Pauschalierung von Unterkunftskosten: Leistungskürzungen und Unterbietungswettbewerb der Kommunen sollen ermöglicht werden

Kritik und Anregungen des Deutschen Gewerkschaftsverbandes
“ Der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung sieht die Prüfung einer Pauschalierung der Unterkunftskosten im Hartz IV-System vor. Bisher werden die von den Kommunen im Einzelfall als „angemessen“ angesehenen Kosten für Unterkunft und Heizung der Hartz IV-Empfänger übernommen. Ein aktueller Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium sieht vor, den Kommunen aufgrund von neu zu erlasssenen Landesgesetzen ein Satzungsrecht einzuräumen, durch das sie die „angemessenen“ Wohnkosten regional bestimmen können. Dabei soll auch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Leistungen durch Festbeträge abzugelten, unabhängig von den tatsächlichen Wohnkosten im Einzelfall.

Der DGB bezweifelt die Sinnhaftigkeit des Gesetzentwurfes. Sowohl eine Verkürzung des Rechtsschutzes als auch eine Pauschalierung von Unterkunftskosten, die zu einem Unterbietungswettbewerb der Kommunen vor dem Hintergrund ihrer schwierigen Finanzsituation führt, ist nicht akzeptabel.

Gleichwertige Lebensverhältnisse bundesweit
Der DGB hat seit Beginn des Hartz IV-Systems 2005 immer die fehlende Rechtseinheitlichkeit und Transparenz in der Frage der Anerkennung von „angemessenen“ Unterkunftskosten kritisiert und eine Rechtsverordnung des Bundes mit Mindestkriterien zur Angemessenheit gefordert. Der Bund muss einen (bundesweit gleichen) Rahmen setzen, der dann entlang den Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes ausgefüllt wird. Ein Leistungsgesetz des Bundes für 6,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger darf in zentralen Fragen nicht als „Landrecht“ entschieden werden. Der fiskalische Anreiz für Kommunen zur Entlastung des kommunalen Haushalts darf nicht zu einer „Rasenmäherpolitik“ in der Existenzsicherung führen. Wohnungsbaupolitische Erwägungen und Probleme bei der Stadtentwicklung (Stichwort „Ghettobildung“) kommen noch hinzu. Eine Pauschalierung kann schnell zu einer Ballung von einkommensschwachen Personen in bestimmten Stadtteilen führen, wenn nur in diesen Wohnraum zu den als angemessen deklarierten Beträgen zur Verfügung steht.

„Zwangsumzüge“ gefährden Integration
Es zeigt sich, wie sehr die Sicherung des Lebensunterhaltes die arbeitsmarktpolitische Seite von Hartz IV überlagert. D.h. Menschen, die um ihre Wohnung bangen müssen, können kaum erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden. An diese Überlegung knüpft der DGB an, indem er fordert, dass „Zwangsumzüge“ von Arbeitslosen vermieden werden müssen. Dies gilt insbesondere wenn minderjährige Kinder im Haushalt leben. Neben die Erschwerung der Arbeitsmarktintegration tritt die Gefahr entstehender oder sich verschärfender sozialer Brennpunkte und der sozialen Exklusion von Menschen über den Arbeitsmarkt hinaus.

Rechtsverordnung des Bundes
Konkret heißt dies, dass zunächst die tatsächlichen Unterkunftskosten maßgebend für den Bedarf sein müssen. Erst nach einer Frist von mindestens 12 Monaten im Leistungsbezug dürfen Angemessenheitsüberlegungen erfolgen. Dies sollte (wie bereits bisher) unmittelbar im Gesetz geregelt werden. In einer Rechtsverordnung des Bundes – die Ermächtigung hierzu ist in § 27 Nr.1 SGB II bereits vorhanden – sollte dann ein bundesweit einheitlicher Rahmen gesetzt werden.“

Die Veröffentlichung des DGB „arbeitsmarkt aktuell“ in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

www.dgb.de

Quelle: DGB Bundesvorstand – Bereich Arbeitsmarktpolitik

Dokumente: 11_10__KdU.pdf

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