Begleitforschung zum Fachkonzept berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit präsentiert Befunde aus der Begleitforschung zu Berufsvorbereitenden Maßnahmen 2006/2007 und der Umsetzung des 2004 neu eingeführten Fachkonzepts. Neben Strukturmerkmalen der Bildungsträger, der Maßnahmenkonzeption und deren konkreter Umsetzung werden Einflussgrößen auf die Maßnameergebnisse analysiert und aufgeführt. So reduziert sich z.B. der Anteil an Übergängen in Ausbildung bei steigendem Anteil Teilnehmender ohne Schulabschluss oder aus dem Rechtskreis SGB II. Ein hoher Anteil Teilnehmender mit überdurchschnittlichen Praktiumszeiten sowie marktbenachteiligter Jugendlicher erhöht die Vermittlungsquote in Ausbildung.

Methodisch-konzeptionell und organisatorisch neue Anforderungen an die Bildungsträger

Mit der Einführung des Neuen Fachkonzepts BvB 2004 wurde auch das Vergabeverfahren geändert. Bildungsträger wurden mit deutlich anderen Anforderungen konfrontiert: sowohl auf methodisch-konzeptioneller als auch auf organisatorischer Ebene. Die Bundesagentur für Arbeit beauftragte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung mit einer Untersuchung zur Umsetzung des Neuen Fachkonzepts. Ergänzt um die Erforschung von Determinanten erfolgreicher Übgergänge aus der BvB in Ausbildung wurde damit die Begleitforschung zu BvB eingesetzt.

Im Fokus der Untersuchung stehen zum einen die Bildungsträger mit ihren Erfahrungen und Problemen bei der Umsetzung des Neuen Fachkonzepts, zum anderen die Zusammensetzung der Maßnahme, ihr Verlauf sowie die Analyse von Einflussfaktoren auf das Ergebnis.

Auszüge aus dem IAB-Forschungsbericht „Das neue Fachkonzept berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen der BA in der Praxis“ von Hannelore Plicht:

Mehr Individualität und Flexibilität in der Förderung für einen schnelleren Zugang zu betrieblicher Ausbildung

„Schulabgänger ohne Schulabschluss, aber auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss finden insbesondere seit den Neunziger Jahren immer seltener den direkten Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung. (…) Die Bundesagentur als ein wesentlicher Akteur in der Benachteiligtenförderung hat darauf reagiert und im Jahr 2004 ein grundlegend überarbeitetes Förderkonzept der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) eingeführt, das das alte, relativ starre Lehrgangskonzept mit getrennten Angeboten für benachteiligte (BBE-Lehrgänge), marktbenachteiligte (Grundausbildungslehrgänge) sowie Jugendliche mit Behinderungen (F-Lehrgänge) durch eine deutlich individuellere und flexiblere Förderung der Jugendlichen ablösen sollte. Eine begrenzte maximale Förderdauer soll zusammen mit einer engen Praxisanbindung dafür Sorge tragen, dass die Jugendlichen zumindest nicht mehr im Rahmen von BvB in mehrjährige Warteschleifen geraten.

Das neue Fachkonzept berufsvorbereitender Angebote der BA wurde sowohl für lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte Jugendliche konzipiert als auch für solche Jugendliche, die auf Grund von Marktrestriktionen keinen Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung gefunden haben sowie für Jugendliche mit (i.d.R. Lern-) Behinderungen. Durch zusätzliche Qualifizierung und Praxiserfahrung sollen Schulabgänger für eine betriebliche Ausbildung fit gemacht und bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt werden. Die Angebote (…) zeichnen sich durch eine starke berufspraktische Ausrichtung aus; in zahlreichen Berufsfeldern wird über betriebliche Praktika eine berufliche Grundbildung vermittelt. Das Nachholen des Hauptschulabschusses wird gefördert. Während der BvB werden die Jugendlichen sozialpädagogisch unterstützt. (…)

Bewertung des NFK im Vergleich zur alten Förderstruktur, Verbesserungsansätze aus Sicht der Bildungsträger

Insgesamt führten 88% (n=272) Bildungsträger schon vor 2004, also vor Einführung des neuen Fachkonzepts BvB, berufsvorbereitende Maßnahmen für die BA durch. Dabei verfügten 244 der befragten Gesamtverantwortlichen für die Durchführung von BvB – Maßnahmen persönlich über Erfahrungen mit beiden Konzepten. Sie (…) wurden dazu befragt, inwiefern das neue Fachkonzept im Vergleich mit der alten Förderstruktur ihrer Einschätzung nach Verbesserungen oder Verschlechterungen für die individuelle Förderung der Jugendlichen nach sich zieht (…). Im positiven Bereich lagen hier v.a. die Bewertung der Förder- und Qualifizierungssequenzen, der Förderung der beruflichen Handlungskompetenz, des individuelle Förderansatzes, der Übergangshilfen in Ausbildung bzw. Arbeit sowie der Auflösung der Maßnahmekategorien. Im negativen Bereich hingegen lagen die Bewertung der Förderdauer sowie die Einschätzungen zu Personalschlüssel, täglicher Anwesenheitszeit, zur Förderung besonderer Personengruppen und zum Integrationskonzept von Lernbehinderten.

Als besonders schwierig ist die Situation einzuschätzen, wenn die einzelnen eher negativ bewerteten Sachverhalte im Zusammenhang stehen, z.B. bei Jugendlichen mit Behinderungen: Der BvB-Jahrgang 2006/2007 musste noch ohne die später eingerichteten, speziell für Lernbehinderte geschaffenen, sog. wohnortnahen rehaspezifischen Angebote auskommen (…). Damit nahmen in der allgemeinen BvB nicht nur –wie früher- junge Rehabilitanden teil, deren Behinderung nach Art und Schwere einer Teilnahme an der allgemeinen BvB nicht entgegenstand, sondern auch lernbehinderte Jugendliche, die früher in einen sog. F-Lehrgang gekommen wären, in dem sie bis zu 36 Monaten hätten gefördert werden können. Abgesehen davon, dass für Lernbehinderte eine Förderdauer von maximal 11 Monaten häufig nicht ausreicht, um die Ausbildungsreife zu erlangen, waren die Träger oftmals auch nicht wirklich auf diese Klientel eingerichtet. Während in einer rehaspezifischen BvB sowohl mehr als auch v.a. speziell für diese Personengruppe ausgebildetes Personal vorgehalten werden kann, reicht die anteilige Erhöhung des Personalschlüssels bei Rehabilitanden in der Maßnahme für eine gleichwertige Betreuung dieser Jugendlichen in der allgemeinen BvB eher nicht aus. (…)

Ein spezielles Problem stellen nach Auffassung eines Teils der Bildungsbegleiter die veränderten Vorgaben zur täglichen Anwesenheitszeit dar (8-h-Arbeitstag), die besonders in Verbindung mit häufig längeren Anfahrtszeiten für benachteiligte Jugendliche eine erhebliche Belastung darstellen. Aus der Sicht der Bildungsbegleiter wäre eine Art „Einschleichen“ in einen vollen Arbeitstag günstiger. (…) Die Träger wurden nach möglichen Ansatzpunkten zur Verbesserung des Fachkonzeptes befragt.

Am häufigsten wurde (…) die Verbesserung des Personalschlüssels genannt (…), darauf folgen eine freiere Aufgabenverteilung (…), eigene Maßnahmeformen für Lernbehinderte (…) und die Möglichkeiten zur Verlängerung der Förderdauer. (…) Weniger häufig werden hingegen Änderungen im Zusammenspiel von Grundstufe und Eignungsanalyse (…) ebenso wie geringere Anforderungen an die Mindestqualifikation des Personals.

Besonderes Interesse seitens der Fachabteilung der BA galt dem Konzept der Qualifizierungsbausteine, weshalb einige detailliertere Fragen zu dessen Einschätzung vorgelegt wurden. Hierbei fallen die Wertungen der Träger differenziert aus.

Positiv bewertet werden die Eigenschaften der QB, berufliche Anforderungen zu verdeutlichen, die Jugendlichen zu motivieren und ihnen berufliche Schlüsselkompetenzen zu vermitteln, wie auch insgesamt das QB-Konzept grundsätzlich als eher gut eingeschätzt wird. Eher kritisch werden Items wie die Eignung der QB zur Entdeckung neuer Berufe sowie ihr Beitrag zur internen Abstimmung der Fachkräfte untereinander gesehen.

Ganz besonders auffallend (und vergleichsweise einhellig) ist die Ablehnung der Aussage, dass Qualifizierungsbausteine zu einer Verkürzung der Ausbildungszeit führen würden. Dieser Intention werden sie offenkundig auch im Urteil der Bildungsbegleiter nicht gerecht (…). Auch das Zusammenspiel mit Kooperationspartnern im Zusammenhang mit dem QB – Konzept wird eher negativ bewertet – so bemängeln die Bildungsbegleiter mehrheitlich die fehlende Abstimmung des Berufschulunterrichts auf die Anforderungen des Konzepts der Qualifizierungsbausteine; die Zusammenarbeit mit den Betrieben wird durch die QB nach Ansicht der Befragten auch nicht erleichtert.

Resumee

(…) Die Umsetzung des Neuen Fachkonzepts BvB gelingt in wesentlichen Teilen gut. Das betrifft sowohl organisatorische Aspekte wie die Zusammenarbeit in Bietergemeinschaften oder die Kooperation mit Kammern und Berufsberatung als auch trägerseitige Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Betreuung wie die Qualifikation des Personals (wenngleich im Bereich des Kostenmanagements erhebliche Probleme zu verzeichnen sind). Auch die Umsetzung des Konzepts in Bezug auf flexible Maßnahmeverläufe und die Gewährleistung betrieblicher Praktikumsphasen funktioniert offenkundig gut.

Problematischer scheint die Umsetzung der individuellen Förderung behinderter Jugendlicher innerhalb heterogener Gruppen. Hier sprechen sowohl die vergleichende Bewertung des Neuen Fachkonzepts mit der alten Förderstruktur als auch die Ergebnisse zu dringenden Weiterbildungserfordernissen dafür, dass die Bildungsträger mit dem Konzept (noch) nicht richtig zurechtkommen. Damit in Zusammenhang ist auch die relativ große Unzufriedenheit mit dem Personalschlüssel zu sehen.

Ebenfalls problematisch ist die Umsetzung der Zielstellung des Fachkonzepts, Betriebe in die Vermittlung von beruflichen Teilqualifikationen in Form von Qualifizierungsbausteinen einzubinden. Anders als im Konzept vorgesehen, sind die Bildungsträger durch die mangelnde Bereitschaft der Betriebe mehr oder minder gezwungen, Praktika und Qualifizierungsbausteine in der Praxis eher alternativ als integrativ einzusetzen.

Im Gegensatz zu Qualifizierungsbausteinen erfüllen Praktika die in sie gesetzte Hoffnung, durch einen „Klebeeffekt“ Übergänge in betriebliche Ausbildung zu erleichtern. Es konnte gezeigt werden, dass rd. 80% aller Übergänge in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis in einem Praktikumsbetrieb stattfanden. (…)

Demgegenüber konnte für den Erwerb von Qualifizierungsbausteinen kein Einfluss auf die Übergänge in betriebliche Ausbildung nachgewiesen werden. Sowohl auf der Individual- als auch auf der Maßnahmeebene zeigt sich kein Effekt auf die Übergangswahrscheinlichkeit bzw. die Anteile an Übergängen in betriebliche Ausbildung (im Gegensatz zu einer überdurchschnittlich hohen Praktikumsdauer).

Hinsichtlich des Maßnahmeergebnisses zeigen sich große Unterschiede zwischen Ost und West, insbesondere bei den Anteilen an Übergängen in betriebliche Ausbildung. Während in Westdeutschland im Mittel rd. 28 % der Teilnehmer einer Maßnahme eine betriebliche Ausbildung aufnehmen konnten, gelang dies in Ostdeutschland im Durchschnitt nur rd. 10% der Teilnehmer. Neben diesem hohen Regionaleffekt sind es auf seiten der Maßnahmekomposition vor allem die Anteile an Teilnehmern ohne Schulabschluss, mit Behinderung(en), über 20 sowie aus Rechtskreis SGBII, die sich nachteilig auf das Maßnahmeergebnis auswirken, ebenso wie die Maßnahmegröße). Demgegenüber zeigen der Anteil marktbenachteiligter Jugendlicher sowie männlicher Teilnehmer positive Effekte.

Weitere wichtige Einflussgrößen sind der Anteil an Teilnehmern mit überdurchschnittlichen Praktikumsdauern sowie der Anteil an motivationsbedingten Abbrüchen. Eine hohe Betreuungsqualität sowie die Durchführung der Maßnahme in einer Bietergemeinschaft vermögen das Ergebnis nur mittelbar durch eine Verringerung der Abbruchquoten zu beeinflussen. (…)“

Quelle: IAB

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