Hitzige Debatte um Einbürgerungsfragen

Hitzige Debatte um Einbürgerungsfragen Nach wie vor tobt in Deutschland die Diskussion um Einbürgerungstest und die Integration ausländischer MitbürgerInnen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich erneut in die hitzige Debatte eingeschaltet. Ausdrücklich verteidigte Merkel die Fragebogen-Diskussion und forderte von einbürgerungswilligen Ausländern ein ganz bewusstes Bekenntnis zu diesem Land. SPD-Parteichef Platzeck stellte klar, dass die Probleme, die Deutschland mit Migration und Integration vorherrschen, nicht mit einer Abfrage von Mittelgebirgen und Flüssen zu lösen seien. Auszüge aus einem Bericht auf tageschau.de geben einen Überblick über die Situation: “ Streit um Fragebogen aus Hessen … Der Streit um einen bundesweiten Einbürgerungstest treibt … einen Keil zwischen Union und SPD. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) stellten sich hinter die Pläne mehrerer unionsregierter Länder für einen Fragebogen. ‚Die Staatsbürgerschaft kann es nicht im Vorbeigehen geben‘, sagte Merkel auf einer CDU-Veranstaltung in Mecklenburg-Vorpommern. Die Einbürgerung müsse vielmehr als ein bewusster Akt begriffen werden. Dafür sei ein ‚bestimmtes Wissen‘ über Deutschland notwendig. Dieses Wissen sollte auch abgefragt werden, darin sei sich das CDU-Präsidium einig, sagte Generalsekretär Ronald Pofalla. Schäuble mahnte bei Ausländern eigene Anstrengungen für eine Einbürgerung an. Der CDU-Politiker sagte der ‚Bild am Sonntag‘, er begrüße den in Hessen geplanten Einbürgerungstest. Es sei nicht zuviel verlangt, ‚wenn jemand für seine Einbürgerung Grundwissen über Deutschland erwirbt‘. ‚Das ist mit der SPD nicht zu machen‘ SPD und Grüne warfen der Union vor, mit dem Einbürgerungstest am rechten Rand nach Wählerstimmen zu fischen. Sie lehnen einen solchen Test ebenso wie die Linkspartei vehement ab. ‚Das ist mit der SPD nicht zu machen‘, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck dem ‚Südkurier‘ aus Konstanz. Wer nach Deutschland komme, habe zwar die Verpflichtung, ’sich in unserem Land anzupassen‘. Das betreffe vor allem die Sprachkenntnisse. ‚Aber einen Fragebogen, den kaum ein Deutscher korrekt beantworten kann, wird es mit uns nicht geben.‘ … Kritik von Zentralrat der Juden und Lehrerverband Ebenfalls kritisch äußerten sich die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Utte Erdsiek-Rave, der Deutsche Lehrerverband und der Zentralrat der Juden. ‚Die Erfahrungen mit den publizierten Fragebögen zeigen, dass diese zur Recht als eine Art kollektive Misstrauenserklärung, vor allem an Muslime gewertet werden, und dies schadet der dringend notwenigen Integration von Zuwanderern‘, sagte deren Generalsekretär Stephan J. Kramer. Erdsiek-Rave ging nicht davon aus, dass der hessische Test problemlos von deutschen Schülern beantwortet werden könne. So sah dies auch der Deutsche Lehrerverband. Hessen will Fragebogen auch im Alleingang umsetzen Auslöser der aktuellen Diskussion war der Fragebogen, den Hessen als Vorschlag für eine bundeseinheitliche Regelung vorgelegt hatte. Ministerpräsident Roland Koch will diesen Einbürgerungstest notfalls aber auch ohne die anderen Bundesländer umsetzen. ‚Falls ein bundeseinheitlicher Einbürgerungstest an der Blockadehaltung der SPD-Länder scheitern sollte, werden wir in Hessen im Alleingang dafür sorgen, dass die Einbürgerung in unserem Bundesland an das Beherrschen der deutschen Sprache, das Absolvieren eines Wissens- und Wertekurses mit anschließendem Test und an den Eid auf das Grundgesetz verknüpft wird‘, sagte der CDU-Politiker der ‚Bild‘-Zeitung. Zurückhaltung in NRW… Der Vorstoß aus Hessen stößt allerdings nicht bei allen unionsgeführten Bundesländern auf uneingeschränkte Zustimmung. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) versicherte: ‚Es wird keinen Gesinnungstest geben.‘ Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) nannte das hessische Modell einen ‚guten Diskussionsvorschlag‘. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte dagegen, Hessen und Baden-Württemberg hätten ‚tolle Vorschläge‘ vorgelegt. Anfang Februar hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber bereits einen Alleingang der drei unionsregierten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen angekündigt, falls es keine bundesweite Regelung für einen Einbürgerungstest geben sollte. “ Die Überlegungen einen bundeseinheitlichen Einbürgerungstext einzuführen sind also noch nicht abgeschlossen, wobei einige Landespolitiker und Vertreter der Bundes Grünen sich dagegen aussprechen. Spiegel.de fasst die kritischen Stimmen wie folgt zusammen: “ Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner sprach sich ebenfalls gegen einen bundesweiten Einbürgerungstest ausgesprochen. ‚Schleswig-Holstein wird zu Einbürgerungstests, wie Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg sie wollen, niemals die Hand heben‘, sagte der SPD-Politiker der ‚Berliner Zeitung‘. Stegner sagte weiter,Tests wie der hessische seien töricht. ‚Sie verfehlen ihr Ziel, da es bald im Internet Musterlösungen geben wird.‘ Damit verliere der Test an Wert. Sein rheinland-pfälzischer Amts- und Parteikollegen, Karl Peter Bruch, erklärte demselben Blatt, er sei gleichfalls sehr skeptisch. Bruch warb stattdessen für die Idee, dass Ausländer vor der Einbürgerung zu einem Integrationskurs verpflichtet werden, in dem die Grundlagen des deutschen Staates vermittelt werden. Der Grünen-Politiker Volker Beck warf der Union vor, mit der Ausländerfrage Wahlkampf zu machen. ‚Bundesinnenminister Schäuble sollte auf die Einhaltung der Verfassung im Ausländerrecht achten statt ausländerfeindliche Kampagnen zu befördern. Die Union betreibt im Wahlkampf eine Kampagne gegen Türkinnen und Türken‘, sagte der Bundestagsabgeordnete in Berlin. “ Am Beispiel des Hessischen Fragebogens „Leitfaden Wissen Werte in Deutschland und Europa“ wird deutlich, dass die Messlatte zu hoch ist. Der Fragebogen muss von Menschen jeder Gesellschaftsschicht und jeden Bildungsniveaus ausgefüllt werden können. Für viele Menschen mit geringem Bildungsniveau ist das nicht leistbar. Selbst der „deutsche Literaturpapst“ Marcel Reich-Ranicki könnte heute (vor 46 Jahren eingebürgert) nicht alle Fragen beantworten, gibt er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zu. Fragen zu Deutschland, zu Grundlinien deutscher Geschichte, zur Verfassung, zu Wahlen und Parteien, zum Bundesstaat, Rechtsstaat und Sozialstaat, zu Deutschland und Europa, zur Kultur und Wissenschaft und abschließend zu Deutschen Nationalsymbolen machen den umstrittenen Fragebogen aus. Der Hessische Einbürgerungstest steht als Download zur Verfügung. Die Diskussion um Einbürgerung macht keinen Halt an Deutschen Grenzen. In Österreich und Dänemark wird um die Problematik nicht weniger gestritten. In den OÖnachrichten wurde folgendes berichtet: “ Einbürgerungstest: Ausländer sollen mehr über uns wissen als wir selbst Einbürgerungswillige Ausländer sollen ihre Integrationsbereitschaft in einem Kreuzerltest nachweisen. Im OÖN-Test hatten … Schüler mit den 37 Fragen zum eigenen Land ihre liebe Not. Experten zweifeln bereits am Sinn der Fragen. Geht Oberösterreichs Landeswappen auf das Wappen der Habsburger, der Herren vom Machland oder der Grafen von Lambach zurück? Wie vermutlich die meisten Landsleute lagen drei getestete … Oberstufenschüler mit den Habsburgern gründlich daneben – die Herren vom Machland haben sich im Geschichtsgedächtnis offenbar keinen guten Platz erkämpft. Für die Staatsbürgerschaft müssen Oberösterreich-Antragsteller sechs von 37 möglichen Landes-Fragen beantworten. Ab drei Richtigen ist das Ticket gelöst. Die OÖN testeten den gesamten Fragenkatalog mit je drei Antwortalternativen an drei Schülern. Einer schaffte magere 62 Prozent, zwei weitere 73 Prozent. Dass unser Land Teil der römischen Provinz Noricum war, wussten alle. Dass Oberösterreich vom Mittelalter bis 1918 ‚Land ob der Enns‘ hieß, erschien den Probanden weniger plausibel: Alle drei kreuzten ‚Bayern‘ an. … Die gesetzgebende Volksvertretung des Bundeslandes sei der Bundesrat, so die Kreuzerlgetesteten. Mit dieser Einschätzung dürfte der Landtag wenig Freude haben. Bei zwei Schülern wird der Bundespräsident zum Chef der Landesregierung – zum Nachteil des Landeshauptmannes. … ‚Sinn der Fragen ist fraglich‘ Dass 37 Geschichtsfragen maßgeblich zur Integration von Ausländern beitragen, wagt Market-Trendforscher David Pfarrhofer zu bezweifeln – vor dem Test wird ein Katalog mit den richtigen Antworten ausgehändigt. ‚Hier wird eher überprüft, ob sich ein Zuwanderer die Antwort auf die Hälfte von 37 Fragen merken kann.‘ “ (OÖnachrichten vom 29.03.2006) Auch in Dänemark wird in Sachen Einbürgerung durchgegriffen. Auszüge aus einem Beitrag von FOCUS-Online-Korrespondent André Anwar, Stockholm: “ Einbürgerung: Dänen greifen durch ‚Wie dänisch muss man sein, um Däne zu werden?‘, fragen sich aufgebrachte Bürgerrechtsverbände in Kopenhagen, seit es dänischen Behörden fast gelungen war, einen ‚richtigen‘, dänischen Staatsbürger aus dem Land auszuweisen. Die Begründung: das Visum des Dänen sei abgelaufen. Seit das bürgerliche Regierungsbündnis unter Anders Fogh Rasmussen zusammen mit der rechtspopulistischen dänischen Volkspartei 2002 die Sozialdemokraten abgelöst hat, vertritt Dänemark eine so restriktive Einbürgerungspolitik, dass sogar Königin Margarethe Kritik daran äußerte. Umfangreicher Sprach- und Kulturtest Auf dem Weg zur Einbürgerung wurden … viele Hürden aufgebaut. Um Däne werden zu können, muss seit einem Beschluss vom Dezember ein Kultur- und Gesellschaftskundetest bestanden werden. Wie genau dieser Test aussehen soll, ist noch nicht ganz geklärt. Es soll sich um rund 40 Fragen handeln, von denen 28 richtig beantwortet werden müssen. … Zusätzlich werden gute Dänischkenntnisse gefordert, die auf Universitätsniveau liegen sollen. Zum Entsetzen der dänischen Ärzteschaft, kommen auch anerkannte Flüchtlinge mit posttraumatischem Störungen (PTSD), ausgelöst durch Folterungen im Heimatland, am Sprachtest nicht vorbei. Selbst Familienzusammenführungen mit im Ausland lebenden Angehörigen sollen laut dänischem Radio ‚DR‘ erst möglich sein, wenn die Angehörigen an der dänischen Botschaft im Ausland den Sprach- und Kulturtest bestanden haben. Um eine permanente Aufenthaltgenehmigung, die Vorstufe zur Einbürgerung, zu erhalten, muss der Antragsteller sieben Jahre in Dänemark gelebt haben, früher waren es nur drei. Nicht-EU-Staatsbürger müssen sogar noch länger im Land gelebt haben, damit eine Einbürgerung überhaupt erst möglich ist. Leben unter dem Existenzminimum Wer davor als anerkannter Flüchtling Sozialhilfe benötigt, bekommt deutlich weniger als das, was einem Dänen als Existenzminimum zusteht. … Die Praxis zeigte aber, dass es schwieriger für Ausländer geworden ist, sich mit der größeren finanziellen Not zu integrieren, weil die sozialen Gräben noch weiter auseinanderklaffen als bisher. Flucht nach Schweden Auch Dänen mit ausländischen Partnern haben es inzwischen so schwer Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen, dass sie oft dazu gezwungen werden, mit ihrem Partner ins liberalere Südschweden zu ziehen, um von dort aus täglich zur Arbeit nach Dänemark zu pendeln. Unter anderem müssen die Ehepartner über 24 Jahre alt sein, sie müssen drei Jahre zusammen gelebt haben und müssen eine beachtliche Geldsumme auf der Bank vorweisen können, für den Fall dass der ausländische Ehepartner Sozialhilfe beanspruchen sollte. Das Paar muss zusätzlich deutlich machen, dass es keine stärkere Verbindung zu einem anderen Land hat. Und auch hier ist der Sprachtest obligatorisch. Kritik von der Königin Als die ersten deutlichen Gesetzesverschärfungen im Juli 2002 in Kraft traten, löste die dänische Königin Magarethe eine heftige Diskussion aus, als sie in einer schwedischen Tageszeitung die Einwanderungspoltik ihres Königreichs indirekt kritisierte: Für das kleine Dänemark sei es ’nachteilig‘, dass man ’skeptisch gegenüber dem Fremden‘ sei, ließ die Regentin in einem Interview verlauten. Viele Dänen geben ihr Recht, die meisten aber, so zeigen Umfragen nach dem Mohammed-Karikaturen-Fall, befürworten die harte Ausländerpolitik der Regierung. “ (Focus vom 28.3.2006)

Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5341000_REF1,00.html http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,406748,00.html http://makeashorterlink.com/?E6CB22FDC http://makeashorterlink.com/?P2DB25FDC

Dokumente: Einbuergerungsfragebogen_Hessen.pdf

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