Soziale Stadt: ‚Die Aufgabe der ‚Integration von Migrantinnen und Migranten‘ soll ein weiterer Schwerpunkt werden‘

Auszüge aus dem Antrag ‚Das Programm ‚Soziale Stadt‘ weiterentwickeln und ausweiten‘ der Regierungsfraktionen vom 19.1.2005: “ … Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ ist seit seiner Einführung 1999 zu einem sehr wichtigen und unverzichtbaren Instrument zur Stabilisierung benachteiligter Quartiere geworden. Gefördert werden heute ca. 330 Projekte in ganz Deutschland. Die aktuellen Ergebnisse der Zwischenevaluation durch das Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) nach fünf Jahren bieten eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung des Programms. Die Zwischenevaluation hat gezeigt, dass die gesellschaftliche Relevanz des Programms weiterhin groß ist: städtebauliche Missstände, hohe Arbeitslosigkeit, Armut und Segregation entlang ethnischer Zugehörigkeiten konzentrieren sich in bestimmten Stadtquartieren. Diese Konzentration führt zu einem „Fahrstuhleffekt“ nach unten mit erhöhtem sozialen Konfliktpotential, Überforderung der Schulen, Abwanderung von einkommensstabilen Haushalten und sinkender Kaufkraft. Die Evaluation belegt, dass das Programm „Soziale Stadt“ geeignet ist, Segregationstendenzen entgegenzuwirken, negative Auswirkungen auf die Lebenschancen der Bewohnerinnen und Bewohner zu verringern und das Zusammenleben – insbesondere verschiedener ethnischer Gruppen – im Quartier zu verbessern. Das Programm hat in kurzer Zeit positive Ansätze und Entwicklungen in den Quartieren hervorgerufen, insbesondere durch eine steigende Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Quartieren und ein besseres Image der Quartiere. Dies geschieht vor allem durch die Förderung eines aktiven und partnerschaftlichen, nachbarschaftlichen Zusammenlebens, durch positive Entwicklungen im städtebaulichen Bereich und durch die Verbesserung sozialer Angebote, insbesondere für Kinder und Jugendliche mit dem komplementären Programm E & C (Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten) und Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS). Die besondere Qualität des Programms „Soziale Stadt“ liegt in seinem ressortübergreifenden integrierten Ansatz … Die Vielfalt der Projekte ist der jeweiligen Gebietsproblematik angepasst und reicht von Wohnumfeld- und Baumaßnahmen über Jugend-, Kultur- und Sozialprojekte bis zu Gründer- und Beschäftigungsinitiativen und Kleinstprojekten für und von Bewohnerinnen und Bewohnern in den Stadtteilen. Das Programm ist gleichzeitig ein wichtiger Impulsgeber für die Einübung ressortübergreifender Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung. In neuer Weise werden Synergieeffekte erzeugt zwischen Städtebaupolitik, Arbeitsmarktpolitik, Jugendpolitik, Integrationspolitik, Bildungspolitik etc. von der Bundes- über die Länderebene bis hin zur Kommune. … Der Deutsche Bundestag begrüßt: 1. dass die Bundesregierung mit dem Programm „Soziale Stadt“ einen integrierten und wirksamen neuen Ansatz für die Stadtentwicklung initiiert hat, der mit den Grundgedanken der ressortübergreifenden Kooperation und Mittelbündelung, der Einbeziehung nicht-investiver Maßnahmen und der Aktivierung der Bewohnerinnen und Bewohner auch beispielhaft für andere Programme ist. 2. dass die Bundesfinanzhilfen mittelfristig auf hohem Niveau fortgeführt werden. 3. dass der Bedeutung des Programms als Daueraufgabe mit der Aufnahme des § 171 e „Maßnahmen der Sozialen Stadt“ in das Baugesetzbuch Rechnung getragen und der Mittelbündelung ein besonderer Stellenwert eingeräumt wurde. 4. dass die Bundesregierung der Programmbegleitung insbesondere bei der Implementierung einen wichtigen Stellenwert eingeräumt hat und es damit gelungen ist, den neuen Ansatz in kurzer Zeit zu vermitteln und umzusetzen. 5. dass die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Zwischenevaluierung eine fundierte Bewertung und Weiterentwicklung des Programms ermöglicht und die „Soziale Stadt“ damit als „lernendes Programm“ verstanden wird. … Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf: 1. die Kontinuität des Programms zu sichern und darauf hinzuwirken, dass das Programm als gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen fortgeführt wird. 2. darauf hinzuwirken, dass die Kooperation der für die Soziale Stadt wichtigen Ressorts auf den Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen verstärkt wird. Auf Bundesebene sind die Ressorts …  aufgefordert, den Sozialraumbezug in ihren Aufgabenbereichen zu verstärken und die dafür geeigneten Förderprogramme gezielt an die Programmgebiete der Sozialen Stadt zu koppeln. Die Ressortkooperation ist durch eine interministerielle Arbeitsgruppe abzusichern 3. in Zusammenarbeit mit den Ländern darauf hinzuwirken, dass im Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ ein Schwerpunkt in den Programmgebieten gesetzt wird 4. die Aufgabe der „Integration von Migrantinnen und Migranten“ in die Verwaltungsvereinbarung zu den Maßnahmen der Sozialen Stadt als einen weitereren Schwerpunkt aufnehmen. Es soll darauf hingewirkt werden, dass Programme und Pilotprojekte zur sprachlichen, sozialen und schulischen Integration von Migrantinnen und Migranten in benachteiligten Quartieren durchgeführt werden 5. bei arbeitsmarktpolitischen Programmen Möglichkeiten für gezielte Maßnahmen der Beschäftigung und Qualifizierung in den Soziale-Stadt-Gebieten zu eröffnen und bei der Bundesagentur für Arbeit darauf hinzuwirken, dass diese Gebiete beim Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente ein besonderes Augenmerk bekommen 6. sich dafür einzusetzen, dass die aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierten lokalen Mikroprojekte (Lokales Kapital für Soziale Zwecke – LOS), die mit viel Erfolg zur Weiterentwicklung der Stadtteile und zur sozialen und beruflichen Integration vor allem junger Menschen beigetragen haben, nach Beendigung der derzeitigen ESF-Interventionsperiode fortgesetzt werden 7. auf eine Verbesserung der vertikalen Kooperation hinzuwirken, die Länder zu neuen Anstrengungen bei der Ressortkooperation aufzufordern und eine Berichtspflicht über ihre Koordinationserfolge zu vereinbaren 8. darauf hinzuwirken, dass auf der lokalen Ebene Kooperationen mit privaten und nichtstaatlichen Einrichtungen und die Bildung strategischer Partnerschaften insbesondere mit der Wohnungswirtschaft, den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege, Lokale Agenda-Gruppen und der Wirtschaft weiter vorangetrieben werden und die aktive Mitwirkung der Träger der kommunalen Wirtschaftsförderung einzufordern, insbesondere auch zur Stärkung von lokaler Ökonomie in Gebieten der Sozialen Stadt 9. gemeinsam mit den Ländern zu prüfen, wie für die Kommunen Anreize geschaffen werden können, zusätzliche Fördermittel aus anderen Ressorts zu akquirieren 10. den Erfahrungsaustausch zwischen den Projekten und eine Qualifizierung der Akteure vor Ort durch die Arbeit der Bundestransferstelle weiter auszubauen 11. die erfolgte Evaluierung in ein kontinuierliches Monitoring zu überführen und gemeinsam mit den Ländern auf die Erarbeitung von Kriterien für eine begründete Auswahl der Programmgebiete, eine Präzisierung der Problembeschreibung und der Zielbestimmung, sowie Indikatoren für das Monitoring durch Erfassung sozio-ökonomischen Kontextdaten im Gebiet hinzuwirken 12. alle vier Jahre einen Bericht über die Stadtentwicklung in Deutschland vorzulegen und dabei einen Schwerpunkt auf die Entwicklung benachteiligter Quartiere im Verhältnis zur Gesamtstadt zu legen. “

http://dip.bundestag.de/btd/15/046/1504660.pdf

Quelle: Antrag ‚Das Programm ‚Soziale Stadt‘ weiterentwickeln und ausweiten‘ der Bundestags-Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 15/4660, 19.1.2005

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