Entwurf eines DQR für lebenslanges Lernen

Mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (DQR) wird erstmals ein Rahmen vorgelegt, der bildungsbereichsübergreifend alle Qualifikationen des deutschen Bildungssystems umfasst. Als nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) berücksichtigt der DQR die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems und trägt zur angemessenen Bewertung und zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifikationen in Europa bei. Die Kultusministerkonferenz hat am 10. März 2011 dem aktuellen Entwurf eines DQR mit geringen Änderungen zugestimmt. Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen in seiner Sitzung am 22. März 2011 diesen Entwurf beschließt.

Bildungsbereichsübergreifende Matrix zur Einordnung von Qualifikationen

Im Februar 2009 hatte der AK DQR einen DQR-Entwurf (Einführungstext, Matrix, Glossar) als Diskussionsvorschlag für die zweite DQR-Erarbeitungsphase vorgelegt. Dieser Entwurf wurde ab Mai 2009 erprobt. Die Ergebnisse dieser Phase wurden evaluiert und Änderungsvorschläge in Matrix und Glossar eingearbeitet.

Auszüge aus dem „Entwurf eines DQR für lebenslanges Lernen„:

„(…) Mit dem DQR findet erstmals eine umfassende, bildungsbereichsübergreifende Matrix zur Einordnung von Qualifikationen Anwendung, die die Orientierung im deutschen Bildungssystem wesentlich erleichtert. Dazu beschreibt der DQR auf acht Niveaus fachliche und personale Kompetenzen, an denen sich die Einordnung der Qualifikationen orientiert, die in der allgemeinen, der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung erworben werden.“

Umfassende Handlungskompetenz ist zentral im DQR

„Die acht Niveaus des DQR beschreiben jeweils die Kompetenzen, die für die Erlangung einer Qualifikation erforderlich sind. Diese bilden jedoch nicht individuelle Lern- und Berufsbiografien ab. Der Kompetenzbegriff, der im Zentrum des DQR steht, bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden.

Dem DQR liegt entsprechend dem deutschen Bildungsverständnis ein weiter Bildungsbegriff zugrunde, auch wenn sich der DQR wie der EQR ausdrücklich nur auf ausgewählte Merkmale konzentriert. Gleichwohl sind beispielsweise Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Ausdauer und Aufmerksamkeit, aber auch interkulturelle und interreligiöse Kompetenz, gelebte Toleranz und demokratische Verhaltensweisen sowie normative, ethische und religiöse Reflexivität konstitutiv für die Entwicklung von Handlungskompetenz.

Der DQR unterscheidet zwei Kompetenzkategorien: „Fachkompetenz“, unterteilt in „Wissen“ und „Fertigkeiten“, und „Personale Kompetenz“, unterteilt in „Sozialkompetenz und Selbständigkeit“ („Vier-Säulen-Struktur“). Diese analytischen Unterscheidungen werden im Bewusstsein der Interdependenz der verschiedenen Aspekte von Kompetenz vollzogen.
(…)“

Die Niveaus bilden gleichwertige, nicht gleichartige Qualifikationen ab

„Bei der Anwendung der DQR-Matrix ist zu beachten, dass auf einem Niveau gleichwertige, nicht gleichartige Qualifikationen abgebildet werden. Die Formulierungen folgen grundsätzlich dem Inklusionsprinzip. Das bedeutet, dass Merkmale, die bereits auf einer unteren Stufe beschrieben wurden, auf den folgenden höheren Stufen nicht erneut erwähnt werden, es sei denn, sie erfahren eine Steigerung. Für die Beschreibung der Fachkompetenz bedeutet dies jedoch nicht, dass in jedem Fall das jeweils höhere Niveau Wissen und Fertigkeiten der vorherigen Stufe beinhaltet.

Bei der Zuordnung von Qualifikationen zum DQR sollen alle formalen Qualifikationen des deutschen Bildungssystems der Allgemeinbildung, der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung – jeweils einschließlich der Weiterbildung – einbezogen werden. Darüber hinaus soll die Validierung des non-formalen und des informellen Lernens gefördert werden. (…) Die Zuordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass jedes Qualifikationsniveau grundsätzlich auf verschiedenen Bildungswegen erreichbar sein kann. Der DQR und der Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse (HQR) sind kompatibel. (…)

Die Umsetzung des DQR bietet die Chance, dass man in Deutschland dem Prinzip näher kommt: Wichtig ist, was jemand kann, und nicht, wo es gelernt wurde. Durch den DQR wird damit das lebenslange Lernen insgesamt gestärkt werden.

Die Regeln der Zuordnung der in Deutschland zu erwerbenden Qualifikationen zu den Niveaus des DQR werden eigens entwickelt und in einem Handbuch niedergelegt.

Niveaus der DQR-Matrix

  • Niveau 1: Über Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt unter Anleitung. (…)
  • Niveau 2: Über Kompetenzen zur fachgerechten Erfüllung grundlegender Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt weitgehend unter Anleitung. (…)
  • Niveau 3: Über Kompetenzen zur selbständigen Erfüllung fachlicher Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. (…)
  • Niveau 4: Über Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. (…)
  • Niveau 5: Über Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung umfassender fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. (…)
  • Niveau 6: Über Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Veränderungen gekennzeichnet. (…)
  • Niveau 7: Über Kompetenzen zur Bearbeitung von neuen komplexen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Die Anforderungsstruktur ist durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet. (…)
  • Niveau 8: Über Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Die Anforderungsstruktur ist durch neuartige und unklare Problemlagen gekennzeichnet. (…)“

Quelle: Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen; KMK

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