Internationale Mobilität ist höher als erwartet

Der Kurzbericht der Untersuchung zu verdeckter Mobilität in der beruflichen Bildung liegt eine Übersicht über die angewandten Methoden und wichtigsten Ergebnisse.

Auszüge aus der Kurzfassung der Autoren Markus Körbel (WSF) und Dr. Werner Friedrich (WSF) im Auftrag der Nationalen Agentur Bildung für Europa:
“ … Umfang von Mobilität ## Der Umfang der transnationalen Mobilität von Personen in der Erstausbildung – Auszubildende im dualen System und Berufsfachschüler/innen – ist höher als bisher angenommen. Im
Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2009 haben 3,0 % aller Auszubildenden und Berufsfachschüler/innen Auslandspraktika und andere vergleichbare Maßnahmen absolviert. Die Mobilitätsanteile von Berufsfachschüler/innen sind mit 3,4 % etwas höher als die der Auszubildenden mit 2,9 %.
## Insgesamt nehmen pro Jahr rd. 16.000 Auszubildende und ca. 7.500 Berufsfachschüler/innen an transnationaler Mobilität teil (Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2009). Zusammengenommen sind damit jährlich rd. 23.500 Personen in der Erstausbildung mobil. Auf Leonardo da Vinci und die bilateralen Austauschprogramme des BMBF entfallen rd. 10.700 Auslandsaufenthalte. D.h., diese decken ca. 45 % der gesamten Mobilität ab.
## Auszubildende aus den neuen Ländern nehmen etwas häufiger (3,3 %) an Auslandsaufenthalten teil als solche aus den alten Ländern (2,8 %). Dieser Unterschied ist in erster Linie auf die deutlich höhere Mobilität von außerbetrieblichen Auszubildenden aus Ostdeutschland zurückzuführen (4,6 % gegenüber 1,1 % aus Westdeutschland). Bei den Berufsfachschülern/innen stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Hier ist die Mobilität in den alten Ländern mit 3,6 % um 0,8 Prozentpunkte höher als in den neuen Ländern.
## Weibliche Auszubildende sind unter den mobilen Personen in der Erstausbildung überrepräsentiert. Während ihr Anteil an allen Auszubildenden und Berufsfachschülern/innen knapp 44 % beträgt, sind sie an Mobilität zu 50 % beteiligt. Dies resultiert ausschließlich aus der höheren Beteiligung von weiblichen Auszubildenden, diese stellen zwar 39,2 % aller Auszubildenden aber 46,3 % der mobilen Auszubildenden.
## …
Ergebnisse der allgemeinen Betriebsbefragung
## Von allen Ausbildungsbetrieben entsenden nur 1 % regelmäßig Auszubildende ins Ausland, weitere 5 % selten. Bei den aktuell ausbildenden Betrieben betragen diese Werte 2 % bzw. 6 %. Kleine und mittlere Unternehmen beteiligen sich nur sehr selten an Mobilität. Vergleichsweise häufig wird Mobilität von Auszubildenden in den Großunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten gefördert (19 % regelmäßig).
## Die Mobilitätsanteile variieren zwischen den Wirtschaftsbereichen nur wenig. Das Dienstleistungsgewerbe beteiligt sich leicht überdurchschnittlich. Betriebe entsenden Auszubildende etwas häufiger ins Ausland, wenn diese dort Niederlassungen oder Tochterunternehmen haben.
## Pro Jahr nehmen ca. 1,0 % bis 1,5 % aller betrieblichen Auszubildenden an transnationalen Mobilitätsmaßnahmen teil. Dieser Befund wird durch die Ergebnisse der Befragung von Abgangsklassen
von Berufsschulen bestätigt.
## …
## Insgesamt nehmen jährlich hochgerechnet ca. 16.000 bis 17.000 betriebliche Auszubildende an Auslandsaufenthalten teil, davon ca. 1.000 an nicht systematisch in die Ausbildung integrierten Maßnahmen.
## …
## Den meisten Betrieben ist nicht bekannt, dass es Mobilitätsprogramme gibt, und 82 % der befragten Betriebe haben angegeben, sie hätten kein entsprechendes Angebot erhalten. Die
Betriebe sind eher passiv und erwarten, dass Berufsschulen, Kammern, Innungen und andere Organisationen auf sie zukommen: Über die Hälfte ist der Auffassung, Berufsschulen, Kammern und Innungen kümmerten sich nicht ausreichend um Mobilitätsmaßnahmen.
## ..
## Der Umfang transnationaler Mobilität von Auszubildenden dürfte somit in Zukunft zunehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass Kammern, Innungen und Berufsschulen und andere Akteure ihre Informations- und Beratungsaktivitäten verstärken und noch häufiger die Vorbereitung und die Organisation der Mobilitätsmaßnahmen übernehmen.

Von allen Betrieben, die derzeit ausbilden oder in den letzten fünf Jahren ausgebildet haben, entsenden nur 1 % regelmäßig Auszubildende ins Ausland, weitere 5 % selten. Konzentriert man die Analyse auf die zurzeit ausbildenden Betriebe, ergeben sich Anteile von 2 % bzw. 6 %. D.h., nur etwa 7 % aller Ausbildungsbetriebe entsenden regelmäßig oder gelegentlich Auszubildende ins Ausland.

Die Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Mobilitätsengagement der Betriebe und der Tatsache, ob Ausbildungsbetriebe inhabergeführt sind oder von angestellten Managern geleitet werden, zeigt, dass in den von angestellten Managern geführten Betrieben die Mobilitätsrate etwas höher ist. Dies dürfte aber vor allem darauf zurückzuführen sein, dass es sich bei diesem Unternehmenstyp in der Regel um größere bzw. Großunternehmen handelt, die – wie beschrieben – überdurchschnittlich oft Auszubildende ins Ausland entsenden.

Im Rahmen des Programms Leonardo da Vinci sowie der bilateralen Austauschprogramme des BMBF haben im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2009 rd. 10.700 Auszubildende und Berufsfachschüler/innen an Austauschmaßnahmen teilgenommen. Im Programm Leonardo da Vinci waren im Jahr 2007 von den Personen in der Erstausbildung 70 % der Teilnehmenden Auszubildende und 30 % Berufsfachschüler/innen. In den bilateralen Austauschprogrammen des BMBF werden nahezu ausschließlich Auszubildende des dualen Systems gefördert. Daher dürften von den 16.000 bis 17.000 mobilen Auszubildenden ca. 8.000 im Rahmen dieser beiden Programme gefördert werden. D.h., rd. 9.000 Mobilitätsfälle – mehr als die Hälfte (53 %) – entfallen auf andere Programme sowie von den Unternehmen oder auch den Auszubildenden selbst finanzierte Mobilität.
Die Anteile von mobilen Auszubildenden verteilen sich auf die Größenklassen der Betriebe wie folgt: ## 1 bis 9 Beschäftigte 19,1 %
## 10 bis 49 Beschäftigte 15,7 %
## 50 bis 499 Beschäftigte 34,1 %
## 500 und mehr Beschäftigte 31,1 %
Es zeigt sich, dass rd. 2/3 der Auszubildenden, die an Mobilitätsmaßnahmen ins Ausland teilnehmen, aus Betrieben mit 50 und mehr Beschäftigten kommen, obwohl auf diese nur rd. 53 % aller Ausbildungsverhältnisse entfallen. Dies zeigt erneut, dass größere Betriebe überdurchschnittlich viele ihrer Auszubildenden an Auslandsaufenthalten teilnehmen lassen.

Handlungserfordernisse

An erster Stelle steht die Forderung, dass Auslandsaufenthalte als Teil der Ausbildung anerkannt werden sollten (Summe der Anteile wichtig und sehr wichtig entspricht 79 %). Da dies bereits möglich ist, wird nochmals deutlich, dass die Betriebe nur wenig informiert sind. Vor allem erwarten die Unternehmen, dass die Kammern und Innungen solche Maßnahmen organisieren, und dass sie bei der Mobilität finanziell unterstützt werden (jeweils 75 %).
Zwar sehen die Betriebe auch die Berufsschulen als Organisatoren in der Pflicht (64 %), allerdings wird diese Aufgabe häufiger den Kammern und Innungen zugewiesen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bezüglich der (erforderlichen) Vorbereitungsmaßnahmen für die Jugendlichen. Auch hier sind nach Einschätzung der Betriebe in erster Linie Kammern und Innungen gefordert (73 %), aber auch die Berufsschulen sollten sich beteiligen (53 %).
Etwa die Hälfte der Betriebe würde sich unter Umständen an Mobilitätsmaßnahmen für Auszubildende beteiligen, wenn diese während der Schulferien stattfinden würden und wenn Zeiten des Auslandsaufenthaltes auf den Jahresurlaub der Auszubildenden – zumindest teilweise – angerechnet werden könnten.

Ergebnisse der Befragung von außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen
Die außerbetriebliche Ausbildung hat vor allem in den neuen Bundesländern nach wie vor einen bedeutenden Stellenwert. Im Ausbildungsjahr 2008 wurden 10,3 % aller Auszubildenden in Deutschland außerbetrieblich ausgebildet, in den neuen Bundesländern waren es sogar 26,2 % Daher war es bei der Ermittlung der Quoten für die Beteiligung an transnationaler Mobilität notwendig, diese Gruppe von Auszubildenden separat zu erfassen. Interessant ist in diesem Kontext vor allem ein Vergleich der Mobilitätsraten der betrieblich und außerbetrieblich ausgebildeten Jugendlichen. ## Im Rahmen der Befragung von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen konnten 159 außerbetriebliche
Bildungseinrichtungen identifiziert werden, bei denen im Ausbildungsjahr 2009/10 18.300 Jugendliche außerbetrieblich ausgebildet wurden.
## Von den außerbetrieblichen Auszubildenden haben 3,2 % während der Ausbildung an Auslandsaufenthalten teilgenommen. Dabei waren erhebliche Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern festzustellen. In den alten Ländern betrug der Anteil der mobilen Auszubildenden lediglich 1,1 % und in den neuen Ländern war er mit 4,6 % bedeutend höher.
## Auf Grund der ungünstigeren Ausbildungsstellenmarktsituation ist der Anteil der „benachteiligten Jugendlichen“ unter den außerbetrieblich Ausgebildeten in den neuen Ländern wesentlich geringer als in den alten Ländern. D.h., die außerbetrieblichen Auszubildenden aus Ostdeutschland sind im Durchschnitt leistungsfähiger als die westdeutschen Jugendlichen, was wiederum eine Teilnahme an transnationalen Mobilitätsmaßnahmen begünstigt.
## Die Palette der Förderprogramme, deren sich die außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen bedienen, ist erwartungsgemäß wesentlich breiter gefächert als bei den betrieblich Ausgebildeten. Dies hängt u.a. auch damit zusammen, dass außerbetrieblich Ausgebildete formal häufig zu den Benachteiligten zählen und somit zusätzliche Programme (z.B. aus dem ESF) für die Förderung transnationaler Mobilität in Frage kommen.
## Bei den Trägern außerbetrieblicher Bildungseinrichtungen handelt es sich in erster Linie um gemeinnützige Bildungsanbieter (gut 60 %). Daneben spielen Kammern und Innungen (17 %) sowie private Bildungsanbieter (15 %) eine quantitativ bedeutsame Rolle.
Programme zur Mobilitätsförderung
Deutschlandweit ist eine große Zahl an Programmen zu Förderung der beruflichen Mobilität von Jugendlichen anzutreffen. Neben Leonardo da Vinci und den bilateralen Austauschprogrammen des BMBF sind solche des ESF, aus INTERREG, von Ländern (meistens mit dem ESF-kofinanziert), von Stiftungen aber auch von Kammern und last but not least von Unternehmen zu nennen. … ## Es existieren zahlreiche Programme zur Förderung der Mobilität von Personen in der Erstausbildung sowie Personen am Arbeitsmarkt. Mobilität wird aber auch zu einem erheblichen Anteil mit privaten Mitteln (Unternehmen, Teilnehmer, Fördervereine) finanziert. Knapp 40 % der Mobilität findet außerhalb von Programmen statt.
## Die bedeutendsten Förderprogramme sind Leonardo da Vinci (37 %) sowie die bilateralen Austauschprogramme des BMBF (8 %).
## Für das Jahr 2010 ist eine Aufstockung des Kontingents an Leonardo da Vinci-Maßnahmen aus Bundesmitteln um rd. 2.000 Personen auf insgesamt knapp 11.600 vorgesehen. Dafür hat das BMBF 2010 rd. 3,0 Mio. € zusätzlich zur Verfügung gestellt. Bereits 2009 kam es erstmalig zu einer Aufstockung der Mittel in Höhe von 1.0 Mio.€.
## Auf den ESF bzw. EQUAL und INTERREG entfallen bislang rd. 7 % der Mobilität. Vor allem im ESF dürfte in den kommenden Jahren der Förderumfang auf etwa 2.000 bis 3.000 Teilnehmer pro Jahr ansteigen, was nahezu eine Verdoppelung der bisherigen Förderfälle darstellen würde.
## Die Länder fördern die Mobilität von Personen in der Erstausbildung in erster Linie mit Mitteln des ESF, eigene Landesinitiativen gibt es praktisch nicht. Teilweise werden bestehende Fördermaßnahmen mit Landesmitteln kofinanziert.“

Die Kurzfassung der Studie im Volltext entnehmen Sie dem Anhang oder aufgeführtem Link.

http://www.na-bibb.de/uploads/allgemeiner_bereich/studie_verdeckte_mobilitaet_kurzfassung.pdf

Quelle: BMBF

Dokumente: studie_verdeckte_mobilitaet_kurzfassung.pdf

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