junger Landeskinder“. … Werden die direkten Kosten der Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung auf die 555.902 Teilnehmer in Berufsvorbereitung und Ausbildungsförderung bezogen, so resultiert für das Jahr 2006 ein Kostensatz in Höhe von 10.050 Euro je Teilnehmer. … INDIREKTE KOSTEN EINER NICHT GELINGENDEN INTEGRATION JUGENDLICHER IN AUSBILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG Während direkte Kosten anfallen, weil mit staatlichen Bildungsmaßnahmen und Programmen Jugendlichen bei der Integration in Ausbildung und Beschäftigung geholfen werden soll, kommen indirekte Kosten zustande, wenn Jugendliche es trotz dieser Hilfen nicht schaffen, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen und in eine adäquate Beschäftigung einzumünden, oder wenn Jugendliche diese Hilfen nicht in Anspruch nehmen. Auch mit den vorhandenen Angeboten im Bereich der Berufsorientierung, der Berufsvorbereitung, der Ausbildungsförderung und der Integration in Beschäftigung gelingt nicht allen Jugendlichen nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schulen ein zügiger und erfolgreicher Einstieg in eine Ausbildung. In diesen Fällen entstehen indirekte (Folge-)Kosten. Einen volkswirtschaftlichen Verlust stellt dabei in erster Linie die entgangene Wertschöpfung dar. Wer keine Ausbildung erfolgreich abschließt, ist im Durchschnitt schlechter qualifiziert, daher auch weniger produktiv und erzielt ein niedrigeres Einkommen. Der Verlust an Wertschöpfung speist sich damit zum einen aus der geringeren Produktivität aufgrund einer verzögerten oder nicht beendeten beruflichen Ausbildung. Zum anderen resultiert hieraus unter den in Deutschland gegebenen Arbeitsmarktrahmenbedingungen ein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko der Betroffenen. … Im Rahmen der … Studie wurde in den folgenden fünf Bereichen geprüft, inwiefern entsprechende indirekte Kosten misslungener Integration aufgrund einer fehlenden Berufsausbildung ermittelt und dokumentiert werden können: (1) Einsparpotenziale in der Arbeitslosenversicherung (ALG I) (2) Einsparpotenziale in der sozialen Mindestsicherung (ALG II) (3) entgangene Wertschöpfung aufgrund einer fehlenden Berufsausbildung (4) Einsparpotenziale aufgrund von verminderter Kriminalität (5) Einsparpotenziale im Gesundheitssystem. In den ersten drei Bereichen konnten entsprechende Schätzungen für die indirekten Kosten vorgenommen werden, in den letzten beiden Bereichen fehlten dafür belastbare Basisdaten. Zudem konnte das Ausmaß des kausalen Zusammenhangs zwischen Bildungsstand einerseits sowie den Kriminalitäts- und Gesundheitskosten andererseits nicht eindeutig bestimmt werden. Die Berechnung der Einspar- und Wertschöpfungspotenziale einer verbesserten Integration in Ausbildung und Beschäftigung basiert auf der Annahme, dass geringqualifizierte Erwerbspersonen nachträglich eine Berufsausbildung absolvieren. Dadurch sinkt annahmegemäß zum einen ihr Arbeitslosigkeitsrisiko auf das von Erwerbspersonen mit Berufsausbildung, zum anderen steigt ihr Durchschnittseinkommen auf deren Niveau. … Als Einsparpotenzial wird auf diese Weise ermittelt, welche Kosten in der sozialen Sicherung durch den Rückgang von Arbeitslosigkeit durch eine Nachqualifizierung vermieden werden könnten. Das Wertschöpfungspotenzial wird über die steigende Produktivität anhand des potenziell erreichbaren Einkommens ermittelt. … * Indirekte Kosten der sozialen Grundsicherung … Um näherungsweise die Kosten fehlender Berufsausbildung zu bestimmen, ist beim ALG II zunächst die Bemessungsgrundlage abzugrenzen, da nicht alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) berücksichtigt werden konnten. Zur Bemessungsgrundlage wurden jene Leistungen gezählt, die einen existenzsichernden Charakter aufweisen und die für die überwiegende Zahl der Bedarfsgemeinschaften gewährt werden: das Arbeitslosengeld II, das Sozialgeld, die Leistungen für Unterkunft und Heizung, die Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Leistungen. … Es ergibt sich im Bereich der sozialen Grundsicherung ein theoretisches Einsparpotenzial von gut 11 Mrd. Euro jährlich, wenn alle 7,2 Mio. Erwerbspersonen ohne Berufsausbildung nachqualifiziert würden. Dieser Wert lässt sich wiederum als Pro-Kopf-Angabe bezogen auf alle Erwerbspersonen berechnen, die eine Nachqualifizierung benötigen: Das Einsparpotenzial durch eine Nachqualifizierung von Personen ohne Berufsausbildung in der sozialen Grundsicherung beträgt 1.653 Euro pro Erwerbsperson im Jahr 2006. … Neben der Realisierung von Einsparpotenzialen durch eine Qualifizierung von Arbeitslosen und Personen in der Grundsicherung lassen sich durch eine Nachqualifizierung von Erwerbstätigen ohne Berufsausbildung zusätzliche Wertschöpfungspotenziale realisieren. Zum einen erzielen Erwerbstätige mit Berufsausbildung durchschnittlich ein höheres Einkommen als jene, die keine abgeschlossene Berufsausbildung aufweisen. Zum anderen liegt die Arbeitslosenquote von Personen mit Berufsausbildung niedriger und spiegelbildlich ihre Erwerbsquote höher, wodurch sie im Durchschnitt aller Erwerbspersonen einen Einkommensvorsprung erzielen. Beide Effekte zusammen ergeben für das Jahr 2006 eine entgangene Wertschöpfung in Höhe von 10.015 Euro pro Geringqualifiziertem. Mit anderen Worten: Das Wertschöpfungspotenzial durch eine Nachqualifizierung von Erwerbspersonen ohne Berufsausbildung beträgt 10.015 Euro pro Erwerbsperson im Jahr 2006. * Indirekte Kosten sowie Einspar- und Wertschöpfungspotenziale pro Kopf Für die gesamte Gruppe der heute Geringqualifizierten scheinen die hier getroffenen Annahmen nicht realistisch bzw. realisierbar. Sie dienen allerdings auch lediglich dazu, das Ausmaß der indirekten Kosten pro Kopf im Durchschnitt aller Personen ohne Berufsausbildung kalkulatorisch zu ermitteln, um mit dieser rechnerischen Größe die vorhandenen Einspar- und Wertschöpfungspotenziale einer besseren Integration in Ausbildung und Beschäftigung zu verdeutlichen. … Für die Ermittlung des Einspar- und Wertschöpfungspotenzials pro Kopf wurden die indirekten Kosten durch die Anzahl der gering qualifizierten Erwerbspersonen dividiert. Es ergibt sich die Summe aus Wertschöpfungspotenzial durch eine höhere Produktivität und ein höheres Einsparpotenzial im Rahmen des Arbeitslosengelds I und II, das aus einer nachträglichen Berufsausbildung eines Geringqualifizierten resultiert. Eine nicht gelungene Integration in Ausbildung und Beschäftigung ist im Jahr 2006 mit durchschnittlich 11.961 Euro pro Kopf an indirekten Kosten für Arbeitslosigkeit und entgangene Wertschöpfung verbunden. Damit liegen die indirekten Kosten je Erwerbsperson in der jährlichen Betrachtung höher als die direkten Kosten je Teilnehmer an Berufsvorbereitung und Ausbildungsförderung pro Kopf und Jahr. Dies verdeutlicht, dass Investitionen in die Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung gut angelegt sind, wenn sie – auch bei gewissen Rückschlägen und Wiederholungen – letztlich zum gewünschten Erfolg führen. Denn die gesellschaftlichen Folgekosten fallen Jahr für Jahr an und kumulieren sich über den gesamten Lebensverlauf der betroffenen Personen. BILDUNGSPOLITISCHE REFORMOPTIONEN … Ein weiteres Einsparpotenzial – zusätzlich zur demographischen Rendite – könnte bis zum Jahr 2015 durch die Umsetzung von drei zentralen bildungspolitischen Reformzielen realisiert werden: 1. Zahl der Schulabgänger mit mangelnder Ausbildungsreife verringern: Ziel ist es, die Zahl der Jugendlichen zu reduzieren, die Integrationshilfen in Ausbildung und Beschäftigung benötigen. Dies kann durch die intensivere Förderung im Vorschulalter und während der Schulzeit sowie eine intensivere Berufsorientierung gefördert werden. 2. Verweildauer im Übergangssystem reduzieren: Durch eine intensivere Förderung und eine effizientere Maßnahmenstruktur soll die Verweildauer in Übergangsmaßnahmen verkürzt werden. Momentan verbringt jeder benachteiligte Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss rechnerisch rund 1,4 Jahre im Integrationssystem. Durch Einstiegsqualifizierungen gelingt es beispielsweise in sechs bis maximal zwölf Monaten drei Viertel der Teilnehmer in eine Ausbildung zu integrieren. 3. An- und Ungelernte nachqualifizieren: Durch den nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses, der den Anforderungen des Arbeitsmarktes genügt, soll zum einen die Arbeitslosigkeit von Geringqualifizierten gesenkt und zum anderen ihr Einkommen und Wertschöpfungsbeitrag gesteigert werden. Hierfür könnten beispielsweise berufsbegleitende modulare Qualifizierungsangebote und Unterstützungshilfen für die Hinführung zu einer Externenprüfung zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses bereitgehalten werden. … Insgesamt würde ein zwischen allen wichtigen Beteiligten aufeinander abgestimmtes Bündel an Maßnahmen in Verbindung mit einer weiteren Verbesserung der Berufsorientierung und des Übergangsmanagements anhand von Standards die … Schwächen des Integrationssystems deutlich verringern. Besonders die vier beschriebenen Integrationsbereiche müssten dafür durchgängig als zusammenhängende Förderwege konzipiert werden … Im Hinblick auf eine in Zukunft bessere Abstimmung und Verzahnung der einzelnen Maßnahmen und Förderprogramme über Träger- und Finanzierungsgrenzen hinweg scheint die Beachtung einiger Gütekriterien für die Implementation, Durchführung und Steuerung von Maßnahmen zur Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung sinnvoll: – Zielgruppendefinition. Die Zielgruppen sollten möglichst trennscharf anhand operationalisierbarer Kriterien beschrieben und nicht zu breit gefasst werden. Programme laufen sonst Gefahr, beliebig zu werden, Fehlanreize und Mitnahmeeffekte zu verursachen und somit mangelnde Effizienz auszulösen. Sie würden damit eine passgenaue individuelle Förderung der Jugendlichen erschweren. – Programmzuschnitt. Die Qualifizierungsmaßnahmen sollten auf der Grundlage eines Teilnehmerprofils individuell maßgeschneidert werden und müssen dafür ausreichend flexibel gestaltet sein. Idealerweise steht am Anfang einer Maßnahme die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils der potenziellen Teilnehmer. – Potenzialorientierung. Es sollten die Stärken der Jugendlichen und nicht ihre Defizite betont und im Hinblick auf eine Anschlussperspektive in Ausbildung und Beschäftigung ausgebaut werden. Dabei sollte jedoch nicht aus dem Blick geraten, vorhandene Defizite etwa im Bereich der basalen grundlegenden Schreib- und Rechenkompetenzen auszugleichen, was derzeit in zahlreichen Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich der Berufsvorbereitung deutlich zu kurz kommt. Hierfür sind auch geeignete diagnostische Verfahren einzusetzen. – Betriebspraxis. Alle bislang vorliegenden Evaluations- und Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass stärker praxisorientierte Bildungsgänge im Bereich der Berufsvorbereitung sinnvoll sind. Je intensiver die betriebliche Praxis dabei einbezogen wird, desto besser stehen die Integrationschancen der Jugendlichen. Dies zeigt sich beispielsweise am EQJ-Programm. Allerdings lässt sich dieser Grundsatz nicht auf alle Zielgruppen anwenden, besonders wenn es sich um Jugendliche mit multiplen Integrationsproblemen handelt, die spezifischere und passgenaue Betreuungsangebote benötigen. – Anrechenbarkeit. Zudem wäre die Anrechnung von bereits in Phasen der Berufsvorbereitung erworbenen und dokumentierten Qualifikationen oder Fähigkeiten auf eine spätere duale Ausbildung hilfreich. Für Jugendliche und Betriebe könnte dies eine Verkürzung der Ausbildungszeiten bedeuten und gleichzeitig die Transparenz der erlangten Qualifikationen steigern. – Evaluation. Es sollte eine systematisch angelegte und nach übergreifend definierten Qualitätsstandards aufsetzende Evaluation vorgesehen werden. Diese sollten idealerweise mit Konsequenzen in der Steuerung versehen werden, wenn bestimmte Evaluationsergebnisse resultieren. … Um alle aktuellen Reformbestrebungen zu bündeln und zudem weitere Anstrengungen anzustoßen, stellt die Verabredung konkreter bildungspolitischer Ziele, die anhand geeigneter Indikatoren operationalisiert werden, eine sinnvolle Strategie dar. Derzeit wird im Hinblick auf den geplanten Qualifizierungsgipfel am 22. Oktober 2008 zwischen Bund und Ländern über die Vereinbarung diskutiert, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss sowie die Zahl der Ausbildungsabbrecher in den kommenden fünf Jahren jeweils zu halbieren. … ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN … Derzeit kommen der Berufsorientierung, der Berufsvorbereitung und der Ausbildungsförderung im Bildungssystem eine kurative Funktion zu, da sie überwiegend Bildungsfunktionen wie die Sozialisation und die Vermittlung von Basiskompetenzen erfüllen, die originär in der vorgelagerten Bildungsstufe, den allgemeinbildenden Schulen, angesiedelt sind. Dennoch sind sie im Kern erforderlich, um die Integration zu sichern und entsprechende Folgekosten zu vermeiden. Dabei scheint künftig eine intensivere Begleitung der Jugendlichen und ihrer individuellen Übergangsprozesse bis hin zur erfolgreichen Integration in Ausbildung und Beschäftigung sinnvoll, um nachhaltigere Erfolge als in der Vergangenheit zu erzielen, die Zahl der „Drop-outs“ zu verringern und Effizienzpotenziale im gesamten Bildungssystem zu realisieren. Eine stärker regional gestaltete und vernetzte Bildungsberatung, ein trägerübergreifendes Übergangsmanagement sowie die Vereinbarung zentraler und durchgängig gültiger Gütekriterien für die Implementierung, Durchführung und Steuerung von Maßnahmen zur Integration Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung stellen hier wichtige Ansatzpunkte dar. … Im mittleren Reformszenario ließen sich kumuliert für die Jahre von 2007 bis 2015 – zusätzlich zu einer demographischen Rendite in Höhe von 7,5 Mrd. Euro – insgesamt 13,4 Mrd. Euro an direkten und 15,9 Mrd. Euro an indirekten Kosten durch eine verbesserte Integration von Jugendlichen in Ausbildung und Beschäftigung einsparen oder in eine intensivere Förderung dieser Problemgruppe reinvestieren. Hinzu kommen Einspar- und Wertschöpfungspotenziale infolge des nachträglichen Erwerbs eines Berufsabschlusses von Geringqualifizierten in Höhe von kumuliert 21,5 Mrd. Euro. … Die Vorteilhaftigkeit einer stärker präventiv ansetzenden Strategie mit einer möglichst intensiven Förderung benachteiligter Jugendlicher im Sinne von nachhaltigen Bildungsinvestitionen zeigt sich eindrucksvoll an der Relation von direkten und indirekten Kosten. Mit den aktuellen Problemen beim Übergang in Ausbildung und Beschäftigung sind gegenwärtig pro Kopf und Jahr rund 10.000 Euro an direkten Kosten für Integrationsmaßnahmen sowie 12.000 Euro an indirekten Kosten in Form von gesellschaftlichen Folgekosten durch höhere Arbeitslosigkeit, geringere Erwerbsbeteiligung und entgangene Wertschöpfung verbunden. …“ Autoren der Studie: Dirk Werner Dr. Michael Neumann Dr. Jörg Schmidt Die Studie können Sie dem Anhang in einer Kurzfassung entnehmen oder per Link auf die Langfassung gelangen.

http://www.bertelsmann-stiftung.de
http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F0A-252C3535/bst/hs.xsl/nachrichten_90745.htm

Quelle: Bertelsmann Stiftung

Dokumente: Kurzfassung_Volkswirtschaftliche_Potenziale_am_Uebergang_von_der_Schule_in_die_Arbeitswelt___Bertelsmann_Stiftung.pdf

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