Der Sozialbericht 2024 liefert einen umfassenden Einblick in die soziale und wirtschaftliche Lage in Deutschland. Die Kernaussage ist deutlich: Soziale Ungleichheit und das Armutsrisiko bleiben weiterhin drängende Themen.
Rund 15 Prozent der Haushalte befinden sich unter der Armutsgrenze, mit einem besonders hohen Anteil in strukturschwachen Regionen, vor allem in Ostdeutschland. Auch die Vermögensunterschiede sind markant und haben sich in Zeiten von Pandemie und Inflation weiter verstärkt. Vor allem für die unteren Einkommensgruppen ist die wirtschaftliche Unsicherheit deutlich spürbar – eine Herausforderung, die nicht nur das Vertrauen in die finanzielle Stabilität, sondern auch das soziale Zusammengehörigkeitsgefühl beeinflusst.
Der Sozialbericht 2024 wird vom Statistischen Bundesamt (Destatis), dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) herausgegeben. Er erscheint alle zwei bis drei Jahre als Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Die gedruckte Ausgabe ist im Onlineshop der bpb für 4,50 Euro erhältlich, während die digitale Version kostenfrei zur Verfügung steht.
Wachsende soziale Kluft und finanzielle Unsicherheit
Kinder und Jugendliche stehen besonders im Fokus des Berichts. Ihre Bildungschancen sind nach wie vor eng an die soziale Herkunft gebunden, was langfristige Auswirkungen auf ihre Lebensperspektiven hat. Auch die Integration geflüchteter junger Menschen, darunter vieler ukrainischer Jugendlicher, stellt das Bildungssystem vor neue Aufgaben. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, Chancengerechtigkeit in der Bildung zu fördern, um die soziale Kluft zu verringern.
Fachkräftemangel und Demokratie-Distanz im Fokus
Der Bericht verdeutlicht zudem, dass der Fachkräftemangel in Deutschland immer spürbarer wird. Zuwanderung könnte hier Abhilfe schaffen, doch vielen Zugewanderten fehlen die formalen Abschlüsse, die für eine nahtlose Integration in den Arbeitsmarkt nötig wären. Laut Mikrozensus 2020 hatten rund 12,36 Millionen Menschen in Deutschland keinen beruflichen Abschluss, knapp die Hälfte davon mit Migrationsgeschichte.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die zunehmende Demokratie-Distanz, besonders unter jungen Erwachsenen mit geringem Einkommen. Fast die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen, die monatlich weniger als 1.500 Euro verdienen, ist unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie und fühlt sich von politischen Entscheidungen wenig vertreten. Der Bericht sieht in dieser Distanz eine potenzielle Gefahr für die gesellschaftliche Partizipation und das Vertrauen in politische Institutionen.
Auch Wohnungslosigkeit bleibt ein Thema von hoher Dringlichkeit. Im Jahr 2023 waren laut Bericht rund 372.000 Menschen ohne festen Wohnsitz, darunter viele Minderjährige und junge Erwachsene. Knapp 28 Prozent der untergebrachten Wohnungslosen waren unter 18 Jahre alt – eine Zahl, die den Bedarf an spezifischen Hilfsangeboten für junge Betroffene deutlich macht.
Insgesamt macht der Sozialbericht 2024 deutlich, dass Deutschland vor gesellschaftlichen Herausforderungen steht, die gezielte Maßnahmen und politische Verantwortung erfordern. Es sind insbesondere Investitionen in Bildung, Integration und Chancengleichheit, die die sozialen Spannungen mindern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken können.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung; WZB; epd