Junge Menschen in Deutschland sind einer neuen Analyse zufolge so pessimistisch wie noch nie. Sorgen um die Sicherung des Wohlstands führten zu hoher politischer Unsicherheit und damit zu einem deutlichen Rechtsruck, heißt es in der Studie „Jugend in Deutschland 2024“. Vorgelegt wurde sie von den Jugendforschern Klaus Hurrelmann, Kilian Hampel und Simon Schnetzer. Die Studie dokumentiert eine tiefsitzende mentale Verunsicherung junger Menschen mit Verlust des Vertrauens in die Beeinflussbarkeit der persönlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen. In der repräsentativen Umfrage wurden den Angaben zufolge im Januar und Februar bundesweit rund 2.000 junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren befragt.
Bröckelnder Optimismus und wirtschaftliche Sorgen führen zu Rechtsruck bei Jugendlichen
Der Eindruck, dass rechte Parteien nur von älteren Menschen gewählt würden, sei offensichtlich falsch; sie würden auch von jungen Leuten gewählt, sagte Hurrelmann bei der Vorstellung der Studie. Autoritäre und rechtspopulistische Positionen wie die der AfD hätten bei jungen Leuten Resonanz. Die Parolen würden aufgenommen.
22 % der befragten jungen Menschen würden die AfD wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre (2022: 9 %). 20 % würden sich für die CDU entscheiden (2022: 16 %). Alle weiteren Parteien verlieren bei der jungen Generation Stimmen: Die Grünen liegen in der Gunst der jungen Wähler zur Zeit bei 18 % (2022: 27 %), die SPD bei 12 % (2022: 14 %), die FDP bei acht % (2022: 19 %). Ein Viertel bezeichnete sich als unentschlossen.
Inflation und drohende Armut sind Sorgentreiber
Angst vor Armut oder wirtschaftlichem Abstieg beschäftigen junge Menschen schon seit einigten Jahren. Die Sorge vor hoher Inflation steht im Katalog der Dinge, die Jugendlichen zu schaffen machen, an oberster Stelle. 68 % der Jugendlichen sorgen sich um steigende Inflation (2022: 46 %). 60 % gaben an, Angst vor einem Krieg zu haben (2022: 68 %). Deutlich stieg auch die Angst vor einer Zunahme vor Zuwanderung Geflüchteter an. Sie lag in diesem Jahr bei 41 Prozent, im Jahr 2022 fürchteten sich davor nur 22 %. Die Sorge um den Klimawandel ist dagegen zurückgegangen; er beschäftigt noch 49 % der Befragten, 2022 waren es noch 55 %. Junge Menschen, die bereit sind, für Nachhaltigkeit auch Verzicht zu üben, sind in der Unterzahl. Der Klimawandel sei durch andere Sorgen in den Hintergrund getreten, erläuterte Studienleiter Schnetzer.
Jugendliche fühlen sich zunehmend mentalem Stress ausgesetzt, erschöpft und hilflos
Im Vergleich zu früheren Studien scheine die Stimmung der jungen Generation zu kippen, hieß es bei ihrer Vorstellung. Das zeige sich in einem hohen Ausmaß von psychischen Belastungen wie Stress und Erschöpfung. Diese seien in den zurückliegenden drei Jahren trotz des Abflauens der Corona-Pandemie weiter angestiegen.
Laut Studie stehen 51 % der Jugendlichen unter mentalem Stress (2022: 45 %), 36 % fühlen sich erschöpft (2022: 32 %) und 17 % hilflos (2022: 13 %). Dies könne auch mit der Dauerpräsenz vom Smartphone und anderen digitalen Medien zu tun haben, hieß es weiter. 53 % der Befragten gaben an, das Smartphone öfter zu benutzen, als ihnen lieb sei. Ein Drittel bezeichne sich als süchtig.
Grundsätzlich sei diese Generation zwar bereit, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen – glaube aber gleichzeitig, dass sie keinen großen Einfluss darauf habe, zieht Hurrelmann Bilanz. Zudem herrsche der Eindruck vor, dass man das Leben ohnehin nicht langfristig planen könne, weil es unberechenbar sei. Das Forscherteam appellierte die Widerstandsfähigkeit der jungen Menschen zu stärken. Trotz aller Probleme gelte es, sich „eine Offenheit für eine Zukunftsperspektive zu bewahren“.
Quelle: KNA; epd; Bayerischer Rundfunk; Die Zeit