ARBEITSMARKTPOLITIK Mit den Hartz-Reformen haben sich die Finanzstrukturen bei der Arbeitsmarktpolitik grundlegend verändert – dies wird auch in der regionalen Verteilung der Finanzströme zwischen wirtschaftsstarken und schwachen Regionen sichtbar. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat in einem Kurzbericht die regionalen Einkommenseffekte der Arbeitsmarktreform untersucht. Auszüge aus der Analyse des IAB: “ Die Bundesagentur für Arbeit hat im Jahr 2006 einen Haushaltsüberschuss von 11,2 Mrd. Euro erwirtschaftet und ist damit erstmals seit 1985 nicht auf finanzielle Hilfen des Bundes angewiesen. Diese Mittel werden ab dem 1. Januar 2007 zur Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung genutzt. Die fiskalischen Veränderungen auf der Ausgaben – wie auf der Einnahmenseite, die mit der Beitragssatzsenkung und den „Hartz-Reformen“ einhergehen, werden in diesem Kurzbericht in ihrer regionalen Inzidenz untersucht. … Es zeigt sich, dass die kurzfristigen direkten Einkommenseffekte für die Regionen Deutschlands recht unterschiedlich ausfallen. Wirtschaftlich starke Regionen werden durch die Beitragssatzsenkung im Vergleich zu wirtschaftlich schwächeren Regionen überproportional begünstigt. Von dem bisherigen Rückgang der Ausgaben für aktive Arbeitsförderung sind hingegen vor allem Regionen mit größeren Arbeitsmarktschwierigkeiten betroffen. Die Mittel, die für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nach dem SGB II ausgegeben werden, kompensieren diesen Effekt nicht vollständig. Längerfristig lassen die durch die Beitragssatzsenkung weitergegebenen Einsparungen jedoch in allen Regionen positive Beschäftigungswirkungen erwarten. … REGIONALE EFFEKTE DER BA-AUSGABENENTWICKLUNG Regionale Effekte auf der Ausgabenseite der BA werden nahezu ausschließlich durch den Rückgang der Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung bewirkt. Dieser muss jedoch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Maßnahmekosten für Langzeitarbeitslose seit dem Jahr 2005 vom Bund übernommen werden. Schließt man diese Bundesausgaben mit ein, verringern sich die Ausgaben für Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik insgesamt – Bund (SGB II) und BA (SGB III) – im Jahr 2005 um knapp 2 Mrd. € gegenüber dem Vorjahr. Diesem Rückgang steht eine Zunahme bei den Pflichtleistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III in Höhe von ca. 400 Mio. € gegenüber. Es zeigt sich, dass ostdeutsche Regionen am stärksten von der rückläufigen Entwicklung der Ausgaben im SGB III betroffen sind. Während 2003 noch 42 Prozent der aktiven Leistungen (SGB III) in ostdeutsche Regionen flossen, lag der Anteil 2005 nur noch bei ca. 33 Prozent. … Ostdeutsche Regionen, beispielsweise Agenturen in Thüringen und Sachsen-Anhalt – wie Dessau, Merseburg und Halle – verzeichnen mit ca. 50 Prozent den stärksten Rückgang der Ausgaben für aktive Arbeitsförderung. Am geringsten sind die Ausgaben in süddeutschen Agenturen – z.B. Reutlingen, Augsburg, Karlsruhe und Göppingen – mit Werten unter 10 Prozent zurückgegangen. Der Rückgang bei Eingliederungsleistungen trifft ostdeutsche Regionen deshalb relativ stärker, da der Eingliederungstitel im Jahr 2004 in Ostdeutschland mit 63 Prozent einen deutlich größeren Anteil an allen aktiven Leistungen ausmachte, wohingegen der Anteil in Westdeutschland nur bei ca. 39 Prozent lag. … wurde die Mittelverteilung beim Eingliederungstitel zwischen Ost- und Westdeutschland zugunsten Ostdeutschlands politisch so gesetzt, dass auf die ostdeutschen Regionen 46 Prozent der Mittel entfielen (Blien/Hirschenauer 2005). Der verstärkte Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente in den neuen Bundesländern begründet sich in den hohen Beschäftigungsverlusten nach der Wiedervereinigung. … Der negative Einkommenseffekt für die Regionen Ostdeutschlands durch den Rückgang des Eingliederungstitels im SGB III bleibt also tendenziell auch bei der zusätzlichen Betrachtung der vom Bund finanzierten Leistungen für aktive Arbeitsmarktpolitik bestehen. Ob dies von Dauer ist, kann aufgrund der Planungen des Bundes, mehr Mittel bei den Eingliederungsleistungen des SGB II einzustellen, noch nicht abgeschätzt werden. Dies hängt davon ab, in welchem Umfang in Zukunft die Mittel von den zuständigen Trägern ausgeschöpft werden. … REGIONALE EINKOMMENSEFFEKTE DER BEITRAGSSATZSENKUNG Die im Koalitionsvertrag angekündigte Entlastung der Beitragszahler kann zumindest für die Arbeitslosenversicherung ab dem Jahr 2007 umgesetzt werden. … Die Zahlungen aus einer Region an die Bundesagentur für Arbeit hängen von der regionalen Beschäftigungssituation ab. Genauso wie wirtschaftsstarke Regionen dadurch mehr Beiträge entrichten als wirtschaftsschwache, fällt umgekehrt auch die Entlastung der Einkommen absolut in diesen Regionen stärker aus. Die Senkung der Beiträge hat sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber Einkommenseffekte. Zu welchem Anteil jedoch Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren, kann weder inzidenztheoretisch noch empirisch eindeutig beantwortet werden. … FAZIT Die Reformen der Arbeitsmarktpolitik schlagen sich im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit bereits seit 2005 in Form geringerer Ausgaben nieder. Aufgrund der Senkung des allgemeinen Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung sind ab dem Jahr 2007 auch die Einnahmen niedriger. Betrachtet man die Finanzentwicklung aus der regionalen Perspektive, so zeigt sich, dass die beiden Effekte unterschiedliche Folgen für die Regionen haben. … dass Regionen mit günstiger Beschäftigungslage in kurzer Frist überproportional von einer Beitragssatzsenkung profitieren. Da die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung der Arbeitslosenversicherung für wirtschaftsschwache Regionen eine größere Bedeutung im Wirtschaftskreislauf haben, betrifft umgekehrt der bisherige Ausgabenrückgang diese Regionen auch besonders hart. … Eine weitergehende langfristige Beurteilung kann sich daher auch nur auf die aktiven Ermessensleistungen beziehen. Auch muss deren Rückgang zusammen mit der Beitragssatzsenkung gesehen werden. Unter der Bedingung, dass Mittel dort eingespart werden, wo ihr Einsatz wenig Aussicht auf Erfolg hat und dass die freiwerdenden Mittel in Form einer Beitragssatzsenkung an die Beitragszahler weitergegeben werden, können die positiven Effekte der geänderten Rahmenbedingungen überwiegen. Dies gilt auch für strukturschwache Regionen. Insbesondere im unteren (Lohn-)Einkommensbereich wirkt eine Verringerung des Abstands zwischen Nettolohn und Arbeitskosten beschäftigungsfördernd. … Die Arbeitsmarktpolitik sollte in eine nachhaltige und wachstumsorientierte politikübergreifende Strategie eingeordnet werden. Weitere Reformschritte in anderen Politikbereichen dürfen dem nicht zuwiderlaufen: … “ Autorinnen: Kerstin Blos und Barbara Schwengler Unter angegebenem Link finden Sie den Volltext des Berichts zum Download.
http://www.iab.de/asp/internet/dbdokShow.asp?pkyDoku=k070220n01
Quelle: http://www.iab.de IAB Kurzbereicht Nr. 4/2007