Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) unterstützt das Vorhaben der Europäischen Kommission, eine umfassende Anti-Armuts-Strategie zu entwickeln. Unsere langjährige Beobachtung durch den Monitor Jugendarmut zeigt, dass Jugendarmut in Deutschland ein anhaltendes und vielschichtiges Problem ist, das nicht nur das Einkommen betrifft, sondern auch die Bereiche Bildung, Gesundheit, Wohnen und soziale Teilhabe. Mit einer Stellungnahme beteiligte sich die BAG KJS an einer europäischen Konsultation.
Der aktuelle Monitor belegt, dass von Benachteiligung betroffene junge Menschen mit strukturellen Barrieren konfrontiert sind, die ihre Persönlichkeitsentwicklung hemmen, Chancen einschränken und Ausgrenzung verfestigen.
In unserer Stellungnahme im Konsultationsprozess betonen wir: Jugendarmut ist keine vorübergehende Lebensphase. Jugendarmut kann langfristige, oft irreversible Folgen haben. Unser Politikbrief 2023 „Jugendarmut macht krank – Wer gesund leben will, braucht Perspektiven!“ verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen Armut und gesundheitlicher Ungleichheit. Schlechte Lebensbedingungen, unsicherer Wohnraum, fehlender Zugang zu guter Bildung und Ausbildung sowie Diskriminierungserfahrungen beeinträchtigen sowohl das körperliche als auch das seelische Wohlbefinden. Prävention von Jugendarmut ist daher eine zentrale Voraussetzung für Chancengerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und sozialen Zusammenhalt.
Aus unserer Sicht sollte die EU-Strategie gegen Armut:
- Jugend als eigene Zielgruppe mit spezifischen Bedürfnissen in der Armutsbekämpfung anerkennen. Jugendarmut bleibt in allgemeinen Statistiken oft unsichtbar, hat aber eigene Ursachen und Wirkungen.
- Gleichen Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt für von sozialer Benachteiligung betroffene junge Menschen sichern – mit gezielten Maßnahmen u. a. für junge Migrant*innen, Geflüchtete und Care-Leaver.
- Gesundheitsförderung integrieren, um den Zugang zu erschwinglicher Gesundheitsversorgung, psychischer Unterstützung und gesunden Lebensbedingungen sicherzustellen.
- Wohnsicherheit gewährleisten, etwa durch den Ausbau von bezahlbarem, jugendgerechtem Wohnraum und die Verhinderung von Wohnungslosigkeit.
- Soziale Teilhabe stärken, etwa durch Förderung der Jugend(sozial)arbeit, non-formaler Bildung und demokratischer Beteiligung, insbesondere für sozial ausgeschlossene Personen.
- EU-Förderprogramme inklusiv gestalten – insbesondere Erasmus+ und den Europäischen Sozialfonds (ESF) – durch den Abbau bürokratischer Hürden und passgenaue Formate für benachteiligte Jugendliche.
Wir fordern eine enge Koordinierung zwischen EU-Ebene, nationaler und regionaler Ebene mit verbindlichen Zielvorgaben zur Reduzierung von Jugendarmut. Die Datenerhebung muss verbessert werden, um das mehrdimensionale Bild von Jugendarmut zu erfassen und die Wirksamkeit von Maßnahmen zu prüfen. Die Perspektiven junger Menschen selbst müssen im Zentrum der Entwicklung und Bewertung von Politiken stehen.
Jugendarmut ist nicht unveränderlich. Mit kohärenten, ausreichend finanzierten und inklusiven Strategien kann Europa sicherstellen, dass alle jungen Menschen – unabhängig von ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Herkunft – reale Chancen auf ein gesundes, selbstbestimmtes Leben haben und zu einem demokratischen, sozial gerechten Europa beitragen können.
Text: Alexander Hauser/Michael Scholl



