BBiG (1): ‚Das neue BBIG kann jungen Menschen mit schlechteren Startchancen ermöglichen, ohne unnötige Zeitverluste einen Berufsabschluss zu erreichen‘

Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Februar 2005 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 27. Januar 2005 verabschiedeten ‚Gesetz zur Reform der beruflichen Bildung – Berufsbildungsreformgesetz‘ zuzustimmen. Damit kann es am 1. April 2005 in Kraft treten. Auszüge aus einer Mitteilung des Good-Practice-Center im BiBB: “ … Nach einem ausführlichen Diskussionsprozess hat sich der Bundestag für eine neue Grundlage der beruflichen Bildung in Deutschland entschieden. Trotz unterschiedlicher Ausgangslage fand der Entwurf der Bundesregierung insgesamt eine Mehrheit über Parteigrenzen hinweg. Die Berufsbildung hat sich damit als konsensfähig in der Bildungspolitik – auch zwischen Bund und Ländern – erwiesen. Änderungen zu dem vorgelegten Regierungsentwurf betreffen insbesondere die ‚Regionalen Berufsbildungskonferenzen‘, die ersatzlos gestrichen wurden. … Weitere Akzente der gesetzlichen Neuregelung sind: Die berufliche Handlungsfähigkeit mit beruflicher Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten wird als Ziel der Berufsausbildung definiert. (§1 Abs.3) Die Verpflichtung zur Lernortkooperation (§2 Abs. 2). Eine Teilzeitberufsausbildung, die sich auch auf eine tägliche oder wöchentliche Verkürzung beziehen kann, insb. bei Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen (§8 Abs. 3). Das Zusammenwirken von Wirtschaft, Handwerk, Arbeitsamt und sonstigen Bildungseinrichtungen in Ausbildungsverbünden für eine Verbundausbildung (§10 Abs. 5). Die Externenprüfung wird erleichtert (§ 45 Abs.2). In der Berufsbildung behinderter Menschen sollen die Ausbildungsregelungen noch stärker an den Empfehlungen des Hauptausschusses des BiBB ausgerichtet werden (§66 Abs. 1). In der Berufsausbildungsvorbereitung bleibt es – mit Änderungen – bei den bestehenden Regelungen (§68ff.). Jedoch wurde die Zielrichtung der BAV ‚Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit‘ herausgenommen. Qualifizierungsbausteine sind nun aus den Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe – nicht mehr von gleichwertigen Berufsausbildungen – zu entwickeln. Der Anbieter von Maßnahmen der BAV ist jetzt anzeigepflichtig. Bei Beschlüssen zur Berufsausbildungsvorbereitung und zur Berufsausbildung werden Lehrkräfte künftig Stimmrecht haben (§ 79 Abs.6). … “ Quelle: GPC im BiBB, 25.2.2005, www.good-practice.de/infoangebote_beitrag1868.php , siehe auch www.bmbf.de/de/1644.php   ______________________________________________________________ Hinweis: Eine Zusammenstellung der wichtigsten Neuregelungen wird derzeit als ‚afa-Info‘ erstellt und in einer der nächsten Ausgaben der ‚Jugendsozialarbeit News‘ veröffentlicht. ______________________________________________________________   Überfraktioneller Entschließungsantrag: ‚Das neue BBIG kann jungen Menschen mit schlechteren Startchancen ermöglichen, ohne unnötige Zeitverluste einen Berufsabschluss zu erreichen‘ Die Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN haben im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung einen gemeinsamen ‚Entschließungsantrag‘ zum Entwurf des Berufsbildungsreformgesetzes verabschiedet. Auszüge: “ … Allen jungen Menschen, die beruflich ausgebildet werden wollen, eine Berufsausbildung zu ermöglichen ist deshalb nicht nur ein gesellschaftspolitisch, sondern auch wirtschafts- und beschäftigungspolitisch notwendiges Ziel. … Der Deutsche Bundestag verabschiedet deshalb heute ein modernisiertes Berufsbildungsgesetz auf der Grundlage bewährter Prinzipien … Kooperativer Föderalismus … Die Zuweisung der Zuständigkeit für die beruflichen Schulen an die Länder und die Zuweisung der Zuständigkeit für die außerschulische berufliche Bildung an den Bund sind nach wie vor notwendig. … Der Deutsche Bundestag appelliert an die Länder, nun auch ihrerseits die Chancen zu nutzen, die sich aus den neuen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes ergeben. Hierzu gehört z.B. eine stärkere Ausrichtung der schulischen Berufsausbildung an den Ausbildungsordnungen nach BBiG und HwO und am dualen Prinzip. Hierzu gehört aber auch, die Möglichkeiten, Berufsausbildung mit dem Erwerb weiterführender allgemeinbildender Schulabschlüsse zu verbinden, vermehrt anzubieten. Die Bedeutung des Lernorts Berufsschule wird durch das neue Berufsbildungsgesetz unter Beachtung der kompetenzrechtlichen Schranken in besonderer Weise wahrgenommen. Die Beteiligung der Berufsschulen an der Feststellung des Ergebnisses der Kammerabschlussprüfungen wird ermöglicht Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen erhalten ein Stimmrecht in den Berufsbildungsausschüssen der Kammern, soweit sich die Beschlüsse des Berufsbildungsausschusses unmittelbar auf die Organisation der schulischen Berufsbildung auswirken. Darüber hinaus wird die Zulassung von Absolventen schulischer Berufsausbildungsgänge zur Kammerprüfung erleichtert. … Modernisierung der Ausbildung Die Ermächtigungsgrundlage für die Regelung von Ausbildungsberufen durch die Bundesregierung wird neu gestaltet. Die Möglichkeiten zur Entwicklung differenzierter und flexibler Ausbildungsberufe werden damit deutlich erweitert. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dies gezielt für eine am Bedarf des Arbeitsmarktes ausgerichtete Modernisierung der Ausbildungsberufe zu nutzen, die zugleich die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit schlechteren Startchancen, deren Zahl seit Jahren zunimmt, verbessert. Hierzu gehören neben dem Erschließen neuer Tätigkeitsbereiche für die duale Berufsausbildung die neuen Regelungen zur Durchführung von Prüfungen, insbesondere in Form der gestreckten Abschlussprüfung, aber auch mehr Stufenausbildungen und verbesserte Möglichkeiten für Absolventen zweijähriger Ausbildungen, ihre Ausbildung in einem dreijährigen Beruf fortzusetzen erwartet, dass diese Instrumente im Regelfall genutzt werden. Auf sie soll nur verzichtet werden, wenn dies im Einzelfall sachlich geboten ist bittet den Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung, Empfehlungen für die Überprüfung auch bestehender Ausbildungsordnungen hinsichtlich einer verstärkten Strukturierung als Stufenausbildung auszusprechen. … Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der beruflichen Bildung … Der Deutsche Bundestag fordert in diesem Zusammenhang die Bundesregierung auf, gemeinsam mit Sozialpartnern und Ländern und mit Unterstützung des BiBB, Verfahren zur externen Evaluation der Qualitätssicherungspraxis in der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erarbeiten. Solche Evaluationen sollten das Ziel haben, die an der Berufsbildung Beteiligten dabei zu unterstützen, die Praxis der Qualitätssicherung weiterzuentwickeln und ihnen dazu geeignete und praktikable Instrumente zur fortlaufenden Qualitätssicherung und zum Qualitätssicherungsmanagement an die Hand zu geben. Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit der Bildungswege Das neue Berufsbildungsgesetz eröffnet erweiterte Möglichkeiten zur Anrechnung von Vorqualifikationen auf Ausbildungszeiten, um die Durchlässigkeit beim Übergang von der Berufsausbildungsvorbereitung in die Berufsausbildung, von einer schulischen in eine betriebliche Berufsausbildung, von einer zweijährigen in eine dreijährige Berufsausbildung sowie zwischen den Berufsbildungssystemen der Europäischen Union zu gewährleisten und zu verbessern. Damit kann es jungen Menschen mit schlechteren Startchancen, aber auch allen Jugendlichen, die aus Marktgründen zunächst keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, ermöglicht werden, ohne unnötige Zeitverluste, kostenträchtige Mehrfachqualifizierungen und „Maßnahmekarrieren“ einen Berufsabschluss beziehungsweise höherwertige Berufsabschlüsse schrittweise zu erreichen. Durch die Einführung der sog. Neuen Förderstruktur der Bundesagentur für Arbeit ist hier bereits ein erster Schritt gemacht. Der Deutsche Bundestag fordert die Anbieter ausbildungsvorbereitender Maßnahmen auf, ihre Angebote durch die Integration betrieblicher Praxisphasen stärker als bisher dual auszurichten fordert eine verstärkte Abstimmung und Harmonisierung der unterschiedlichen Förderinstrumente von Bundesagentur für Arbeit, Bund, Ländern und Wirtschaft für die Benachteiligtenförderung. … “ Quelle: Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz – BerBiRefG), www.bmbf.de/pub/bbig_entschliessungsantrag_ueberfrakt.pdf   ______________________________________________________________ Brase und Schummer: ‚Wir haben uns in diesem Gesetzesvorhaben auf Kompromisse geeinigt‘ Auszüge aus der Bundestagsdebatte vom 27.1.2005 zum TOP 5 (Berufsbildungsreformgesetz): Willi Brase (SPD): ‚Wir haben die Verbundausbildung bis hin zum externen Ausbildungsmanagement aufgenommen‘ “ … Wir haben zweitens die Verbundausbildung im Zusammenhang mit Ausbildungspartnerschaften bis hin zum externen Ausbildungsmanagement zur besseren Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen oder Betrieben aufgenommen. Ich glaube, dass wir damit die Kooperation qualitativ nach vorn bringen. Wir haben die begründete Hoffnung, dass sich durch diese Formen, die wir in den Änderungsantrag aufgenommen haben und die wir somit im Gesetz festschreiben werden, wesentlich mehr Betriebe an der Ausbildung beteiligen können, dass sie auch in der Lage sind, jederzeit die notwendigen Qualitäten sicherzustellen. Das ist ein guter und richtiger Weg.  … Wir haben zur Neuausrichtung der Stufenausbildung den Passus aufgenommen: im Ordnungsverfahren stets zu prüfen, ob es sinnvoll und möglich ist. Auch nach unserer Entschließung sollen bestehende Ausbildungsordnungen daraufhin überprüft werden, ob Stufenausbildung sinnvoll ist und wie sie vernünftig gemacht werden kann. Das soll der Hauptausschuss in Form von Empfehlungen auf den Weg bringen. Wenn wir stärker in die Stufenausbildung hineingehen, dann wollen wir auch, dass die Ausbildungsverträge über die Regelausbildungszeit laufen. Damit wird den Jugendlichen mehr Sicherheit gegeben. Alle Formen der zweijährigen Ausbildungsverhältnisse werden davon nicht tangiert. Das wollten wir nicht. Aber wir sorgen dafür, dass es nicht wahllos zu verkürzter Ausbildung en masse kommt … Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zuge der Debatte haben wir das Ganze noch einmal durchdacht und Maßnahmen aufgenommen, die auch die Interessen benachteiligter Jugendlicher stärker berücksichtigen. Ich glaube, dass wir so zwischen Berufsausbildungsvorbereitung und Ausbildung eine bessere Durchlässigkeit erreichen. Unser Ziel ist es, dass gerade auch in der Berufsausbildungsvorbereitung wieder mehr Jugendliche mit mehr Praxis in Berührung kommen. Das haben wir in der vergangenen Legislaturperiode schon beschlossen, aber das fügt sich jetzt gut ein. Ich glaube, dass diese Dualität bei der Förderung der beruflichen Ausbildung richtig ist. Deshalb haben wir ja im Entschließungsantrag darauf hingewiesen, dass die bestehenden unterschiedlichen Förderinstrumente der Bundesagentur für Arbeit, der Länder und der Wirtschaft im Bereich der so  genannten Benachteiligtenförderung besser und mehr miteinander verzahnt werden müssen. … “ Uwe Schummer (CDU/CSU): ‚Mit der Stufenausbildung verfolgen wir das Ziel, dass die Schulabgänger die Chance auf einen Einstieg bekommen‘ “ … Unser Herzblutthema ist in der Tat die Aufwertung der Stufenausbildung. Wir haben im Gesetzentwurf festgelegt, dass sie von einer Ausnahme zu einer gleichwertigen Option wird. Wir haben des Weiteren im Gesetzentwurf festschreiben können, dass bei allen neuen Berufsbildern eine Regelanfrage nach einer Stufenausbildung beantwortet werden muss. Es bedarf einer Begründung, wenn sie nicht stufenweise organisiert wird. Das dritte Element im Entschließungsantrag ist die Überprüfung, ob die bestehenden 360 Berufsbilder im Nachhinein stufenweise organisiert werden können. … Mit der Stufenausbildung verfolgen wir das Ziel, dass die 1,3 Millionen Schulabgänger bis 29 Jahre ohne eine Berufsausbildung zumindest im Rahmen der ersten Stufe, also einer zweijährigen Ausbildung, die Chance auf einen Einstieg bekommen. Das würde die berufliche Perspektive dieser jungen Menschen verbessern. Wir wollen damit Berufsbilder für Hauptschüler im Bereich der Heil- und Pflegeberufe wie auch im Bereich der Kfz-Mechatroniker öffnen. Wir müssen auch – entweder gemeinsam oder wir alleine – die Umsetzung einer zu erwartenden europäischen Richtlinie über den Ausbildungspass anpacken. Uns liegt daran, dass der Auszubildende, wenn er nach der ersten Stufe aufhört, über Ausbildungsmodule und über die betriebliche Praxis im Rahmen eines Ausbildungspasses die zweite Stufe später nachholen kann. … Für uns ist es wichtig, dass die Stufenausbildung grundsätzlich über drei Jahre geht. Aber wir sollten dafür sorgen, dass die Möglichkeiten im Rahmen einer zweijährigen Berufsausbildung – beispielsweise im Baubereich – weiterhin erhalten bleiben. Hier sollte es einen Bestandsschutz für diese Berufsbereiche geben. Wir wollen am Ende nicht weniger, sondern mehr Stufenausbildung, damit ein Einstiegskorridor für praktisch Begabte in die berufliche Ausbildung geschaffen wird. … Wenn wir es erreichen, dass in den nächsten zwei Jahren durch die Regelüberprüfung auch bei den bestehenden Berufsbildern der Anteil der Stufenausbildung von derzeit 8 Prozent auf ein Drittel erhöht werden kann, dann würde dies bedeuten, dass etwa 40 000 Schulabgänger nicht mehr in Ersatzmaßnahmen landen, sondern eine konkrete betriebliche Ausbildung erfahren. Das wäre eine echte Entstaatlichung der Berufsausbildung. … “ Quelle: Plenarprotokoll 15/154, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 154. Sitzung, 27.1.2005, www.aus-portal.de/…lPr15_154.pdf

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