Positionspapier des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit zum „Ausbildungsplatzzuschuss“

INITIATIVE ZUR SCHAFFUNG VON ZUSÄTZLICHEN BETRIEBLICHEN AUSBILDUNGSPLÄTZEN FÜR BENACHTEILIGTE JUGENDLICHE Auf Initiative des Landes Baden-Württemberg hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Förderung von betrieblichen Ausbildungsplätzen für sog. Altbewerber vorgelegt. (siehe Meldung in den News vom 15. Oktober 2007). Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit begrüßt das Vorhaben, mit einem Ausbildungsplatzzuschuss zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für diese Jugendlichen zu erschließen. Auszüge aus der Stellung des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit: “ ZIELGRUPPEN DER AUSBILDUNGSFÖRDERUNG Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrats soll die Förderung auf die sog. Altbewerber konzentriert werden, d.h. solche Jugendliche unterstützt werden, die sich bereits mindestens im Vorjahr um eine Ausbildung bemüht haben. In besonderer Weise sollen die Abgänger von Haupt- und Förderschulen von dem Ausbildungsplatzzuschuss profitieren (§ 418 SGB III). Diese Regelung ist so zu verstehen, dass nur Ausbildungsplatzbewerber/Innen in die Förderung einbezogen werden können, die bereits im Vorjahr bei der Agentur für Arbeit als ausbildungssuchend gemeldet waren. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit empfiehlt darauf zu achten, dass nicht Jugendliche von einer Förderung ausgeschlossen werden, die die Schule schon mindestens im Vorjahr verlassen haben, sich aber – aus unterschiedlichen Gründen – nicht offiziell bei der Bundesagentur für Arbeit als ausbildungssuchend gemeldet haben. Die Förderung sollte deshalb auch für Jugendliche zugänglich sein, deren Schulabschluss länger als ein Jahr zurückliegt und die z.B. aufgrund schlechter Abgangszeugnisse, Maßnahmenabbrüche u. ä. schlechte Ausbildungschancen haben. FÖRDERFÄHIGE ARBEITGEBER Der neu gefasste § 418 SGB III sieht eine Förderung für alle Arbeitgeber vor, die zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf anbieten. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit begrüßt diese Festlegung, insbesondere den Verzicht auf eine Einschränkung der Förderung für Firmen der gewerblichen Wirtschaft. … Der Gesetzentwurf des Bundesrats würdigt das Ausbildungsengagement und die Ausbildungsmöglichkeiten der gesamten Wirtschaft, der öffentlichen Hand und des Sozialsektors. FÖRDERKONDITIONEN Der Gesetzentwurf des Bundesrats sieht vor, einen zeitlich begrenzten Zuschuss zur Ausbildungsvergütung zu zahlen. Der Zuschuss wird einmalig und mit Ablauf des ersten Ausbildungsjahres gezahlt. Der Zuschuss soll maximal 50% der Ausbildungsvergütung des ersten Ausbildungsjahres einschließlich Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung betragen. Die Vorgabe des Gesetzentwurfs, die Höhe des Zuschusses als Ermessensleistung auszugestalten, wird vom Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit grundsätzlich begrüßt. Damit wird es möglich, die Zuschusshöhe an den Besonderheiten der regionalen Wirtschaftsstruktur sowie an der individuellen Leistungsfähigkeit der Jugendlichen auszurichten. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit schätzt jedoch insgesamt die Förderkonditionen als nicht ausreichend ein, um Betriebe zu motivieren, zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für die genannte Zielgruppe zu schaffen. Der finanzielle Anreiz ist zu gering, weil er auf das erste Ausbildungsjahr beschränkt bleibt und die Folgejahre der Ausbildung nicht bezuschusst werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Ausbildungsvergütung nur ca. 40% der gesamten Ausbildungskosten verursacht (Berufsbildungsbericht 2006, S. 174). Die Betriebe erhalten den Zuschuss erst nach Ablauf des ersten Ausbildungsjahres, was die Attraktivität des Ausbildungsplatzzuschusses weiter einschränkt. Zwar ist bei vielen Jugendlichen eine Leistungssteigerung im Ausbildungsverlauf zu erwarten, die es den Betrieben ermöglicht, einen wachsenden Teil der Ausbildungskosten durch die Arbeitsleistung der Jugendlichen zu erwirtschaften. Trotzdem sollte die Förderung über den gesamten Ausbildungsverlauf hinweg erhalten bleiben, um die Betriebe zu motivieren, die Ausbildung auch bei zwischenzeitlich auftretenden Schwierigkeiten fortzuführen und ihren Beitrag zu einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu leisten. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert deshalb, den Ausbildungsplatzzuschuss auch für das zweite und dritte Ausbildungsjahr vorzusehen. Der Ausbildungsplatzzuschuss für das erste Ausbildungsjahr sollte außerdem bereits zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses gezahlt werden. … Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit regt an, eine Erfolgsprämie in das Finanzierungskonzept für den Ausbildungsplatzzuschuss aufzunehmen. Zu den wesentlichen Förderkonditionen gehört die Regelung, dass nur als zusätzlich gewertete Ausbildungsplätze finanziert werden können. Ein Ausbildungsplatz wird als zusätzlich gewertet, wenn der Ausbildungsbetrieb bisher nicht ausgebildet hat oder durch den neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag zum Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung mehr Auszubildende beschäftigt werden als im Durchschnitt der letzen drei Jahre. Das Erfordernis der Zusätzlichkeit kann die Inanspruchnahme der Förderung seitens der Betriebe zwar beschränken und zu Verwaltungsaufwand bei der Nachweisführung und –kontrolle führen. Um Mitnahmeeffekte einzuschränken, ist diese Regelung aus Sicht des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit jedoch notwendig. NOTWENDIGE ERGÄNZUNGEN DES AUSBILDUNGSPLATZZUSCHUSSES … Jegliche Erfahrung zeigt aber auch, dass diese Ausbildungszuschüsse Bestandteil einer gezielten Strategie zur passgenauen Ausbildungsplatzvermittlung von Jugendlichen und zur Ausbildungsstellenakquise sein müssen. Erfolg versprechend ist es, wenn Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung bei der Ausbildungsplatzvermittlung und Ausbildungsstellenakquise von den lokalen Industrie- und Handwerkskammern unterstützt werden und auf die Angebote der Träger der Jugendsozialarbeit zurückgreifen. Betriebe, die benachteiligte Jugendliche ausbilden, brauchen außerdem kontinuierliche Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausbildung, so z.B. durch Ansprechpartner bei auftretenden Konflikten. Die vom Gesetzgeber erst neu geregelten Unterstützungsangebote zum Ausbildungsmanagement gem. § 241 a SGB III sollten gezielt für die Umsetzung des Ausbildungsplatzzuschusses genutzt werden. Unabdingbar notwendig ist für viele Jugendliche auch die individuelle Begleitung und Förderung während der Ausbildung. Ausbildungsbegleitende Hilfen, mit denen Jugendliche sozialpädagogisch begleitet und bei der Bewältigung des Berufsschulunterrichts unterstützt werden, sollen deshalb genutzt, ausgebaut und angemessen finanziert werden. AUSBILDUNGSPLATZZUSCHUSS ALS NEUE LEISTUNG IM SGB II UND SGB III Der Vorschlag des Bundesrats zielt darauf ab, den Ausbildungsplatzzuschuss als gesetzliche Leistung im SGB II und SGB III zu verankern. Hierbei ist zu bedenken, dass in nahezu allen Bundesländern Landesprogramme zur Förderung von Ausbildungsplätzen existieren. So wurde insbesondere die neue Förderphase des Europäischen Sozialfonds von vielen Bundesländern dazu genutzt, betriebliche Ausbildungsplätze für jugendliche Altbewerber bzw. Jugendliche mit besonders schlechten Ausbildungsplatzchancen zu fördern. Es ist zu befürchten, dass die Bundesländer ihre Förderung einschränken oder sogar ganz aufheben, wenn der Ausbildungsplatzzuschuss im SGB II und SGB III geregelt werden sollte. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert die Bundesländer deshalb dazu auf sicherzustellen, dass weiterhin Landesmittel für die Förderung von benachteiligten Jugendlichen – etwa zur Vermeidung von Schulabbruch und Schulverweigerung – bereitstehen. Eine bundesweite Regelung zum Ausbildungsplatzzuschuss ist dennoch notwendig, weil so auch diejenigen Jugendlichen gefördert werden können, in deren Bundesländern entsprechende Programme fehlen bzw. diese nur für sehr eingeschränkte Zielgruppen und Wirtschaftsbranchen zur Verfügung stehen. Eine Regelung zum Ausbildungsplatzzuschuss im SGB II und SGB III erleichtert außerdem die einheitliche Handhabung verschiedener Fördermaßnahmen für Jugendliche – sei es den erst jüngst geschaffenen Qualifizierungszuschuss für Jugendliche, die Einstiegsqualifizierung für Jugendliche (EQJ) u. a. m. Eine Bundesregelung vermag auch bestehende Schwachstellen in der Förderung der Bundesländer auszuräumen, so etwa die typische Beschränkung der Förderung auf Jugendliche aus dem eigenen Bundesland. Zur Umsetzung des neuen Ausbildungsplatzzuschusses im Rechtskreis SGB II ist es nach Ansicht des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit allerdings erforderlich, den Eingliederungstitel aufzustocken. Mit rund 6,4 Mrd. € ist im Entwurf des Bundeshaushaltes 2008 ein ähnliches Niveau für den Eingliederungstitel wie im Vorjahr vorgesehen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Dritten Sozialgesetzbuch sowie dem Zweiten Gesetzbuch zur Änderung des Zweiten Sozialgesetzbuch im Herbst diesen Jahres neue Förderinstrumente eingeführt, die den Eingliederungstitel schon in Milliardenhöhe belasten werden. EINORDNUNG DES NEUEN AUSBILDUNGSPLATZZUSCHUSSES IN DIE BESTEHENDE FÖRDERLANDSCHAFT Der neue Ausbildungsplatzzuschuss reiht sich in eine Vielzahl von bewährten und ganz neu geschaffenen Förderinstrumenten ein, mit denen Jugendliche auf dem Weg in Ausbildung und Arbeit unterstützt werden sollen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den neuen Ausbildungsplatzzuschuss in die bestehende Förderlandschaft einzupassen. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert, den Ausbildungsplatzzuschuss vorrangig gegenüber dem neu geschaffenen Qualifizierungszuschuss einzusetzen, damit Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung zuerst bei der Aufnahme einer Ausbildung unterstützt werden. Erst wenn dies nicht gelingt, sollten sie in eine Arbeitsstelle vermittelt werden. Die Partner des Ausbildungspaktes sollten ihren Beitrag leisten, damit Betriebe den Ausbildungsplatzzuschuss nutzen, um mehr betriebliche Ausbildungsplätze für Altbewerber zu schaffen. Demgegenüber sollte zukünftig das EQJ erst dann angeboten werden, wenn ein geförderter Ausbildungsplatz nicht zur Verfügung steht. Wie bereits oben dargelegt, wird die verstärkte Nutzung ausbildungsbegleitender Hilfen sowie der sozialpädagogischen Begleitung und organisatorischen Unterstützung der Berufsausbildung wichtig sein, um den Erfolg des neuen Ausbildungsplatzzuschusses zu garantieren. Weil Jugendliche grundlegende Kompetenzen und Fähigkeiten für eine betriebliche Ausbildung brauchen, wird es auch in Zukunft wichtig sein, dass berufsvorbereitende Maßnahmen zur Verfügung stehen. So können Jugendliche vor dem Ausbildungsbeginn z.B. starke Schwächen in Deutsch und Mathematik ausgleichen oder grundlegende Sozialkompetenzen erlernen. Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung sind gefordert, die betriebliche Ausbildungsförderung mittels Ausbildungsplatzzuschuss mit den Angeboten zur Berufsvorbereitung, die von ihnen, aber auch teilweise von den Jugendämtern finanziert werden, abzustimmen. Die betriebliche Ausbildung hat Priorität unter den möglichen Ausbildungsalternativen. Die außerbetriebliche Ausbildung wird jedoch nicht obsolet, weil sie anders als die unter Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsdruck stehenden Betriebe besonders betreute Ausbildungsbedingungen für sehr leistungsschwache Jugendliche bietet. Die Praxis der außerbetrieblichen Ausbildung hat sich in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass von einer arbeitsweltfremden Ausbildung keine Rede mehr sein kann. Die Kooperation von Trägern und Betrieben gehört vielmehr zum Alltag der außerbetrieblichen Ausbildung, wo Phasen der Ausbildung beim Träger von Praktikumszeiten in Betrieben unterbrochen werden oder im Anschluss an das erste Jahr einer Ausbildung bei einem Träger der außerbetrieblichen Ausbildung ein Wechsel in eine betriebliche Ausbildung erfolgt. BEFRISTUNG DES AUSBILDUNGSPLATZZUSCHUSSES Der Gesetzentwurf des Bundesrats sieht vor, den Ausbildungsplatzzuschuss bis 2009 zu befristen, alleine um einen Abbau der aktuellen Altbewerberzahlen zu erreichen, nicht aber um ein dauerhaftes Förderinstrument zu etablieren. Angesichts des notwendigen Vorlaufs für die Gesetzesvorbereitungen und Umsetzung dürfte der Ausbildungsplatzzuschuss frühestens für das Ausbildungsjahr 2008 greifen. Sollte der Ausbildungsplatzzuschuss in 2009 wieder entfallen, wird es sich nur um ein „kurzes politisches Strohfeuer“ handeln. Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung werden angesichts der kurzen Verfallsdauer des neuen Instruments kein Engagement zeigen, um die Umsetzung zu befördern. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert daher, die Befristung analog der anderen neuen arbeitsmarktpolitischen Instrumente für Jugendliche (z. B. Eingliederungszuschuss, Qualifizierungszuschuss) mindestens bis 2010 zu verlängern. “ Den Volltext des Positionspapiers entnehmen Sie bitte dem Anhang. Informationen über den Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit entnehmen Sie bitte der Meldung in den News vom 27. August 2007 aus dem Archiv.

Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

Dokumente: PositionspapierAusbildungsplatzzuschussEndfassung.pdf

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