BILDUNGSPOLITISCHE FORDERUNGEN DER JUGENDSOZIALARBEIT ZUM BILDUNGSGIPFEL VON BUND UND LÄNDERN Der Bildungsgipfel am 22. Oktober 2008 wird sich der Thematik aus unterschiedlichsten Richtungen nähern müssen um zu tatsächlichen strukturellen Veränderungen des Systems zu kommen. Der zweite Nationale Bildungsbericht belegt, dass Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen schlechtere Bildungschancen haben. Die ohnehin erschwerten Startchancen insbesondere für junge Menschen aus prekären Verhältnissen werden durch derzeitige Ausgestaltung des Bildungs- und Ausbildungssystems weiter verschlechtert. Eine angemessene Förderung aller Kinder und Jugendlichen gelingt nicht. Über 80.000 junge Menschen verlassen jedes Jahr die Schule ohne Abschluss. Von einer Passgenauigkeit am Übergang Schule-Beruf kann keine Rede sein. Die Zahl arbeitsloser Jugendlicher und Jugendlicher ohne Zugangchancen zum Ausbildungsmarkt ist mit über 300.000 nach wie vor viel zu hoch. Welchen Herausforderungen muss sich die Politik stellen, um ein gerechters Bildungssystem zu schaffen? Welche Unterstützung ist für Jugendliche mit sozialer Benachteiligung und/oder individueller Beeinträchtigung notwendig, damit auch sie erfolgreich am vielfältigen Bildungsangebot partizipieren können? Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit formuliert in einem Positionspapier Forderungen an die Bildungspolitik, damit bessere Bildung für alle Kinder und Jugendlichen ermöglicht werden kann. Auszüge aus dem Positionspapier zum Bildungsgipfel von Bund und Ländern: “ … Der Übergang in den Beruf ist schwierig und riskant geworden. Diese schwierigen Voraussetzungen für Jugendliche – der Bildungsbericht spricht zu Recht von grundsätzlichen Passungsproblemen zwischen Schulsystem und Arbeitsmarkt – führen unter anderem dazu, dass das so genannte Übergangssystem, also Angebote an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf, in den letzten Jahren stark ausgeweitet wurde: Bis zu 500.000 jungen Menschen (das entspricht 40% der Schulabgänger/innen von allgemeinbildenden Schulen) gelingt es zurzeit nicht, unmittelbar im Anschluss an die Schule eine Ausbildung zu beginnen. Das Übergangssystem ist zum bildungspolitischen Puffer geworden, der die mangelnde Passung zwischen Schul- und Ausbildungssystem sowie die konjunkturellen Schwankungen des Arbeits- und Ausbildungsmarktes ausgleichen soll. Dadurch gestalten sich die Übergänge für die jungen Menschen häufig unübersichtlich und langwierig oder gelingen gar nicht. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit begrüßt daher, dass der Bildungsbericht ein besonderes Augenmerk auf die Übergänge junger Menschen in den Arbeitsmarkt gelegt hat und teilt sein Votum, dass es im Übergangssystem dringenden Veränderungsbedarf gibt. Effektivität und Transparenz des Systems sind zu erhöhen. Anliegen und Forderungen des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit: * Chancengerechtigkeit setzt ein neues, erweitertes Bildungsverständnis voraus, das Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellt. Um die Bildungssituation junger Menschen zu verbessern, ist ein erweitertes Bildungsverständnis notwendig, das auch Aspekte nonformaler und informeller Bildung einschließt und die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen einbezieht. Bildungsangebote der Jugendhilfe – mit ihrem Schwerpunkt der individuellen Förderung – sind hierfür unerlässlich: Nur in der engen Kooperation zwischen Schule, Jugendhilfe und Elternhaus kann Bildung nachhaltig verbessert und auch sozialräumlich verankert werden. Dies ist auch für einen qualitativ hochwertigen Ausbau von Ganztagsschulen notwendig. * Chancengerechtigkeit erfordert stabile Hilfesysteme für Kinder und Jugendliche. Qualifizierte (Bildungs-)Angebote und eine verstärkte Kooperation mit der Schule sind für die Jugendhilfe nur zu realisieren, wenn in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit in den Kommunen dafür ein verlässlicher Rahmen mit entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt wird und nicht weiter, wie in den vergangenen Jahren, massive Kürzungen vorgenommen werden: In der Kinder- und Jugendarbeit ist seit 2002 bundesweit ein Stellenrückgang von 28%, im Arbeitsfeld der Jugendsozialarbeit von 6,2% zu verzeichnen. Diese Entwicklung muss gestoppt werden. * Chancengerechtigkeit erfordert eine bessere, individuelle Förderung von allen Kindern und Jugendlichen. Individuelle Förderung muss frühzeitig ansetzen und in der Schule verankert und verwirklicht werden. Umwege beim Übergang aus der Schule in die Arbeitswelt können nur abgebaut werden, wenn das Schulsystem den Anforderungen einer differenzierten, individuellen Förderung von Jungen und Mädchen nachkommt. Eine positive Wahrnehmung der Vielfalt und die Anerkennung von Heterogenität sind im Bildungssystem noch nicht verankert. … Wir unterstützen und fordern eine durchgängige sprachliche Bildung. Diese sollte eingebunden sein in eine allgemeine Kultur der individuellen Förderung und Anerkennung. Erforderlich sind neben strukturellen Umgestaltungen des Schulsystems auch wesentliche Fortentwicklungen in der Aus- und Weiterbildung von Pädagog/inn/en und Lehrer/inne/n, die Aspekte interkultureller Kompetenz und Geschlechtersensibilität einschließen müssen. * Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Zukunftsperspektiven – alle sollen die Schule mit einem Abschluss verlassen. Die Schule muss ihrer Verantwortung bei der Vorbereitung junger Menschen für den Übergang in Ausbildung und Berufstätigkeit wesentlich stärker nachkommen und allen die dafür notwendigen formalen Qualifikationen (Schulabschlüsse) sowie entsprechende Schlüsselkompetenzen (Ausbildungsreife) mit auf den Weg geben. Die große Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss ist nicht akzeptabel. Es muss in allen Bundesländern sichergestellt werden, dass junge Menschen auf allen Schulen – und dies gilt insbesondere für Sonderschulen – die Möglichkeit erhalten, einen anerkannten Schulabschluss zu absolvieren. Zur Unterstützung erfolgreicher Schullaufbahnen ist die Kooperation von Schulen mit Jugendsozialarbeit und Jugendhilfe unabdingbar, um geeignete Präventionsangebote zu verankern. Entsprechende Erfahrungen, z. B. in der Arbeit mit Schulverweigerer/inne/n (Bundesprogramm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“), zeigen den Erfolg dieser Kooperationen. Es gilt außerdem, bereits in der Schule aktiv den Übergang vorzubereiten, z. B. durch frühzeitige Berufsorientierung, durch die Herstellung von Kontakten zu Unternehmen und Möglichkeiten der Berufseinstiegsbegleitung für junge Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf. * Niemand darf verloren gehen – Übergänge müssen sicher und überschaubar gestaltet werden. Das Übergangssystem ist durch ein Nebeneinander unterschiedlichster Programme und Förderangebote mit verschiedenen Zuständigkeiten und Finanzierungen … gekennzeichnet. Verlässlich und erfolgreich kann ein solches System erst durch eine verantwortliche Koordinierung … sowie eine kontinuierliche Übergangsbegleitung der Jugendlichen werden. – Ein verlässliches Übergangssystem muss auf der lokalen oder regionalen Ebene gestaltet, gesteuert und verantwortet werden. Die Steuerung der Angebote ist im Rahmen einer koordinierten Gesamtstrategie transparent zu regeln. Die Angebote der kommunalen Ebene sowie der Landes- und Bundesebene müssen vor Ort aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt werden. – Es geht um passgenaue Angebote und Maßnahmen für junge Menschen, die den regionalen Arbeitsmarkterfordernissen entsprechen. Auf Grundlage begleitender Evaluation sind diese fortlaufend weiterzuentwickeln. Von der modellhaften Erprobung des regionalen Übergangsmanagement (vgl. das Programm „Perspektive Berufsabschluss“ des Bildungsministeriums) müssen wir rasch zu einer flächendeckenden Umsetzung kommen. – Es bedarf entsprechender gesetzlicher Rahmenbedingungen und geeigneter Voraussetzungen für das regionale Übergangsmanagement. Unter der Maßgabe bundeseinheitlicher zentraler öffentlicher Ausschreibungen und konfektionierter Angebote ohne klare Qualifizierungsperspektive kann Übergangsmanagement kaum gelingen. Der Nationale Bildungsbericht weist zu Recht darauf hin, dass die wissenschaftlichen Kenntnisse über das „Übergangssystem“ dringend systematisiert und vertieft werden müssen. Darüber, welche Lernergebnisse erzielt werden und welche Strategien zur Optimierung des Systems sinnvoll sind, bedarf es verstärkter Forschung. Mittelfristig muss das Übergangssystem als ein regulärer Bestandteil in das Bildungssystem integriert werden. … Die sieben im Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit zusammengeschlossenen Organisationen sind bereit, ihren Beitrag zum Gelingen von Bildungsübergängen junger Menschen zu leisten. “ Das Positionspapier im Volltext entnehmen Sie bitte dem Anhang.
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Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit
Dokumente: Uebergaenge_ermoeglichen__Positionspapier_zum_Bildungsgipfel.pdf