Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Die Forderungen der BAGFW: ## Die Kürzungsvorgaben in der Arbeitsförderung machen Förderchancen zunichte. Sie beschneiden Fördermöglichkeiten für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose, die trotz der verbesserten Arbeitsmarktsituation sehr geringe Vermittlungschancen haben und gerade deshalb qualifiziert und gefördert werden müssen.
## Instrumente der öffentlich geförderten Beschäftigung dürfen nicht eingeengt, sondern müssen sinnvoll weiterentwickelt werden, damit Langzeitarbeitslose qualifiziert, an den Arbeitsmarkt herangeführt und falls notwendig, längerfristig gefördert werden.
## Die Aktivierung passiver Grundsicherungsmittel muss ermöglicht werden, um öffentlich geförderte Beschäftigung für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose zu finanzieren.
## Anstelle der öffentlichen Ausschreibung arbeitsmarktpolitischer Leistungen sollten Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden können. Bleibt die Vergabe Verfahren der Wahl, sollten vermehrt Verfahren mit Teilnehmerwettbewerb und die freihändige Vergabe greifen.
## Werden Maßnahme- und Trägerzertifizierung zwingend, ist eine Beteiligung der Wohlfahrtspflege im Anerkennungsbeirat erforderlich. Aufwand und Kosten der Zertifizierungsverfahren sind gering zu halten und müssen gegebenenfalls bezuschusst werden. Bis zum Inkrafttreten der Regelung sind längere Übergangsfristen vorzusehen.

Auszüge aus den Erläuterungen:
Zu 1.: Kürzungen der Mittel für die Arbeitsförderung
Aus Sicht der BAGFW kann die proklamierte Ausrichtung aller arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf die Vermittlung in den regulären Arbeitsmarkt für einen Teil der Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht unmittelbar gelten. Für die Gruppe der arbeitsmarktfernen Langzeitarbeitslosen muss vielmehr eine schrittweise, längerfristige soziale und arbeitsmarktliche Integrationsstrategie verfolgt werden.

Im Zusammenhang mit den massiven Kürzungen der Mittel zur Eingliederung besteht die große Gefahr, dass die verbleibenden Mittel und Kräfte der Arbeitsförderung auf so genannte marktnahe Kundinnen und Kunden konzentriert werden. Auch die beabsichtigte Umwandlung arbeitsmarktpolitischer Pflicht- in Ermessensleistungen ist aus Sicht der BAGFW rein fiskalisch begründet. Die BAGFW teilt in diesem Punkt die Kritik im Antrag der Fraktion DIE LINKE, dass Arbeitsuchenden dadurch Fördermöglichkeiten und Rechte beschnitten werden. Die BAGFW wendet sich entschieden gegen diese politische Ausrichtung, denn der Arbeitsmarktaufschwung erfasst nicht alle Arbeitsuchenden gleichermaßen. …

Zu 2.: Öffentlich geförderte Beschäftigung
Der Gesetzentwurf beinhaltet massive Einschnitte und Qualitätsverluste bei den Förderangeboten der öffentlich geförderten Beschäftigung. Die Förderung wird so beschnitten, dass qualitativ hochwertige Konzepte etwa zur Qualifizierung und sozialpädagogischen Betreuung von arbeitsmarktfernen Personen in Arbeitsgelegenheiten nicht mehr möglich sind. Die weitergehende Begrenzung der Arbeitsgelegenheiten durch das Erfordernis der Wettbewerbsneutralität reduziert Handlungsspielräume der gegenwärtigen Förderpraxis. …

Für arbeitsmarktferne Personengruppen müssen auch zukünftig längerfristige Beschäftigungsangebote, wie sie bislang auf Grundlage des Beschäftigungszuschusses gem. § 16e SGB II („Jobperspektive“) möglich waren, erhalten bleiben. Die BAGFW begrüßt, dass das Instrument beibehalten werden soll, kritisiert aber den Wegfall des Qualifizierungszuschusses sowie die Beschränkung der Fördermittel auf 5 Prozent des Eingliederungstitels.

Die BAGFW begrüßt daher, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag einen Vorschlag zur Errichtung eines verlässlichen sozialen Arbeitsmarktes macht. Er soll Arbeitslosen, die mittel- und langfristig kaum Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt haben, durch marktnahe Beschäftigungsangebote gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.

Arbeitsgelegenheiten
Die Zuschusshöhe für den Anbieter von Arbeitsgelegenheiten sollte sich nach den konkret anfallenden Kosten für die Betreuung, die pädagogische, fachpraktische bzw. technische Anleitung und Qualifizierung richten und von Jobcentern vor Ort festgelegt werden
können. Die Fördervoraussetzungen „Zusätzlichkeit“, „öffentliches Interesse“ und „Wettbewerbsneutralität“ sind nicht geeignet, um zentral definiert zu werden. Im Sinne der Nutzung dezentraler Entscheidungskompetenzen sollte die Festlegung der Tätigkeitsfelder
von Arbeitsgelegenheiten den örtlichen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsakteuren vorbehalten sein, wie auch der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert. …

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM)
Aus Sicht der BAGFW ist auch im Rechtskreis SGB III ein Instrument zur öffentlich geförderten Beschäftigung notwendig. Insbesondere in strukturschwachen Regionen und für (ältere) Langzeitarbeitslose im SGB III müssen Möglichkeiten zur öffentlich geförderten Beschäftigung offenstehen, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und das Anwachsen der Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. …
Die BAGFW fordert deshalb, die §§ 260 ff. SGB III im Grundsatz beizubehalten und die Förderkonditionen so zu verbessern, dass Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ihre Bedeutung als arbeitsmarkt- und strukturpolitisches Gestaltungsinstrument wiedererlangen. ABM sollte nach dem Vorbild der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante weiterentwickelt werden, um sinnvolle Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für den wachsenden Anteil Langzeitarbeitsloser an den Arbeitslosen im Rechtskreis SGB III zu eröffnen. …

Zu 4.: Öffentliche Ausschreibungen arbeitsmarktpolitischer Leistungen
Der Gesetzentwurf hält am unflexiblen und in der Praxis wenig bewährten Vergabemodell fest. Das Verfahren mit seinen starren Leistungsbeschreibungen lässt individualisierte Leistungsangebote nicht zu, die aber bei bestimmten Förderbedarfen notwendig sind und
die den Ansprüchen dieses Gesetzgebungsvorhaben entsprächen. Zugleich können Vergabeverfahren unter den Gegebenheiten des sozialen „Marktes“ dem Ausbau einer pluralen Trägerstruktur entgegenstehen. Einer solchen bedarf es aber, um vor Ort insgesamt ein qualifiziertes Leistungsangebot bereitzustellen. Schließlich erweisen sich die bei Vergabeverfahren zum Tragen kommenden Steuerungsinstrumente mit ihren starren und frühzeitigen Festlegungen als wenig geeignet, um flexibel und kurzfristig auf örtliche Gegebenheiten einzugehen. Vergabeverfahren erschweren die Entwicklung niedrigschwelliger Angebote im Sinne der Leistungsberechtigten und verhindern die Einbeziehung der umfassenden fachlichen und inhaltlichen Kompetenz der Träger bei der Ausgestaltung und Weiterentwicklung arbeitsmarktpolitischer Angebote.

Allein bei standardisierten Leistungsangeboten wäre das Vergabeverfahren denkbar. Wo Leistungsberechtigte individuell konzipierte Angebote brauchen, konterkariert das Vergabeverfahren eine passgenaue Förderung. Wird am Vergaberecht festgehalten, sollten alternativ zu öffentlichen Ausschreibungen vermehrt Verfahren mit Teilnehmerwettbewerb und die freihändige Vergabe eröffnet werden. …

Für die Erbringung sozialer Dienstleistungen auf der Grundlage des deutschen Sozialrechtes sind das Subsidiaritätsprinzip und das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten maßgeblich. Bei der Umsetzung dieser Grundprinzipien entsteht ein Dreiecksverhältnis, bei dem sich die staatlichen, so genannten Leistungsträger, nichtstaatlichen Leistungserbringer (Dienstleister) und Leistungsberechtigte (Nutzer der Dienstleistung) in unterschiedlichen Rechtsverhältnissen gegenüberstehen. Leistungserbringer und Leistungsträger schließen Vereinbarungen, wobei bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt werden müssen (vgl. auch SGB VIII und SGB XI). Alle Anbieter, die diese Kriterien erfüllen, können Leistungsvereinbarungen schließen und werden damit auf dem Markt zugelassen. … Im Rahmen dieser Anbietervielfalt sind es die Leistungsberechtigten, die die Auswahl auf der Grundlage des Wunsch- und Wahlrechtes unter den zugelassenen Konkurrenten treffen und so den Wettbewerb entscheiden.
Dementsprechend betont die BAGFW, dass die vorrangige Anwendung des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses mit dem Abschluss von Leistungsvereinbarungen im Sinne des § 17 Abs. 2 SGB II eine wesentlich größere Zielgenauigkeit und inhaltliche Verhältnismäßigkeit ermöglicht.

Zu 5.: Maßnahme- und Trägerzertifizierung
Der Gesetzentwurf verlangt von Trägern … eine Zulassung durch eine fachkundige Stelle. Dabei hat der Träger Anspruch auf die Zulassung, wenn er die Voraussetzungen aus § 178 SGB III-E erfüllt. Gemäß § 176 Abs. 2 müssen auch Maßnahmen nach § 45 SGB III zertifiziert werden, die mit Hilfe eines Gutscheins in Anspruch genommen werden. Wie bei § 178 SGB III haben die Träger gem. § 179 SGB III-E Anspruch auf die Zulassung der Maßnahme, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Werden Träger- und Maßnahmezulassungen zwingend, fordert die BAGFW eine Beteiligung der Wohlfahrtsverbände im Anerkennungsbeirat, da ansonsten das Trägerspektrum nicht repräsentativ vertreten ist. Mit der Erweiterung der einbezogenen Arbeitsmarktdienstleistungen
ergibt sich die Notwendigkeit, auch freie Träger zu berücksichtigen, die nicht durch die Bildungsverbände und Verbände privater Arbeitsvermittler vertreten werden.“

Die Stellungnahme der BAGFW in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang. Ebenso die Anträge der SPD, der GRÜNEN und der LINKEN und die Stellungnahme des Bundesrates.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist der Meldung in den Jugendsozialarbeit News Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur „Instrumentenreform vom 06.06.2011 zu entnehmen.
Ergänzend lesen Sie bitte die Stellungnahme der Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit Instrumente reformieren – nachhaltig Integration schaffen vom 02.05.2011.

Quelle: BAGFW

Dokumente: Gesetzentwurf___1706277.pdf

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