Zur Diskussion: Leichte Besserung der Lage am Ausbildungsmarkt – Bilanz zum Abschluss des Berufsberatungsjahres 2004 / 2005

Leichte Besserung der Lage am Ausbildungsmarkt – Bilanz zum Abschluss des Berufsberatungsjahres 2004 / 2005 In einer gemeinsame Presse-Information vom 12. Oktober 2005 erklären Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Bundesverband der Deutschen Industrie, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Zentralverband des Deutschen Handwerks und Bundesagentur für Arbeit: “ Die Lage am Ausbildungsstellenmarkt stellt sich am Ende des Berufsberatungsjahres weniger angespannt dar als vor einem Jahr. Es gab weniger nicht vermittelte Bewerber (-3.200 auf 40.900) und weniger unbesetzte Ausbildungsstellen (-700 auf 12.600). Entsprechend kleiner ist die rechnerische Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen. Sie verringerte sich um 2.400 auf 28.300. Ausschlaggebend hierfür waren neben einer nur noch geringfügig wachsenden Bewerberzahl die – trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen – erneut großen Anstrengungen aller Partner des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs, vielfältige Angebote für alle Jugendlichen möglichst frühzeitig bereit zu stellen. Im Bereich der Industrie- und Handelskammern wurden in diesem Jahr bisher 33.200 neue Ausbildungsplätze eingeworben, im Handwerk 18.500. Mit 51.700 neuen Ausbildungsplätzen wird die Paktzusage von 30.000 neuen Plätzen auch in diesem Jahr schon weit vor Jahresende deutlich übertroffen. Auch bei den Einstiegsqualifizierungen wird mit 29.000 Angeboten (22.000 Angebote im IHK-Bereich und knapp 7.000 im Handwerk) die Zielmarke von 25.000 bereits jetzt übertroffen. Die Anstrengungen zur Mobilisierung weiterer Ausbildungsplätze und Plätze für Einstiegsqualifizierungen werden bis zum Jahresende fortgeführt. … Alle Jugendlichen, die die Einladung zur gemeinsamen Nachvermittlung durch Kammern und Arbeitsagenturen und zu einem Kompetenzcheck wahrnehmen, erhalten ein entsprechendes Angebot. Hierzu stehen 12.600 noch offene Ausbildungsstellen, 24.800 noch unbesetzte Plätze für Einstiegsqualifizierungen und weitere Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in Bund- und Länderprogrammen sowie bei der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung. Deshalb appellieren die Paktpartner an alle Jugendlichen, die noch einen Ausbildungsplatz suchen, dieses Angebot anzunehmen und den Einladungen der Agenturen für Arbeit und der Kammern zur Nachvermittlung zu folgen. Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsverträge, die bei den Industrie- und Handelskammern eingetragen worden sind, liegt auf dem hohen Niveau des Vorjahres. Damit hält die durch den Pakt im Vorjahr erreichte Trendwende trotz eines andauernden Beschäftigungsrückgangs an. Im Handwerk konnte trotz eines Rückgangs der Beschäftigtenzahl von rund 180.000 die über-durchschnittlich hohe Ausbildungsquote von 10 Prozent weiter gehalten werden. Bei den Industrie- und Handels- sowie den Handwerkskammern zusammen – in diesen Bereichen werden 85 Prozent aller Ausbildungsverträge abgeschlossen – wurden 418.300 betriebliche Ausbildungsverträge eingetragen. Dass nicht das hohe Niveau des Vorjahres erreicht werden konnte, ist auf die anhaltende Rezession am Binnenmarkt zurückzuführen, die zu Insolvenzen und Beschäftigungsverlusten geführt hat. Für die Zahl aller Ausbildungsverträge ist auch die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsverträge zu berücksichtigen. Gegenwärtig sind nach der Geschäftsstatistik der BA insgesamt 39.500 außerbetriebliche Plätze besetzt (Ausbildungs-platzprogramm Ost, ergänzende Länderprogramme, BA-Plätze). Der Ausbildungsstellenmarkt im Detail Von Oktober 2004 bis September 2005 wurden den Agenturen für Arbeit bundesweit 471.500 Ausbildungsstellen gemeldet, 48.400 weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. In dieser Zeit haben insgesamt 740.000 Bewerber die Arbeitsagenturen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz eingeschaltet, nur noch 4.600 (+0,6 Prozent) mehr als im Vorjahr. Diese leichte Zunahme beruht auf gegenläufigen Entwicklungen in West und Ost: einem noch anhaltenden Anstieg der Zahl der Schulab-gänger im Westen und einem deutlichen Rückgang in den neuen Ländern. Erfreulicherweise ist die Zahl der Bewerber aus früheren Schulentlassjahren kaum noch gestiegen. Bei den nicht vermittelten Bewerbern zeigt sich sogar ein deutlicher Rückgang der „Altbewerber“. Unterschiedlich entwickelte sich die Ausbildungssituation in den Regionen: der Rückgang der Bewerberzahlen führt in den neuen Ländern zu einer Verbesserung der Bilanz, auch wenn die Relation von nicht vermittelten Bewerbern zu unbesetzten Stellen hier nach wie vor deutlich ungünstiger ist als in den alten Ländern. Hier kommen rechnerisch immer noch 13 nicht vermittelte Bewerber auf eine unbesetzte Stelle. Im Westen beträgt dieses Verhältnis 2,5 : 1. Insgesamt konnten bis zum 30. September 2005 mehr als 95 Prozent der Bewerber versorgt werden – wiederum mehr als in den Vorjahren. Dabei haben sich insbesondere die neuen Einstiegsqualifizierungen (EQJ) als eine sinnvolle Brücke in die Ausbildung erwiesen: Insgesamt 7.800 Jugendliche aus dem Bewerberkreis des laufenden Berichtsjahres begannen eine betriebliche Ein-stiegsqualifizierung. Nach der Geschäftsstatistik der BA haben 360.400 der bei der BA gemeldeten Bewerber eine betriebliche Berufsausbildung aufgenommen (rd. 3.000 weniger als 2004). In alternative schulische oder sonstige Angebote mündeten weniger Jugendliche als im Vorjahr ein: weitergehende Schulen (132.100), berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (33.200). Weiterhin zugenommen hat dagegen die Zahl derer, die eine Arbeit aufgenommen haben bzw. suchen (82.600). Ein großer Teil der Jugendlichen, die eine Alternative gewählt haben, ist aber weiterhin an einer Ausbildungsstelle interessiert (47.200).“ Dazu kommentiert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: „Schulische Berufsausbildung stärken“ / Bildungsgewerkschaft zur Lehrstellenkatastrophe Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) “ Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) setzt sich für Stärkung und Ausbau schulischer Berufsbildungsgänge ein. „Wir brauchen endlich mehr Ausbildungsplätze statt leerer Versprechen. Schulische Angebote sollen das duale System ergänzen“, sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne heute (12. Oktober) mit Blick auf die Bilanz des Ausbildungsjahres der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Der Ausbildungspakt und die Maßnahmen der vergangenen Jahre seien gescheitert: So viele Jugendliche wie nie zuvor haben keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten. „Der Staat muss in die Bresche springen, um jungen Menschen eine Berufs-perspektive zu eröffnen“, begründete Thöne den Vorstoß der GEW. Es sei ein „gesellschaftlicher Skandal ersten Ranges“ über 150.000 jungen Menschen, den Berufseinstieg zu verwehren und die Zukunftschancen zu verbauen. Der Gewerkschafter erläuterte, dass das neue Berufsbildungsgesetz die gleichwertige Anerkennung und Zertifizierung schulischer und betrieblicher Ausbildungsgänge ermögliche. Der gesetzliche Rahmen müsse im Interesse der jungen Menschen ausgeschöpft werden. „In der gesellschaftlichen Diskussion müssen außerbetriebliche und vollzeitschulische Ausbildungs-angebote endlich aufgewertet und vom Stigma der �Notmaßnahme’ befreit werden“, betonte der GEW-Vorsitzende. Gleichzeitig verstärkte er noch einmal die Forderung nach einer Ausbildungsplatzumlage: „Wer nicht ausbildet, muss zahlen.“ Mit der Abgabe sollten zusätzliche Ausbildungsplatzangebote für junge Menschen finanziert werden. Thöne wies darauf hin, dass insbesondere benachteiligte Jugendliche immer mehr ins gesellschaftliche Abseits gedrängt würden. „Der neuen Ausschreibungspraxis der BA fallen gerade die Angebote für die Schwächsten zum Opfer. Immer mehr Träger, die seriöse und auf nachhaltige Qualifikation angelegte Förderprogramme für Benachteiligte angeboten haben, erhalten keinen Zuschlag und müssen aus Kostengründen die Segel streichen“, sagte der Gewerkschafter. Er warnte, dass für die Gesellschaft enormer sozialer Sprengstoff entstehe. Thöne wies das Lamento der Arbeitgeber über die angeblich fehlende „Ausbildungsreife“ vieler Jugendlicher zurück. „Natürlich wissen auch wir, dass ein Teil der jungen Menschen nachqualifiziert werden muss. Man kann aber nicht Gelder für Unterstützungsmaßnahmen streichen und gleichzeitig Defizite bei den Jugendlichen beklagen. Mit ihrer Schuldzuweisung an die jungen Menschen wollen die Arbeitgeber lediglich vom Bruch ihres Versprechens, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, ablenken“, unterstrich der GEW-Vorsitzende. „Die Folgen des betriebswirtschaftlich verkürzten Denkens der Arbeitgeber droht der Gesellschaft mit dem sich schon jetzt abzeichnenden Facharbeitermangel noch bitter böse auf die Füße zu fallen.““ Position des DGB vom 12.10.2005: “ Schönrederei schadet nur – Ausbildungsplatzzahlen sind verheerend Zu den aktuellen Ausbildungsplatzzahlen erklärte DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock am Mittwoch in Berlin: ‚Alle Schönrederei kann nicht darüber hinwegtäuschen: Das Ergebnis des Ausbildungspaktes ist verheerend. Die Arbeitgeber haben zwar pro forma die Auflage erfüllt, mehr als 30.000 neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Aber was nutzt das den Jugendlichen, wenn unter dem Strich noch weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen als zuvor? Die Wahrheit ist: Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze ist im Jahresvergleich um neun Prozent gesunken. Wenn dann absurderweise so getan wird, als sei das ein Erfolg, verstärkt das nur die Desillusionierung derjenigen, die sich von der Gesellschaft ausgemustert fühlen. Fakt ist auch: Nur noch 47 % eines Bewerberjahrgangs werden betrieblich ausgebildet (1992 = knapp 63%). Dadurch wird das so viel gepriesene duale System ausgehöhlt. Immer mehr Jugendliche werden in berufsvorbereitenden Maßnahmen geparkt. Der Anteil der Altbewerber, die sich bereits in den Vorjahren beworben haben, ist von knapp 40 % im Ausbildungsjahr 1999/2000 auf 46 % im Ausbildungsjahr 2003/2004 gestiegen. Vor allem Hauptschüler gehören zu den großen Verlierern. 81 % halten ihre Lage für aussichtslos (Studie der Bertelsmann-Stiftung 2005) Diese Zahlen zeigen erneut, dass der Ausbildungspakt gescheitert ist. Strukturelle Probleme kann man eben nicht mit Klinkenputzen und Appellen an die Betriebe lösen. Die Arbeitgeber müssen jetzt endlich in die Verantwortung genommen werden, damit die Zukunft von Hunderttausenden von Jugendlichen nicht verspielt wird. Dafür kommen eine gesetzliche Ausbildungsumlage sowie tarifvertragliche Regelungen für mehr Ausbildung in Betracht.'“      

http://www.arbeitsagentur.de
www.pakt-sucht-partner.de
www.zdh.de

Quelle: Gemeinsame Presse-Information von Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Bundesverband der Deutschen Industrie, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Bundesministerium für Bildung und Forschu

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