Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will junge Menschen unter 25 Jahre (U25) im Bürgergeld-Bezug künftig von der Bundesagentur für Arbeit (BA) betreuen lassen. Bisher sind die Jobcenter zuständig. Mit dem Wechsel soll der Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) ab 2025 um rund eine Milliarde Euro entlastet werden. Während die bisherige Finanzierung auf Grundlage des SGB II aus Steuermitteln erfolgt, wird die Finanzierung künftig über das SGB III aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung gezahlt. Ein finanzpolitischer Trick, der die Bedarfe junger Menschen außer Acht lässt und ohne fachpolitische Debatte über das Haushaltsfinanzierungsgesetz vollzogen wird.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) legte am 10.08.2023 einen Referenten-Entwurf zum Haushaltsfinanzierungsgesetz vor. Darin wird in den Artikeln 4 und 5 unter anderem der Wechsel der Betreuung der U25 vom SGB II ins SGB III finanzpolitisch festgelegt. In einer Stellungnahme kritisiert die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. über den Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit unter anderem, dass vor der fachpolitischen Debatte Entscheidungen zum Systemwechsel fallen. Der Kooperationsverbund fordert die Bundesregierung auf, zunächst die fachliche Debatte zu führen und dabei die Bedarfe junger Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Zudem muss das Gesetz zur Kinder- und Jugendgrundsicherung abgewartet werden, weil es in direktem Zusammenhang steht, wenn es um Leistungen für junge Menschen unter 25 Jahre geht.
Das Bundeskabinett hat ohne Rücksicht auf diese Argumente dem Systemwechsel am 16.08.2023 zugestimmt. Der Bundestag ist aus Sicht des Kooperationsverbundes und der BAG KJS nun in der Pflicht, die Änderung zu stoppen. Denn die Finanzierung von Armut bedrohter und betroffener junger Menschen muss durch Steuermittel aus der Gesamtgesellschaft und nicht alleine durch Mittel aus der Arbeitslosenversicherung und damit lediglich Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmerinnen getragen werden.
Der Wechsel ist außerdem mit finanziellen Risiken verbunden – für die Arbeitslosenversicherung und für den Haushalt des Bundes. Die Bundesagentur kämpft bereits mit Finanzierungslücken, die durch eine Mehrbelastung von rund einer Milliarde Euro nicht kleiner werden dürften. Personell und organisatorisch ist die BA auf die neue Aufgabe zudem nicht vorbereitet – der finanzielle Aufwand zum Herstellen einer Arbeitsfähigkeit bis 2025 ist entsprechend hoch und im Entwurf für das Haushaltsfinanzierungsgesetz nicht berücksichtigt. Es ist zu befürchten, dass die Unterstützung der U25 deutlich reduziert wird, wenn der BA die Mittel ausgehen.
Aus Sicht der Jugendsozialarbeit müssen ohnehin die Bedarfe der betroffenen jungen Menschen nach einer ortsnahen und umfassenden Begleitung bei einer Entscheidung im Mittelpunkt stehen und nicht die Sparpolitik der Bundesregierung. Das hat der Kooperationsverbund in einer Pressmeldung deutlich gemacht. Es muss abgewogen werden, in welcher Konstellation die Begleitung der betroffenen jungen Menschen bestmöglich gewährleistet wird. Bestehende funktionierende Strukturen wie die Jugendberufsagenturen (JBA), die aktuell für die Koordination der Leistungen aus SGB II (Bürgergeld), SGB III (Berufliche Integration) und SGB VIII (Jugendhilfe/Kindergeld) eine zentrale Rolle spielen, müssen in der Debatte bewertet werden.
Quellen: Bundesfinanzministerium, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit, BAG KJS