Das Sanktionssystem beim Arbeitslosengeld II (ALG II) sollte überarbeitet werden. Auf diesen Minimalkonsens lassen sich die Expertenäußerungen einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag reduzieren. Davon ausgehend, bewegten sich die Vorschläge jedoch von einer stärkeren Flexibilisierung des Systems bis hin zu seiner kompletten Abschaffung. Gegenstand der Anhörung waren zwei Anträge der Fraktionen Die Linke und von Bündnis 90/Die Grünen. Beide Fraktionen fordern, Sanktionen im ALG-II-System und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abzuschaffen und die Beratung der ALG-II-Beziehenden zu verbessern.
Es nahmen Sachverständige von folgenden Einrichtungen und Verbänden teil:
- Deutscher Gewerkschaftsbund
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
- Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
- Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.
- Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
- Deutscher Landkreistag
- Deutscher Caritasverband
- Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
- Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V.
- Kölner Arbeitslosenzentrum e.V.
Positive Bewertung des Sanktionssystems
Grundsätzlich positiv bewerteten die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), der Zentralverband des Deutschen Handwerks, der Deutsche Landkreistag und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft das Sanktionssystem. Eine vollkommene Abschaffung sei „schwierig“, wenn man ein System aufrechterhalten wolle, das auf Pflichtverletzungen reagieren will, sagte Joachim Wolff vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Er verwies zugleich darauf, dass ein vereinfachtes Sanktionsrecht auch dadurch erreicht werden könne, dass man die verschärften Sonderregeln für unter 25-Jährige abschafft.
Deutliche Kritik an den Sanktionen
Deutliche Kritik an den Sanktionen kam dagegen unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und vom Deutschen Caritasverband. Eine bessere Beratungspraxis würde das Sanktionssystem sogar überflüssig machen, prognostizierte deren Vertreterin Birgit Fix. Derzeit würden die Eingliederungsvereinbarungen häufig mit standardisiertem Muster verschickt. Wichtig sei aber, dass diese wirklich „gemeinsam vereinbart“ werde. Doch dafür reichten die Kapazitäten der Jobcenter derzeit nicht aus, so Fix. Rahel Schwarz betonte für den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, dass gesonderte Regeln für unter 25-Jährige gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen und nicht zu deren besseren Integration in den Arbeitsmarkt beitragen. Das Gegenteil sei der Fall, viele Jugendliche würden dadurch den Kontakt zum Jobcenter komplett verweigern. Für den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband bezeichnete Tina Hofmann die Sanktionen als „unverhältnismäßiges Regelwerk“. Es gebe bessere Alternativen, um eine Kooperation zu erreichen, betonte sie ebenso wie Expertin Birgit Fix.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages