Ausbildungspatenschaften als Element eines regionalen Übergangsmanagements

REGIONALES ÜBERGANGSMANAGEMENT ALS WICHTIGES HANDLUNGSFELD Die Zeitschrift Berufliche Bildung in Wissenschaft und Praxis nimmt in ihrer aktuellen Ausgabe 2/2007 besonders die Förderung in der beruflichen Bildung in den Blick. Dr. Martin Lang, Universität Dortmund, untersuchte ein Patenschaftsprojekt als teil eines regionalen Übergangsmanagements. Auszüge aus dem Artikel: “ Für den Großteil aller Schulabgängerinnen ist die Berufsausbildung im dualen System nach wie vor erste Wahl, wenn es um den Weg in die berufliche Zukunft geht. Allerdings bleiben seit einigen Jahren zunehmend mehr Jugendliche an dieser sogenannten „ersten Schwelle“ hängen. Der Weg von der Schule in den Beruf ist für viele schwieriger und oft auch länger geworden, da sich Orientierungs- , Förder- und Qualifizierungsphasen an die Schulzeit anschließen. Die Gründe für die ausgesprochen schwierige Marktsituation für die Jugendlichen liegen zum einen darin, dass in den vergangenen Jahren im Zuge des Beschäftigungsabbaus sehr viele Ausbildungsplatzangebote verlorengegangen sind zum anderen musste der Ausbildungsmarkt aufgrund der demographischen Entwicklung stetig steigende Absolventenzahlen aus den allgemeinbildenden Schulen verkraften. … Insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund sind in dieser Phase des beruflichen Findungsprozesses überproportional von Schwierigkeiten betroffen, wie empirische Studien hinreichend belegen konnten. Diese unbefriedigende Situation hat nicht nur gravierende Konsequenzen für das Selbstkonzept der Jugendlichen, sondern auch negative Auswirkungen auf die Gesellschaft, wenn es nicht gelingt, jungen Menschen Perspektiven für eine dauerhafte qualifizierte berufliche Tätigkeit aufzuzeigen. Insofern ist es nur konsequent, nach Wegen zu suchen, die den Jugendlichen in der besonders kritischen Lebensphase Hilfestellungen und Unterstützung bieten und so den Übergang in die Berufsausbildung erleichtern können. … Eine frühzeitige Begleitung von Jugendlichen durch qualifizierte und berufserfahrene Paten kann für den Fall, dass Jugendliche in ihrem sozialen Umfeld nicht ausreichend Unterstützung auf dem Weg in eine Berufsausbildung finden, ein probates Mittel innerhalb eines Übergangsmanagements sein, wie zahlreiche Praxisbeispiele belegen. Insbesondere Lehrstellenbewerber mit Migrationshintergrund geben häufiger als diejenigen ohne an, sie hätten bei Berufsfindung und Lehrstellensuche mehr Unterstützung gebraucht. Wichtige Fragen der Lehrstellensuche besprechen sie erheblich seltener als Jugendliche ohne Migrationshintergrund mit ihren Eltern, die aufgrund ihrer Bildungsvoraussetzungen und der Tatsache, dass sie als Migranten seltener eigene Erfahrung mit dem deutschen Ausbildungssystem haben, nicht in ausreichendem Maße den Berufseinmündungsprozess ihrer Kinder begleiten können. Zudem erhalten die Jugendlichen bei der Vermittlung von Einblicken in die konkrete Berufspraxis und bei der Vermittlung von Kontakten zu Unternehmen nur wenig Unterstützung von der Schule, da die obligatorischen Schnupperpraktika selten sinnvoll genutzt und zumeist nicht systematisch vor- und nachbereitet werden, … Das Patenschaftsmodell in Dortmund Seit einigen Jahren wird in Dortmund die Aktion „12×12 – 144 Investitionen in die Zukunft“ überaus erfolgreich zur Akquise zusätzlicher Ausbildungsplätze durchgeführt. Im Jahr 2006 wurde diese Kampagne dahin gehend erweitert, dass nicht mehr allein die Akquise von Ausbildungsplätzen im Mittelpunkt der Bemühungen steht, sondern darüber hinaus mit der Einführung eines Patenschaftsmodells noch ein Schritt weitergegangen wird. In dem Pilotprojekt sollen Jugendliche ab 15 Jahren, die grundsätzlich in der Lage sind, eine Ausbildung zu beginnen, durch Patinnen und Paten Unterstützung beim Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung erhalten. Bei den Patinnen und Paten handelt es sich um berufserfahrene Personen, die diese Aufgabe ehrenamtlich ausüben. Sie sollen ein Vertrauensverhältnis zu den jungen Menschen aufbauen und sie bei ihrer Ausbildungsplatzsuche unterstützen, Kontakte zu Ausbildungsbetrieben vermitteln, Bewerbungsunterlagen durchsehen und ggf. korrigieren sowie bei Fragen während der Ausbildung ihre Lebenserfahrung einbringen können, um eventuell auftretende Probleme zu lösen und drohende Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. … Die Pilotphase des Patenschaftsmodells wurde mit einer formativen Evaluation analysiert. … Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich die befragten Jugendlichen ihrer schlechten Ausgangsbedingungen für eine Ausbildungsplatzsuche durchaus bewusst sind. Zum Zeitpunkt der Befragung (letztes Schuljahr) haben sie bislang fast gänzlich auf eine Ausbildungsplatzsuche verzichtet. Dies ist auch Ausdruck einer gewissen Resignation der Hauptschüler, die selbst ihre schulischen Leistungen und Abschlüsse als nicht ausreichend für die angestrebte berufliche Erstausbildung im dualen System ansehen. In einer Selbsteinschätzung bewerten sie sowohl ihre schulischen Leistungen als auch ihre Schlüsselqualifikationen insgesamt als unterdurchschnittlich bis durchschnittlich. Besondere Defizite mit Blick auf eine mögliche Ausbildung sehen die Jugendlichen in ihren … Schlüsselqualifikationen Motivationsfähigkeit, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Zielstrebigkeit/Ausdauer und Zuverlässigkeit. … Erste Evaluationsergebnisse des Patenschaftsmodells Die Probleme, die im Verlauf der Pilotphase zum Patenschaftsmodell aufgetreten sind, lassen sich auf mehreren Ebenen lokalisieren. Da wäre zum einen festzustellen, dass es in den Patenschaften nur sporadisch gelungen ist, einen intensiven persönlichen Kontakt und eine regelmäßige und vertrauensvolle Kommunikation zwischen den Akteuren aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Die Paten beklagten vielmehr fast durchgängig die mangelnde Kooperation und Zuverlässigkeit der Jugendlichen, verabredete Gesprächstermine seien kurzfristig abgesagt und vereinbarte Abmachungen und Zusagen nicht eingehalten worden. Dies führte bei den Paten zu Frustationen und Enttäuschungen, da sie den Eindruck gewannen, dass ihre gut gemeinte und engagierte Hilfe von den Jugendlichen gar nicht gewollt war. … Ein weiterer Problembereich lag in der Tatsache, dass im Gegensatz zu den Paten fast alle Jugendlichen einen Migrationshintergrund hatten. … Handlungsempfehlungen für zukünftige Patenschaften Angesichts der kurzen und für die Jugendlichen mit Blick auf ihre weitere berufliche Entwicklung zudem besonders kritischen Phase zwischen Patenschaftsbeginn und geplantem Ausbildungsbeginn blieb … zu wenig Zeit für vertauensbildende Aktivitäten oder die Aufarbeitung vo schulischen Defiziten. … erwarteten die Jugendlichen in einer für sie beinahe aussichtslosen Phase der Ausbildungsplatzsuche von ihren Paten schnelle und effektive Hilfe als Vermittler von Ausbildungsstellen und sahen in ihnen oftmals den letzten Strohhalm, nach dem sie greifen konnten. Um diesen äußeren Druck aus den Patenschaften herauszunehmen, ist ein Vorziehen des Patenschaftsmodells in das 9. Schuljahr unversichtbar …. Darüber hinaus sollten die Paten auf ihre Arbeit durch geeignete Qualifizierungsangebote hinreichend vorbereitet und im Verlauf der Ptenschaft kontinuierlich unterstütz werden. Ein begleitender Erfahrungsaustausch untereinander oder Beratungsgespräche mit externen Experten oder Vertretern des Jugendamtes sind dabei ebenso wichtig wie Fortbildungsangebote zu speziellen Themen, mit denen Defizite und Unsicherheiten auf Seiten der Paten ausgeglichen werden könnten. Konkret wünschten sich die paten insbesondere Informationen darüber, welche alternativen Ausbildungswege es für Hauptschüler neben dem dualen System gibt, da erkennbar war, dass die Jugendlichen im Jahr 2006 keine Aussicht mehr auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz hatten. Bedarf an Fortbildung besteht nach Auskunft der Paten insbesondere auch zu den Themen Umgang mit Konfliktsitationen und Kritikgesprächen, Rhetorik/Kommunikation sowie Neuigkeiten zu „Rechten und Pflichten in der Ausbildung.“ … “ Bitte lesen Sie hierzu auch den ausführlichen Bericht mit Auszügen aus der Dokumentation des Forschungsprojekts „Ausbildungspatenschaften“ vom 05.02.2007 in der Ausgabe Nr. 256 der Jugendsozialarbeit News. Die Dokumentation ‚Ausbildungspatenschaften. Ergebnisse eines Forschungsprojekts‘ kann gegen Einsendung eines für die Rücksendung mit 1,45 Euro frankierten und adressierten DIN A4-Briefumschalgs unter folgender Adresse bestellt werden: Meinwerk-Institut Sozialwissenschaftliche Forschungsstelle Giersmauer 35 33098 Paderborn

Quelle: BWP Ausgabe 2/2007

Ähnliche Artikel

Verfassungsgericht sieht kein Grundrecht auf BAföG

Studierende haben keinen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Leistung zur Aufnahme eines Studiums. Weder ein menschenwürdigens Existenzminimum noch das Sozialstaatsprinzip könnten als Begründung für Unterstützung

Ohne sie ist alles nichts

Unter dem Motto „Ohne sie ist alles nichts“ fand der 14. Dialogtag der Katholischen Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern Mitte Oktober in Regensburg statt. Im Mittelpunkt der

Skip to content