Umfrage: Viele Hauptschüler*innen sehen Ausbildungschancen skeptisch

Trotz zahlreicher freier Ausbildungsplätze sehen viele Hauptschüler*innen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt skeptisch. Eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass über 22 Prozent der Jugendlichen mit niedriger Schulbildung ihre Aussichten als schlecht oder eher schlecht einschätzen. Diese negativen Erwartungen sind alarmierend, spiegeln aber die Chancenungerechtigkeit auf dem Ausbildungsmarkt wider. 2022 hatten fast 42 Prozent der Hauptschulabsolvent*innen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nur 12 Prozent der Gymnasiast*innen teilen eine negative Einschätzung hinsichtlich der Ausbildungsmöglichkeiten.

Die Umfrageergebnisse unterstreichen aus Sicht der Bertelsmann Stiftung die Notwendigkeit für intensivere Beratungs- und Unterstützungsangebote, insbesondere für Jugendliche mit niedriger Schulbildung. Diese sollten nicht nur über Ausbildungswege, sondern auch über mögliche finanzielle und logistische Unterstützungsmaßnahmen informiert werden. Hier könnte der Ausbau des Jugendwohnens Abhilfe schaffen. Das Jugendwohnen bietet nicht nur ein Zuhause an einem fremden Ort, sondern auch umfassende sozialpädagogische Begleitung und Beratung. Dabei richtet sich das sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen an Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen nicht zu Hause wohnen können, vorrangig wegen der Entfernung zu Ausbildungsplätzen. Etwa 200.000 Jugendliche nutzen jährlich dieses Angebot.

Verfestigt sich die Schieflage auf dem Ausbildungsmarkt?

Trotz einer Rekordzahl an freien Ausbildungsplätzen bewerten viele Hauptschüler*innen ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt pessimistisch. Dabei sehen fast drei Viertel der befragten Jugendlichen überwiegend guten Chancen. Viele der jungen Menschen mit Hauptschulabschluss bewerten eine Berufsausbildung als ihren zentralen Weg ins Berufsleben.

 Der Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2022“, herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V., dokumentierte basierend auf Zahlen und Aussagen der Bundesagentur für Arbeit die schlechteren Chancen von Hauptschüler*innen auf dem Ausbildungsmarkt. Für junge Menschen ohne Schulabschluss waren 2022 sogar nur 0,1 % der Ausbildungsstellen zugänglich.

Die Bundesregierung hat auf die Schieflage auf dem Ausbildungsmarkt mit der Einführung einer Ausbildungsgarantie reagiert. Erste Teile der Ausbildungsgarantie traten zum 1. April 2024 in Kraft. Weitere Bestandteile sollen ab 1. August 2024 realisiert werden. Zugleich weisen Kritiker*innen darauf hin, dass diese Maßnahmen nicht ausreichten, damit die Idee, dass jede*r Ausbildungswillige auch tatsächlich eine Lehrstelle findet, Realität werde.

Die Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt werden seit Jahren diskutiert. Aus Sicht des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit versteht die Politik die Jugendberufshilfe viel zu wenig als Teil der Lösung Das Ausbildungssystem sei zu sehr an den Belangen der Wirtschaft und zu wenig an den Bedarfen der jungen Menschen orientiert. Als Lösung der Schieflage auf dem Ausbildungsmarkt schlägt der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit unter anderem eine bessere Berufsorientierung vor. Außerdem plädiert der Zusammenschluss von sechs bundeszentralen Organisationen und Verbänden der Jugendsozialarbeit für den Ausbau der Assistierten Ausbildung, ein ausbildungsbegleitendes Coaching sowie den Ausbau des Azubi- und Jugendwohnen mit sozialpädagogischer Begleitung.

Verbesserte Berufsorientierung und mehr Unterstützung gewünscht

Obwohl Hauptschüler*innen ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz schlechter einschätzen als Gymnasiast*innen und Schüler*innen mit mittlerem Schulabschluss, fühlen sie sich laut Bertelsmann Stiftung besser über Ausbildungsmöglichkeiten informiert.

Um die Schieflage auf dem Ausbildungsmarkt zu egalisieren, lohnt sich ein Blick auf die Wünsche der jungen Menschen. Die befragten Jugendlichen wünschen sich mehr politischen Unterstützung. Fast die Hälfte der Befragten glaubt, dass die Politik wenig bis gar nichts für Ausbildungssuchende tue. Dabei denken die jungen Menschen an finanzielle Unterstützung und günstigen Wohnraum, um die Ausbildung attraktiver und machbarer zu gestalten.

Quelle: Bertelsmann Stiftung; KNA; BAG KJS; Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

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