„Assistierte Ausbildung“ – ihre Umsetzung und Perspektiven

Die Bundesregierung legt ihre Antwort auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE zur „Assistierten Ausbildung“ vor: Obwohl es unbesetzte Ausbildungsstellen gibt, erhält noch nicht lange nicht jeder Jugendliche eine Ausbildungsstelle. Angesichts dieser Situation werden neue Formen der Ausbildung erprobt und in Fachkreisen diskutiert. Ein Modell ist die „Assistierte Ausbildung“, bei der ein Bildungsträger die Rolle eines Dienstleisters einnimmt, und zwar sowohl für den jungen Menschen als auch für den Betrieb. Durch den Einsatz des Bildungsträgers sollen beispielsweise Betriebe bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber unterstützt werden. Darüber hinaus sollen die jungen Menschen beraten und während der Ausbildung begleitend unterstützt werden. In der Antwort der Bundesregierung werden Angaben zu konkreten Projektansätzen auf der Grundlage des aktuellen Förderungskonzepts gemacht.

Wesentliche Auszüge aus der Antwort:

„In welchem Umfang ist die Bundesregierung an der Konzeption der „Assistierten Ausbildung“ beteiligt, und mit welchen Bildungsinstitutionen und -verbänden sind Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten diskutiert worden?

Antwort: „Assistierte Ausbildung“ ist kein etablierter, fest definierter Begriff. Vielmehr lässt der Begriff verschiedene Perspektiven zu mit Schwerpunkt in der Assistenz von Jugendlichen oder ausbildungsbereiten Betrieben oder in der Berücksichtigung beider Aspekte während oder im Vorfeld der dualen Ausbildung.

Aktuell werden unterschiedliche Projektansätze verschiedener Akteure diesem Oberbegriff zugeordnet. Die Grundidee besteht insbesondere darin, die duale Ausbildung um einen Dienstleister (Bildungsträger) als dritten Partner zu erweitern, der sowohl den Jugendlichen als auch den Betrieben Vorbereitungs- und Unterstützungsangebote unterbreitet.

In diesem Kontext entwickelt und erprobt zum Beispiel der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege in die duale Ausbildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung“ (…) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) Unterstützungsleistungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vornehmlich in der Ausbildung förderungsbedürftiger Jugendlicher.

Die Förderschwerpunkte dieser Modellversuchsförderung des BIBB nach § 90 Berufsbildungsgesetz (BBiG) werden im Hauptausschuss diskutiert. Dem Hauptausschuss gehören Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Länder sowie des Bundes an. (…)

In welchem Verhältnis soll die „Assistierte Ausbildung“ zu anderen Unterstützungs- und Begleitmaßnahmen wie beispielsweise berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Berufseinstiegsbegleitungen oder Einstiegsqualifizierungen stehen (…)?

Antwort: (…) Bei der „Assistierten Ausbildung“ handelt es sich um Projektansätze und Modellversuche. Die derzeitigen Projektansätze für eine „Assistierte Ausbildung“ haben unterschiedliche Zielgruppen im Blick.

Zielgruppe des Projekts „carpo“ sind ausbildungsreife Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und Vermittlungshemmnissen, denen die Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Erstausbildung auf dem ersten Ausbildungsmarkt ohne weitergehende Unterstützungs- und Förderangebote nicht möglich ist. Die Jugendlichen dürfen noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Altbewerber, junge Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund. (…)

Junge Menschen, die zur Herstellung der Ausbildungsvoraussetzungen zunächst eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) benötigen, werden im Rahmen dieses Förderansatzes nicht erfasst. (…)

Der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ des BIBB hat demgegenüber auch noch nicht ganz ausbildungsreife Jugendliche im Blick.

Zur Zielgruppe berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen zählen insbesondere junge Menschen,

  • die noch nicht über die erforderliche Ausbildungsreife oder Berufseignung verfügen oder
  • denen die Aufnahme einer Ausbildung wegen fehlender Übereinstimmung zwischen den Anforderungen des Ausbildungsmarktes und dem persönlichen Bewerberprofil nicht gelungen ist und deren Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen durch die weitere Förderung ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit (…) erhöht werden sollen (…).

Im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung sind förderfähig:

  • bei der Agentur für Arbeit gemeldete Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber mit aus individuellen Gründen eingeschränkter Vermittlungsperspektive, die auch nach den bundesweiten Nachvermittlungsaktionen keine Ausbildungsstelle haben,
  • Ausbildungssuchende, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsreife verfügen, und
  • lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Ausbildungsuchende. (…) In ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 75 SGB III sind lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte junge Menschen, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die Förderung eine Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können, förderungsbedürftig. Förderungsbedürftig sind auch Auszubildende, bei denen ohne die Förderung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen eine vorzeitige Lösung ihres Berufsausbildungsverhältnisses droht.

Auch Modelle „Assistierter Ausbildung“ können als Element begleitend zu einer betrieblichen Berufsausbildung ausbildungsbegleitende Hilfen vorsehen, sofern es sich bei den Teilnehmenden um lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte junge Menschen handelt oder konkrete Hinweise für einen drohenden Ausbildungsabbruch vorliegen.

(…) Da die Modelle der „Assistierten Ausbildung“ an die Durchführung einer betrieblichen Berufsausbildung anknüpfen, handelt es sich bei außerbetrieblicher Berufsausbildung und den Modellen „Assistierter Ausbildung“ um sich ergänzende Ansätze.

Ist geplant, dass die „Assistierte Ausbildung“ bereits vorhandene Maßnahmen ergänzt oder ersetzt, bzw. ist geplant, die derzeitigen Förderungsschwerpunkte zu verlagern?

Antwort: Eine Verlagerung der Förderschwerpunkte ist nicht geplant. Die Bundesagentur für Arbeit plant insbesondere nicht, das Projekt „carpo“ auf weitere Standorte außerhalb des Landes Baden-Württemberg auszudehnen.

In welchem Umfang ist angedacht, die „Assistierte Ausbildung“ durch eine Umwidmung von Mitteln, die bislang für außerbetriebliche Ausbildungsgänge verwendet wurden, zu finanzieren?

Antwort: Eine Umwidmung ist nicht angedacht.

In welchem Verhältnis stehen die Anzahl der Ausbildungsplätze in Betrieben und bei Trägern (von außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen) bezogen auf bereits geplante Projekte einer „Assistierten Ausbildung“?

Antwort: Im Rahmen der Projektförderung zum Thema „Assistierte Ausbildung“ werden keine Ausbildungsplätze gefördert; es wird daher auch keine Anzahl erfasst. (…)

Welche Bildungsträger sollen die „Assistierte Ausbildung“ durchführen, und welche Qualifikationen und Berufsabschlüsse müssen die Beschäftigten aufweisen?

Antwort: Bei der „Assistierten Ausbildung“ handelt es sich um Projektansätze und Modellversuche; eine Ausdehnung ist seitens der Bundesregierung derzeit nicht geplant.
Die im Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ eingebundenen Bildungsträger sind regional etabliert und hatten bereits im Vorfeld gute Kontakte zu den beteiligten Betrieben. Dies wie auch die Qualifikation ihres Personals wurden im Bewilligungsverfahren anhand vereinbarter Kriterien nachgewiesen. (…)

Welchen Einfluss nimmt die Bundesregierung auf das Ausschreibungsverfahren, und wie kontrolliert sie die Einhaltung der tariflichen Standards?

Anwort: Bei den BIBB-Modellversuchen im Rahmen des Modellversuchsförderschwerpunkts „NeueWege/Heterogenität“ handelt es sich in der derzeitigen Ausgestaltung nicht um auszuschreibende Maßnahmen, sondern um Projektförderung. Maßnahmen für das Projekt „carpo“ werden seit dem Jahr 2009 durch das Regionale Einkaufszentrum Südwest der BA für Agenturen für Arbeit und Jobcenter in Baden-Württemberg eigenständig eingekauft. Hierbei werden Leistungen erbracht, die von mehreren Partnern, u. a. vom Land und aus ESF-Mitteln, finanziert werden.

Ob ein Bieter seinen Beschäftigten tarifgebundene Löhne zahlt oder nicht, kann die BA bei Ausschreibungen nur berücksichtigen, wenn die Entgeltvorgaben auf der Grundlage eines im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer gesetzlichen Mindestlohnbestimmung beruhen. (…)

Nach welchen Kriterien können Menschen ohne Berufsabschluss an der „Assistierten Ausbildung“ teilnehmen, und sind darüber hinaus Altersgrenzen angedacht?

Antwort: Die Kriterien im Rahmen des BIBB-Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ werden ausschließlich durch die Anforderungen der Ausbildungsbetriebe vorgegeben; grundsätzlich bestehen keine Altersgrenzen oder sonstigen Einschränkungen, es sei denn, sie wären durch das Sozialgesetzbuch oder andere Gesetze vorgegeben.

Zielgruppe von „carpo“ sind ausbildungsreife Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und Vermittlungshemmnissen, denen die Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Erstausbildung auf dem ersten Ausbildungsmarkt ohne weitergehende Unterstützungs- und Förderangebote nicht möglich ist. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Jugendlichen bisher noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben und die nötigen Voraussetzungen für eine Ausbildung mitbringen. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Altbewerberinnen/Altbewerber, junge Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Eine Altersgrenze ist nicht festgelegt.“

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

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